Kapitel 7

460 18 3
                                    

Langsam schlenderte ich über die langen Flure zum Haupteingang. Es war herrlich draußen, außerhalb der Mauern ohne die ganzen Maschinen um mich. Die Vögel zwitscherten und die Sonne streichelte mein Gesicht. „Hach", seufzte ich „schön." Mir kam es vor, als wäre ich Monate in dem Zimmer eingesperrt gewesen, dabei waren es nur ein paar Tage. Ich mochte einfach keine Krankenhäuser. Generell versuchte ich mich vor jedem Arztbesuch stets zu drücken. Ich lief den gepflasterten Weg entlang in Richtung Parkplatz und dann sah ich auch schon meine Eltern, die am Auto auf mich warteten. „Steige ein mein Kind", sagte mein Vater und hielt mir die rechte Hintertür des großen, roten Audis auf. „Danke", sagte ich und stieg ein. Meine Mutter nahm auf dem Beifahrersitz platz und mein Vater verstaute noch schnell die Tasche im Kofferraum. Dann stieg auch er ein und startete sein Auto. Mühelos lenkte er den Audi A 6 Avant aus der engen Parklücke und ließ ihn auf die Straßen von Bünde rollen. Zum Glück war Bünde nicht sehr groß. Es war eher eine kleine, ruhige Stadt mit knapp 40.000 Einwohnern und ein paar Vorstadtteilen, zu dem auch mein geliebtes Kirchlengern gehörte. Quer durch die Stadt floss ein kleiner Bach, der im Sommer zum Joggen, Picknicken oder Spazieren einlud. Neben dem Krankenhaus, das mitten im Herzen von Bünde lag, stand unsere Stadthalle, in der oft Konzerte, Ausstellungen oder Messen stattfanden. Ein Park hatten wir natürlich auch, mit einem herrlichen See in der Mitte. Hier traf ich mich oft mit Kollegen oder Freunden zum Sonnen und Grillen. Ich liebte diesen Ort einfach. Diese Kleinstadtidylle hatte natürlich ihre Vorteile, das man fast alle Einwohner über ein paar Ecken kannte, das man schnell überall war und das man nie groß den Ort verlassen musste, weil alles da war. Von einer Innenstadt, die mit ihrem Scharm zum Bummeln einlud über ein kleines Kino mit zwei Sälen, bis hin zum Schwimmbad war alles vor Ort. Nachteil war eher die fehlenden Aktivitäten für junge Leute. Nachtleben suchte man hier vergeblich und auch Bars und Trendlokale kannte man hier nicht. Das einzige Lokal was einigermaßen cool war und das länger auf hatte wie 22 Uhr war das Stadtkind, eine kleine, moderne Location im Herzen von Bünde. Hier traf ich mich regelmäßig mit all meinen Freuden und auch wenn meine Eltern mich besuchten gingen wir dort gerne mal essen. Ja, ihr habt mich ertappt, so sehr ich mein kleines Bünde auch liebte, ich floh zum Feiern und Shoppen regelmäßig in die Großstädte. Dort gab es einfach mehr Läden und mehr Auswahl.

„Da sind wir!", rief mein Vater plötzlich, als er vor einem weißen Backsteinhaus sein Auto zum Stehen brachte. „Endlich wieder Zuhause", freute ich mich und stieg aus. Mein Vater stellte das Auto aus und stieg mit meiner Mutter zusammen ebenfalls aus. „Vergesse deine Tasche nicht", sagte er und lief zum Kofferraum. „Ach ja", fiel mir ein, „danke Papa." „Dafür nicht", lachte er, gab mir die Sporttasche und nahm mich liebevoll in seine Arme. Ich drückte mich an ihn und überlegte, wann ich meine Eltern das nächste Mal besuchen könnte. Aus der Welt waren sie ja nicht. Knappe zwei Stunden brauchten sie zu mir und ich zu ihnen. Gedanken versunken ließ ich meinen Vater los und umarmte meine Mutter zum Abschied. „Wir vermissen dich nun schon Schatz", murmelte sie. „Ich euch auch, aber ich besuche euch in meinem nächsten Urlaub", versprach ich. „Wir freuen uns", lachte sie und ließ mich los, „Pfingsten ist ja bald!" „Das stimmt, da komme ich auf jeden Fall zu euch", versprach ich schnell und lächelte meinen Eltern zu. „Du kommst wirklich allein zurecht? Papa und ich können unseren Urlaub noch verlängern und auch im Hotel reicht ein Anruf und können länger im Zimmer bleiben", fragte meine Mutter besorgt. „Alles gut", antwortete ich, „ich ruhe mich die nächsten Tage aus und sollte was sein melde ich mich bei euch." „Na gut", gab sie sich geschlagen. Dann stiegen sie zurück ins Auto und meine Mutter ließ das Fenster runter. „Ruhe dich gut aus mein Kind", rief sie besorgt, als das Auto langsam los rollte. „Mache ich!",rief ich und winkte ihnen hinterher. Als das Auto schließlich aus meinem Blickfeld verschwand hängte ich die Tasche lässig um die Schultern, um mich auf den Weg in meine Wohnung zu machen.

Eine magische Begegnung - Gebrochenes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt