Der Unterschrank aus dunkelbraunen Holz auf dem meine ovalen, schneeweißen Aufsatzwaschbecken standen, war das einzige Möbelstück, welches ich von den Vormietern übernommen habe. Sein Anfang begann unter dem Dachfenster. Von dort aus schlängelte er sich unter der Schräge lang, machte einen Rechtsknick und lief schließlich an der kompletten Wand entlang. In ihm war viel Platz für unzählige Handtücher, Hygieneartikel und all das, was man in einem gut ausgestatteten Bad ebenso brauchte. Unter der Schräge bot er auch noch genug Platz für ein paar Teelichter und etwas Nordsee-Dekorationen. An der geraden Wand standen auf ihm meine zwei Waschbecken. Über ihnen hing ein großer, durchgehender Spiegel, mit integrierter Beleuchtung. Im Großen und Ganzen war mein Bad wunderbar modern und maritim eingerichtet und ich liebte es. Am Waschbecken angekommen trocknete ich mich ab, rubbelte mir meine Haare trocken, ließ das Handtuch anschließend zu Boden fallen und kämmte sorgfältig meine Haare. Ich betrachte mich nebenbei im Spiegel und sah meine unzähligen blauen Flecken, die Blutergüsse und die kleinen Narben von den Schläuchen. „Hmm", seufzte ich, legte den Kamm weg und drehte mich zur kleinen Trennwand um, auf der meine frischen Sachen lagen. Nachdenklich zog ich mich an, sammelte die Dreckwäsche vom Boden auf und lief aus dem Badezimmer hinaus. Zielstrebig steuerte ich in mein Schlafzimmer und legte den Haufen auf mein Bett. Dann räumte ich in aller Ruhe meine Tasche aus dem Krankenhaus aus und sah zu, wie der kleine Hügel Wäsche schnell zu einem Berg heranwuchs. Als ich fertig war verstaute ich meine Tasche im Schrank, griff nach dem Berg Wäsche und lief mit ihm zur Abstellkammer, in der meine Waschmaschine wohnte. Ich trennte alles brav und stopfte die erste Ladung hinein. Zufrieden machte ich sie an und lief zurück ins Schlafzimmer. Dort angekommen nahm ich mir meinen Laptop vom Nachttisch und ließ meinen Blick aus dem Fenster schweifen. Die Sonne lachte herrlich vom blauen Himmel herab und keine Wolke war zu sehen. Ich verließ mein Schlafzimmer, schlenderte über den kleinen Flur, hüpfte an meiner Küche vorbei und steuerte zielsicher auf die große Fensterfront in meinem Wohnzimmer zu. Bei dem schönen Wetter könnte ich den angefangenen Tag schön auf meinem Balkon beenden.
Als ich auf dem Balkon angekommen war setzte ich mich auf einen der vier Gartenstühle aus hellem Holz und stellte den Laptop vor mir auf den dazugehörigen Tisch ab. Ich fuhr ihn hoch und fing wieder an nach den Ehrlich Brothers zu googeln. Irgendwie war ich fasziniert von ihnen. Egal was ich auch versuchte, meine Gedanken schweiften immer wieder zu ihnen ab. Ihre Show spielte sich immer noch vor meinem inneren Auge ab und ich fragte mich immer noch wo der Trick bei jeder einzelnen Illusion war. Als ich eine interessante Seite im World Wide Web gefunden hatte, informierte ich mich etwas über sie: Andreas und Christian Reinelt hießen sie also im normalen Leben. Von wegen Ehrlich, das war natürlich nur ihr Künstler-Nachname. So hatten sie wenigstens noch etwas Privatsphäre, oder? Andreas hatte drei Kinder, war seit zwölf Jahren verheiratet und war 38. „Was?", flüsterte ich mir ungläubig selber zu und las den Satz noch einmal: „Andreas Reinelt (38) geboren in Herford". Ich hätte ihn eher auf Ende 20 geschätzt. Er wirkte noch so jung und unbeschwert. Interessiert las ich weiter und fand auch etwas zu seinem Bruder Christian. Er war 34, ebenfalls in Herford geboren und ledig. Keine Kinder, keine Frau, keine Haustiere, nichts stand dort weiter über ihn. 'Ach Quatsch, so ein hübscher Mann ist ledig, das kann doch nicht sein!', flüsterte meine innere Göttin, 'Da ist doch was faul!' Gedankenversunken las ich weiter und fasste es immer noch nicht wie alt sie doch waren. Sie kamen im Fernseher so jung rüber. „Hmm... ich bin echt schlecht im schätzen", stellte ich fest und fing an über mich selber zu lachen. In Las Vegas haben sie schon gezaubert und selbst bei dem berühmtesten Zauberer der vereinigten Staaten waren sie schon zu Gast. Sie zählten zu den besten Zauberkünstlern ihrer Zeit und haben schon viele Preise gewonnen. „Mensch, das hätte ich echt nicht gedacht", flüsterte ich zu mir selbst und löste mich vom Laptop.
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Eine magische Begegnung - Gebrochenes Vertrauen
RomanceMan sagt ja gern: "Die Zeit heilt alle Wunden." Doch bei der 29 jährigen Chloè heilt die Zeit gar nichts. Fast zwei Jahre nachdem sie von ihrer großen Liebe verlassen wurde, ist der Schmerz noch genauso groß wie am ersten Tag. Die Enttäuschung mit d...