yoonmin | 25

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I curse the blue skies
Sometimes I wanna lay it all down
I WANT TO SAY GOOD BYE
When I stop wandering at the end of this road
I hope I can close my eyes without regrets

Ich möchte eben nicht mehr das sein, was dieser Text sagt. Ich möchte nicht mehr Tschüss sagen müssen, sondern Hallo! Möchte in die Welt herausschreien, das ich glücklich bin.
Aber kann ich das denn tatsächlich sein? Warum sollte man mir das gönnen? Ich habe nichts besonderes getan. Das wiederum ist auch ein Grund, warum ich eigentlich glücklich sein könnte.
Gefühle sind mir zu kompliziert. Das ist alles zu viel, aber andererseits sollte ich es wenigstens mal auf mich wirken lassen...
~ d-boy
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YOONGI
Vorsichtig schaute ich aus meinem kleinen Fenster auf die Straße vor dem heruntergekommenen Mehrfamilienhaus, das ich mein Zuhause schimpfte - an guten Tagen. Doch das würde jetzt vorbei sein. Ab jetzt würde ich im hellen, freundlichen Haus der Jungs wohnen. Womit auch immer ich das verdient hatte. Ich sah auf meinen kleinen Koffer. Viel hatte ich nicht, was es sich lohnte, mit zu nehmen. Nur ein paar Klamotten, die zu hundert Prozent schwarz waren, meine ganzen CDs, die ich über Jahre gesammelt hatte, Bleistifte, Blöcke und am wichtigsten: meine schalldichten Kopfhörer - das letzte Geschenk, das ich je von meinem Vater bekommen hatte. Der Gedanke an meinen Vater betrübte mich. Manchmal - ziemlich oft, um ehrlich zu sein - wünschte ich mir, bei ihm zu sein. Es schien dort alles so einfach zu sein. Ich schaute noch mal aus dem Fenster, um mich zu versichern, dass die Jungs noch nicht da waren und ließ dann meinen Blick über mein Zimmer schweifen. Ein Zimmer. Die Wände in einem tristen Weiß, an einigen Stellen mit Löchern in der Tapete, weil da mal ein Poster hing. Ein Schreibtisch, der viel zu klein war, mit einem Stuhl, der durchgesessener war, als erlaubt sein dürfte. Das zerwühlte und vollkommen umgemachte Bett. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wann ich es das letzte Mal gemacht hatte. Und mehr war da nicht. Meine Kleidung hatte immer in einem Wäschekorb gelegen. Alles, was sich jetzt noch in diesem Zimmer und nicht in meinem Koffer befand, konnte mir egal sein. Sollte meine Mutter damit machen, was sie wollte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie alles verkaufen würde, um so an Geld für ihren besten Freund zukommen. Alkohol.
Wieder schaute ich aus dem Fenster. Jetzt kam gerade eine Frau mittleren Alters auf den Eingangsbereich des Hauses in dem die ganzen Briefkästen und Klingeln waren zu. Schneller, als ich es mir zugemutet hätte schnappte ich das Köfferchen und stürmte aus der Wohnung meiner Mutter. Ich hatte ihr eine kurze Notiz hinterlassen, die besagte, das ich nicht mehr wiederkommen würde und es mir egal war, was aus ihr wurde. Hart, aber die volle Wahrheit.
Atemlos kam ich im Foyer an; gerade noch rechtzeitig.
„Nicht klingen!", fuhr ich Mrs Jung an. Sie drehte sich zu mir und schaute mich aus großen Augen an, schien mich dann aber zu erkennen.
„Yoongi-ah, schön dich zu sehen. Ich hatte ganz vergessen, wie es hier aussieht...", begrüßte sie mich und sah sich melancholisch um. Hoseoks Mutter war die beste Freundin meiner Mutter gewesen - davor. Doch nachdem Vater keinen Bock mehr hatte und Mutter keinen Weg außer den Alk sah, zog sich die Familie Jung soweit zurück, dass nur noch Hobi und ich tatsächlich Kontakt hatten.
„Ich glaube nicht, dass das ein sehr angenehmer Anblick ist", gab ich sarkastisch dazu und Frau Jung nickte abwesend.
„Komm, wir bringen dich zu uns", sagte sie nachdem sie sich vom Anblick des Klingelschilds meiner Mutter abgewandt hatte.

Eine halbe Stunde später stand ich in einem lichtdurchfluteten Haus, mit riesigen Fenstern und sauber gewischten Fließen. Und alles weiß oder beige. Erstaunt sah ich mich um. Seit ich das letzte Mal hier gewesen war, waren ein paar Jahre vergangen. Hoseok und ich hatten sowieso mehr Zeit draußen im Garten verbracht. Ein wenig verloren drehte ich mich um meine eigene Achse. Alles hier war groß, freundlich und präsent. Ich wusste nicht, wie genau ich damit zu Recht kommen sollte. Herr und Frau Jung waren die Herzlichkeit in Person und machten mir meinen Aufenthalt so angenehm wie möglich, aber wenn ich ehrlich sein sollte, wurde ich mir jetzt schon zu sehr bemuttert - und ich stand immer noch im Flur.
,,Yoongi, komm, ich zeige dir dein Zimmer", tönte da Mr Jungs Stimme. Er stand im Türrahmen zur Küche und beobachtete mich aufmerksam. Ich nickte langsam und nahm meinen Koffer am Griff, der aber sofort zerriss. Ich würde einen Neuen brauchen, schließlich wollte ich, trotz der ganzen Gastfreundschaft, die sowieso nur der alten Verbindung zwischen Mrs Jung und meiner Mutter beziehungsweise der Liebe zu Hoseok geschuldet war und nicht mir an sich, nicht lange hier bleiben. Die Schule beenden und dann so schnell wie möglich wirklich auf eigenen Beinen stehen. Außerdem musste ich in zwei Tagen nach Busan; Hoseok hatte mir ein Zugticket geschickt und geschrieben, dass, wenn ich meinen flachen Arsch nicht nach Busan bewegen würde, er mich eigenhändig durch mein Handydisplay hindurch zu ihm ziehen würde und da das eine eher unangenehme, wenn auch völlig surreale, Vorstellung war, hatte ich also beschlossen, nach Busan zu reisen. Man könnte auch sagen, ich war vollends übergeschnappt. Wer reiste denn bitte in meiner Verfassung? Aber ich wollte Hoseok wiedersehen. Und Jimin. Dieser Junge, mit den angeblich rosa Haaren, der der Meinung war, mir helfen zu können. Anfangs hatte ich ihn für verrückt abgestempelt. Niemand konnte mir mehr helfen. Doch mittlerweile war ich ihm sehr dankbar, denn er hatte in mir eine Neugier auf mein eigentliches Ich geweckt, die ich mir nicht erklären konnte. Ich wollte ihm das wenigstens einmal ins Gesicht sagen, bevor er sich vor Schreck und Ekel wegdrehen und wegrennen würde.
Ich bückte mich und sammelte meinen Koffer wieder auf, den ich also jetzt in beiden Armen tragen musste, damit er mir nicht herunterfiel. Ich seufzte leise. Was für ein Start in diesen neuen Abschnitt meines Lebens. Aber wer hatte erwartet, das er besser werden würde, als das davor?

different worlds | yoonmin ; vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt