Kapitel 29

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„Ist das wirklich dein Ernst, Draco?"

„Was meinst du?" Ohne aufzusehen rührte Draco gleichmäßig die dampfende Flüssigkeit, ehe er abwesend nach einer Feder griff, um seinen Aufzeichnungen weitere Notizen hinzuzufügen.

„Diese Sache mit Potter. Potter! Dein Vater-"

„Ah!", unterbrach Draco Severus, bevor er den Kessel umsichtig vom Feuer nahm. „Immer schön daran denken: Nicht meinen Vater erwähnen." Er hörte seinen ehemaligen Lehrer abfällig schnauben, sagte aber nichts dazu. Der Mann war seit zwanzig Jahren tot, und Draco wusste nicht, ob Gemälde noch in der Lage waren, Dinge zu lernen, die ihre lebende Persönlichkeit nicht gekonnt oder gewusst hatte.

„Und was ist mit deiner Mutter? Sie-"

„-kann froh sein, wenn sie weiß, welcher Tag gerade ist. Wäre sie noch bei Sinnen, würde sie sich wahrscheinlich wünschen, dass ich glücklich bin. Auf ihre eigene Art." Zumindest hoffte er das. Die wenigen Briefe, die er mit ihr austauschte, waren kurz und oberflächlich und handelten meistens von Scorpius. Etwas anderes schien sie nicht zu interessieren und Draco hatte nicht das Bedürfnis, ihr mehr aus seinem Leben zu erzählen. Früher einmal hatte er seine Mutter innig geliebt und hätte alles getan, um sie glücklich zu sehen. Nach Ende des Krieges war ihm das aber immer schwerer gefallen und der Kontakt zwischen ihnen war immer weniger geworden. Manchmal fragte er sich, ob er sich nicht mehr Mühe geben sollte, aber jeder Versuch von seiner Seite, ihr Verhältnis wieder zu verbessern, war von seiner Mutter abgeschmettert worden.

„Du solltest deiner Mutter gegenüber mehr Respekt zeigen."

„Und du solltest deine Nase nicht in Dinge stecken, die dich nichts angehen."

Darauf folgte eine schwere, beleidigte Stille, die Draco die Zeit gab, alles aufzuschreiben, was er in den vergangenen Stunden ausprobiert und entdeckt hatte. Als Severus jedoch auch nach mehreren Minuten noch immer nichts gesagt hatte, hielt Draco in seinem Tun inne und drehte sich irritiert zu ihm herum. Zu seiner Überraschung hatte Severus sich in seinem Bild so weit es nur ging nach vorne gelehnt, so dass es wirkte, als versuche er, aus seinem Porträt hinaus zu klettern. Dabei schielte er an seiner Nase entlang in den Kessel, der an Dracos Seite stand.

„Möchtest du etwas wissen?" Amüsiert zog Draco eine Augenbraue hoch und verschränkte Arme vor der Brust.

„Was tust du da?"

„Brauen. Lässt dein Sehvermögen etwa nach?"

„Sehr witzig, kleiner Malfoy, das sehe ich", winkte Severus unwirsch ab. „Aber was?"

Einen Moment lang zögerte Draco, dann zuckte er mit den Schultern. Wieso nicht? Er hatte schließlich keine große Auswahl an Menschen, mit denen er seine Arbeit diskutieren konnte, da durfte er nicht wählerisch sein. „Ich möchte Zaubertränkte für Muggel-Kinderkrankheiten entwickeln. Das hier ist mein erster Versuch und soll Windpocken heilen."

„Aber wieso?" Severus sah ihn so verständnislos an, dass Draco ein unfreiwilliges Lachen entkam.

„Weil wir unzählige Heiltränke gegen Zaubererkrankheiten haben. Zum Beispiel gegen Fieber, Halsschmerzen oder Drachenpocken. Aber kaum etwas gegen Muggel-Krankheiten. Aber ein großer Teil unserer Schüler stammt aus Muggel-Familien, und ihre Krankheiten können wir nicht behandeln. Dann bleibt ihnen nichts anderes übrig, als eine lange Genesungszeit in Kauf zu nehmen oder die Schule zu verlassen und sich zu Hause behandeln zu lassen."

„Hm. Sehr vorbildlich." Mit verschränkten Armen richtete Severus sich wieder auf und lehnte sich gegen das Regal im Hintergrund. „Tust du das aus reiner Herzensgüte? Hat Potter dich schon so weit mit seiner heldenhaften Gryffindor-Persönlichkeit angesteckt?

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