Prolog

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Das Haus war stockdunkel.
Kein Licht war an.
Nur ein Schein der Laternenlichter fiel durch die Fenster und warf gruselige Schatten auf das Inventar  des Hauses.
Ich saß auf dem Sofa.
Ich zitterte.
Ich hatte Angst.
Angst vor dem, was gleich geschehen würde.

Ich hörte Schritte.
Dumpfe, gruselige Schritte, die sich in meine Richtung bewegten.
Ich stand versteinert auf.
Mein Herz setzte aus.

Da stand er.

Seine Hände waren zu Fäusten geballt.
Seine Miene unerbittlich.

Unbewusst zog ich den Kopf ein.
Ich wollte weinen.
Ich wusste, ich würde weinen.

Er trat näher.
Ich wich ängstlich zurück.
Aber ich würde ihm nicht entkommen.

Meine Augen waren starr auf seine gerichtet.
Sie waren rot.
Sie waren tiefrot.
Sie waren immer so grausam, mörderisch rot.
Ich achtete auf jede seiner Bewegungen.

Er hatte getrunken.
Sehr viel getrunken.

Wodka, Wein und eine Mischung aus Schnaps und Gin schossen mir entgegen.
Er roch widerlich, ekelhaft.
Er war nicht mehr er selbst.
Er war genau so, wie ich ihn kannte.

Besoffen und aggressiv.

Das hier war eine alltägliche Situation. Sie war wie eine Routine. Eine schrecklich grausame Routine.

Er lauerte mir immer so auf.
Wir kamen jeden Tag an diesen Punkt.
Er zeigte mir, wie sehr er mich verachtete.

Uns trennten keine Zentimeter mehr.
Die Wand brannte sich wie Feuer in meinen Rücken.
Mein Herz raste schmerzhaft.

»Und schon habe ich dich ...«
Seine Stimme war rau und unheimlich tief.
Sie kratzte und war dennoch so klar und deutlich, dass mir mehrere Schauer über den Rücken liefen.
Ich hatte Angst.
Mehr als nur Angst.

Ich schloss die Augen, als er ausholte. Seine Faust traf mich mit ungeheurer Wucht an der Wange und schlug meinen Kopf kräftig gegen die Wand. Ein bissiger Schmerz zog sich durch meine Nerven.

Der nächste Schlag traf mich an derselben Stelle und er schlug so oft in mein Gesicht bis schwarze Punkte vor meinen Augen tänzelten.

Erste Tränen liefen über meine pochenden Wangen und ich schrie schrill auf, als seine Fäuste plötzlich meinen Magen zerdrückten.

Ich wollte schreien.
Ich wollte so laut schreien, wie niemals zuvor.
So laut, bis ich den Schmerz nicht mehr hörte.
So, als würden Wellen meiner Laute ihn davontragen und nicht mehr als ein taubes Nichts zurücklassen.

»Halt die Fresse, du Schlampe! Bist ja noch schlimmer, als deine Mutter!«

Zwei weitere Male prallten seine Fäusten in meine Magengrube, dass ich mit dem Knacken meiner Rippen verkrümmt auf den Boden sackte.

Ich machte mich so klein wie möglich.
Ich versuchte zu schützen, was nicht schon längst ungeschützt zerstört worden war.

Er schlug immer weiter.
Ich schrie immer weiter.

»Ich sagte du sollst die Fresse halten!«

Er trat gegen meine Knie.
Immer wieder.

Der metallene Geschmack von Blut sammelte sich in meinem Mund.
Ich konnte nicht aufhören zu weinen.

ROSE - Warum weinst du? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt