Kapitel 7

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„Bleibst du wirklich das ganze Wochenende hier?" Mit großen Augen blickte Lily zu Harry auf, während sie sichtlich gegen die Müdigkeit kämpfte.

„Natürlich bleib ich hier", lächelte Harry und strich Lily zärtlich durch die Haare, ehe er die Bettdecke neben ihren Schultern fest steckte.

„Versprochen?"

„Versprochen", bestätigte Harry leise, ohne zu zeigen, wie sehr ihn Lilys zweifelnder Blick traf. Sie hatte allen Grund dazu, schließlich hatte sie ihren Vater in den letzten Wochen kaum zu Gesicht bekommen. Er hatte zahlreiche Nächte im Büro verbracht und an den Abenden, an denen er zu Hause gewesen war, war er so spät heimgekehrt, dass Lily bereits geschlafen hatte.

„Schlaf jetzt."

Lily blinzelte noch mehrmals müde und verzog ihren Mund, als wolle sie noch etwas sagen. Bevor sie aber so weit kam, war sie bereits eingeschlafen und atmete tief ein und aus. Minuten vergingen, in denen Harry regungslos auf der Bettkante saß und seine schlafende Tochter betrachtete. Sie sah genauso aus, wie Ginny in dem Alter ausgesehen hatte, und manchmal fragte Harry sich, ob das der Grund war, weswegen er das Gefühl hatte, nicht auf die gleiche Weise mit ihr verbunden zu sein, wie er es mit James und Al war. Mit einem verärgerten Kopfschütteln vertrieb Harry diesen Gedanken und tief durch, dann erhob er sich und verließ das Zimmer so leise wie möglich.

„Schläft sie?"

Harry nickte und ließ sich mit einem leisen Ächzen Hermine gegenüber an den Küchentisch fallen. Dankbar nahm er die Tasse dampfenden Tees entgegen, die sie ihm hin schob. „Danke."

Sie nickte und nippte an ihrem eigenen Tee, während sie Harry wortlos musterte. „Du siehst gut aus", stellte sie schließlich fest und lächelte Harry zurückhaltend an. „Irgendwie ausgeruht und-", sie zögerte, „- ruhiger."

Harry neigte den Kopf und pustete vorsichtig in seinen Tee, um eine Antwort hinauszuzögern. Schließlich nickte er einfach und bestätigte: „Ich fühl mich auch besser." Beinahe die ganze Woche lang hatte er sich so gut gefühlt, wie schon lange nicht mehr. Nachdem Malfoy ihm am vergangenen Freitag so unüberlegt aus seinem Büro entführt hatte, und Harry am späten Samstagnachmittag bei ihm in der Wohnung erwacht war, hatte Harry das gesamte Wochenende bei Malfoy verbracht. Er hatte sich mit Händen und Füßen gegen seine Fürsorge gewehrt. Er hatte sie weder verstanden noch gewollt. Als ihm aber klar geworden war, dass Mafoy nicht aufgeben und ihn einfach gehen lassen würde, hatte Harry sich gefügt. Er hatte im Bett gelegen, gelesen und so viel gegessen, bis er gedacht hatte, er würde platzen. Dabei hatten er und Malfoy kaum ein Wort miteinander gewechselt. Zwar hatte Malfoy irgendwann den Zauber gelöst, der Harry nicht aus dem Bett gelassen hatte, seinen Zauberstab hatte er ihm allerdings nicht zurückgegeben.

„Was ist passiert?", holte Hermine ihn zurück in die Gegenwart. „Läuft es wieder besser zwischen dir und Ginny?"

Ein kurzes trockenes Lachen entwich Harry, ehe er sich zusammenreißen konnte und den Kopf schüttelte. „Nein. Es ist nur-" Er zuckte hilflos mit den Schultern und fragte sich, was Hermine sagen würde, wüsste sie, was am vergangenen Wochenende passiert war. Wahrscheinlich würde sie die Stirn in Falten legen, so wie sie es immer tat, wenn ihr etwas missfiel. Dann würde sie Harry so lange mit ihrem stechendem Blick mustern, bis er schließlich den Kopf zwischen die Schultern ziehen und mit schuldbewusster Miene zuhören würden, wie Hermine ihn zurechtwies.

„Ich hab letztes Wochenende nicht viel gemacht außer zu schlafen", erklärte er schließlich und zuckte erneut mit den Schultern, ehe er den Blick auf den Tee in seinen Händen senkte. Als der Sonntag sich schließlich dem Ende genähert hatte, hatte Malfoy ihm wortlos seinen Zauberstab in die Hand gedrückt und ihn für unendlich lange Momente regungslos gemustert, ehe er eine kaum merkliche Kopfbewegung in Richtung Kamin gemacht hatte. Harry hatte kein Wort des Dankes herausbekommen – wofür hatte er sich auch bedanken sollen? Dafür, dass Malfoy ihn ohne seine Zustimmung in seiner Wohnung festgehalten hatte? – und hatte nur kurz genickt, ehe er Malfoy wortlos verlassen hatte. Je mehr Zeit jedoch vergangen war, desto öfter hatte Harry sich gefragt, ob er nicht doch etwas hatte sagen sollen. Hatte Malfoy nicht Recht gehabt? Hatte Hermine nicht gerade bestätigt, dass er ausgeruhter und gesünder wirkte? Malfoy hatte ihm etwas Gutes getan. Aber gegen seinen Willen. Was war die angemessene Reaktion auf so ein Verhalten?

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