Kapitel 12

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Ich stand auf und lief in meine Küche. Dort angekommen legte ich eine Kapsel in meine Tassimo und machte ich mir erst einmal einen Kaffee. Immer noch schwirrten meine Gedanken um die beiden Magier. Sie fesselten mich wirklich und ich wusste nicht einmal genau warum. Ich hasste die Magie doch eigentlich. Es war ja generell alles nur Verarsche und Hinters-Licht-Geführe. Die Beiden hatten aber etwas was mich, in der Tat, magisch anzog. Ihre Tricks, die Bühnenshow, es war einfach spektakulär. Als mein Kaffee fertig war, nahm ich ihn und lief wieder zurück auf den Balkon. Ich setzte mich und nahm einen vorsichtigen Schluck. „Hmm heiß!", jammerte ich und stellte die Tasse auf den Tisch neben mein Notebook. Mein Blick schweifte über den Balkon. Er war perfekt viereckig und nicht gerade sehr groß, aber er reichte mir zum glücklich sein. An der Glaswand, in der auch die Tür eingelassen war, stand mein runder Gartentisch. Er war wie die vier Stühle, die ihn umringten, aus hellem Holz. Neben der Sitzecke stand mein dunkelroter Ampelsonnenschirm, der mit seinem großen Fuß direkt in den Balkonboden eingearbeitet war, damit er auch bei großen Stürmen fest stand. Ich schaute auf. Vor mir an dem gegenüberliegenden Balkonzaun stand mein Grill und neben ihm war mein kleiner Garten. Na gut, es war eher eine Landschaft aus roten, grauen und braunen Blumentöpfen, in denen verschiedene Bäumchen und Blumen langsam ausschlugen. Die Knospen waren so zierlich, so zerbrechlich und die hellgrünen Blätter an den kleinen Bäumchen wirkten so sanft und zart. Die Sonne in den letzten Tagen tat nicht nur den Menschen gut, sondern auch den Pflanzen. Ich lächelte und freute mich schon darauf, dass nach dem langen, trüben Winter endlich wieder alles bunt blühte. Nachdem ich meinen Balkon eingehend betrachtet hatte griff ich wieder nach meiner Tasse und nahm ein paar Schlucke. Dann widmete ich meinen Blick wieder dem Laptop.

Noch ein paar Stunden saß ich vor ihm, las Berichte über die Magier, schaute Bilder an und fand Interview-Videos auf verschiedenen Seiten. Sogar Fanseiten, Fangemeinden und sogenannte Fan-Fiktionen, Geschichten die Fans über und für ihre Idole schrieben, fand ich. Sie waren recht bekannt und irgendwann stellte ich sogar fest, dass sie in meiner Nähe wohnten und arbeiten. Ich lehnte mich zurück und überlegte ob ich schon einmal an ihrer Arbeitsstelle vorbei gekommen war. Der Straßenname kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht genau wo die Straße lag. Nach einigen Minuten fiel mir dann ein weißes, umgebautes, altes Bauernhaus ein. Ich fuhr ungefähr einmal die Woche daran vorbei um zu einer Freundin im Nachbarort Enger zukommen. Es wurde das letzte Jahr komplett umgebaut und modernisiert. Die kleine Hecke, die dort jahrelang friedlich wuchs und das Grundstück abgrenzte, musste einem zwei Meter hohen Steinzaun weichen. Ein dickes, fast genauso hohes, grünes Eisentor schützte die Einfahrt des Hauses vor neugierigen Blicken und die Kamera, die im Baum jedes Auto erfasste und ihrem Besitzer alles meldete, was vor seinem Anwesen so los war, tat ihr übriges zur Abschreckung. Auch die drei großen Hunde, die dort neuerdings ihr Revier verteidigten sahen nicht gerade zum Kuscheln aus. Ich verstand nicht warum das Haus auf einmal zu einem Hochsicherheitstrakt umgebaut wurde und um ehrlich zu sein interessierte es mich auch nie. Neben dem Haus stand eine große, weiße Halle. Davor war ein kleiner, gepflasterter Platz, ein paar Parkplätze und seit ein paar Monaten stand seitlich an der Halle ein kleines, weiß-graues Gebäude. Es sah aus wie ein Bürogebäude, welches man zu heiß gewaschen hatte. Es wirkte so klein und unscheinbar. Um das Grundstück um zu wuchsen Obstbäume und Schafe grasten dort. Sie teilten sich ihre Weiden mit ein paar Ponys und zwei Eseln. Es machte mir eher den Eindruck als hauste dort ein Zirkuspaar oder Hobbybauern, aber keine berühmten Magier. Das konnte nicht sein, oder doch? Es war die einzige Halle, die mir einfiel, die genügend Platz bot um dort aufwändige Tricks zu üben.

Gedankenverloren trank ich meinen Kaffee aus und schaute mir weitere Videos von ihnen an. So zog der Tag an mir vorbei und schon bald ging ich zu Bett. Wieder träumte ich von schwebenden Rosen, aus dem Nichts erscheinenden Harleys und Kartentricks.

Eine magische Begegnung - Gebrochenes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt