Kapitel 24 - ✔️

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Rosalie

New York zieht wie in Zeitlupe an mir vorbei. Leise und elegant schlängelt sich das Auto durch die Massen an Verkehr und Menschen.

Die Leute starren bewundernd auf den Wagen – obwohl es tausende noch teurere Schlitten hier auf den Straßen gibt – und ich bin froh, dass sie mich hinter der Scheibe nicht sitzen sehen.
Glühende Augen folgen uns und einige Finger zeigen in unsere Richtung.

Ich sehe stumm zu den Menschen hinaus und kann nicht verstehen, was sie sehen.
Warum schauen sie zu uns?
Kann man mich doch sehen?
Ist das Auto doch ein seltenes?

All meine Fragen werden auf einmal beantwortet, als wir an einem Hochhaus mit blinkenden Werbetafeln vorbeifahren.
Das bunte Bild wandelt in ein schlichtes und das, was darauf abgebildet ist – oder vielmehr wer – schnürt mit die Kehle zu.
Der Schock breitet sich wie ein Feuer in mir aus und meine Haut beginnt zu glühen. Noch nie habe ich mich so fehl und komisch gefühlt, wie genau jetzt. Es ist das Gefühl, wenn dich das Schicksal echt an den Tiefpunkt begleitet.

Meine Stimmung fällt unter Null und ich fühle mich entblößt, betrogen und dreckig auf einmal.
Meine Gedanken daran, dass die Prinzessin vielleicht einfach eine Ausnahme unter all den Monstern ist, löschen sich und nicht mehr als Scherben bleiben in meinem Herzen stecken.

Auf dem riesigen Billboard mitten in New York zeigen sie sein Gesicht. Perfektionistisch geschaffen zeigt die Tafel den Mann, der neben mir im Auto sitzt und mich zur Arbeit chauffiert.
Mir bleibt alle Luft weg, als ich die geschwungene, goldfarbene Unterschrift darunter lese. James Sine.

Ich kenne diesen Namen.
Bei Gott, jeder kennt diesen Namen hier.
Und mir fällt es wie Schuppen von den Augen.
Wie konnte ich nur so dumm sein?

James Sine ist nicht reich – Nein! – er ist stinkreich. Sein Unternehmen ist die spitzeste Spitze, die Elite, die Crème de la Crème!
Ich kann nicht fassen, dass ich dämliches Stück Erde tatsächlich in seinem Auto sitze, ihn Prinzessin nenne und mit ihm Witze reiße, während er mich langsam in den Abgrund schubst.

Dieser Mann ist weder Schauspieler noch Gentleman. Er kauft sich das Talent und den Charme einfach und naive Wesen, wie ich, fallen auf ihn herein.

Wie konnte ich glauben, er sei anders?

Und wie konnte ich mich jetzt schon seit Tagen mit ihm abgeben, vor seinen Augen heulen und meine Fassade bröckeln lassen?
Wie konnte ich in seinen Armen schlafen und ihm all meine Zerbrechlichkeit einfach vor die Füße werfen?

Dieser Mann ist ein Löwe, ein König.
Er besitzt endlos viel Geld und darüber hinaus eine Macht, die mich zerstören könnte, wie es nicht mal mein Vater je geschafft hat.

James Sine spielt mit den Frauen. Sie liegen ihm zu Füßen und er beachtet sie nicht mal mit seinen Zehenspitzen. Und nun sitze ich hier. Glaube an das Gute in diesem Menschen, weil er mich so glücklich macht.
Die Kontraste schmieren widerlich ineinander.

James Sine passt nicht in meine Welt. Er ist nicht der strahlende Ritter, den ich in ihm sehe. Wie könnte er?
Wenn ich auch nicht in seine Welt passe.
Dieser Mann hat keine Interesse an Frauen wie mir.

Seit wann erwache ich in meinen Träumen?

Glück, Freude, Freundlichkeit und Liebe – sind das nicht alles Lügen? Lügen die die Wahrheit nur hinauszögern?
Wieso schaffe ich es nicht, das einzusehen?

»Okay. Was auch immer ich falsches gesagt habe, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.«
Seine aufgebrachte Stimme dringt durch meinen versteinerten Körper und löst wie immer viel zu viel darin aus.

ROSE - Warum weinst du? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt