Kapitel 32

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Rosalie
Geschockt aber nichts realisierend lasse ich mich auf den Boden, mitten in die Scherben sinken und starre auf das Blut in meiner Hand. Die Scherben unter mir bohren sich in meine Waden aber es interessiert mich garnicht.

Überall fließt Blut aus meiner Hand und wischt man langsam darüber ,brennt es und man kann für eine Sekunde die tiefen Schlitze in der Haut sehen.
Es müsste mir weh tun, das tut es auch, sehr, aber nichts kann mich gerade mehr ablenken, als die Tatsache das ich meinen Vater geschlagen habe. Es fühlt sich wirklich so an.

All das Blut weist auf meinen Schlag gerade eben hin und auch wenn es keinen Sinn macht, fasziniert es mich auch auf eine komische Weise.
Ich starre auf das Blut und es gefällt mir, dass es fließt.
Ich klinge wahrscheinlich gerade wie ein Psycho, aber alles ist so real.
So war es schon immer, Blut ist mein Alltag.
Blut war immer mein Alltag und vor allem Wunden und Schmerz im Doppelpack dazu.
Deshalb finde ich es normal und trotzdem ,jeden Tag aufs neue, faszinierend wie eine so unschuldige, rote Flüssigkeit, auf so viel Schmerz und Wunden hinweisen kann. Blut ist real, gehört zu jedem Menschen, und ich kann fast behaupten das ich dieses Zeug gern habe. Das heißt allerdings nicht, das ich es für gesund empfinde. Im Gegenteil. Meist wird mir sogar schlecht beim Geruch von Blut und wenn sich der bittere, metallene Geschmack in der Luft ausbreitet, aber hinsehen kann ich trotzdem. Ach keine Ahnung...es ist so beides.

Ich habe mich nie selbst verletzt. Mich Geritzt oder bin extra hingefallen, an solchen Punkten war ich nie, aber trotzdem war ich verletzter als manch Anderer.
Jeden Tag war meine Haut ein kleines Bisschen kaputter, zerrissener oder zerfetzter.

An Stellen wo ich häufig etwas abbekam war meine Haut, und ist sie immer noch, grau oder schlichtweg ungesund braun geworden. Das liegt daran, das immer wenn meine Haut wieder ein wenig aufgeladen war, sie  sofort erneut zerstört wurde.

Ich glaube meine Wangenknochen werden auf ewig einen blau, grauen Schimmer behalten.
Das sieht man aber nur, wenn man meine Haare wegstreicht und dann auch nur bei einem guten Auge.

Lucy und Kim ist nie etwas aufgefallen. Über all die Monate in denen wir Beste Freunde geworden sind und unzertrennlich waren, haben sie nie etwas bemerkt.
Ich bin froh darüber. Ich war es immer.
Aber manchmal. Manchmal waren da diese Momente in denen ich solche Zweifel hatte. Die Frage ,ob die beiden blind sind oder man einfach wirklich nichts von meinen mehr Wunden sah, ging in meinem Kopf auf und ab.

Es sollte mich ja beruhigen, aber das tut es nicht.
Die Wunden sind ein Beweis.
Der Beweis ! Der Beweis, dass ich nicht krank bin, kein Verwirrter Psychopath bin !
Sie sind der Beweis, das das alles passiert ist, dass ich mir nichts einbilde, das ich gerade wirklich blute und meinen Vater geschlagen habe. Deshalb wünschte ich manchmal, dass auch andere endlich sahen, das ich nicht so super toll unter meinem Pullover aussehe. Das ich kaputt bin. Aber was rede ich hier eigentlich !?

Das Gesicht im Spiegel hat sich zwar nicht verändert oder sah so aus als hätte ich ihn verletzt aber aus dem Reflex heraus kauerte ich mich zusammen.
Knie direkt vor den Bauch, Kopf in die Halsbeuge, Arme um die Knie und meine Füße so dicht wie möglich nach oben gespreizt. Alles an mir ist angespannt und wartet auf seine Reaktion. Was hielt er davon, das ich ihn geschlagen hatte ?!

Ich erwarte schwere Schritte oder ein ausstoßen seines Alkohls. Ein Knurren oder ein klappern von seiner Gürtelschnalle. So zumindest spielten sich Sceanrien immer in meinem Kopf ab, so auch jetzt.

Tatsächlich hörte ich in meine Schluchzer hinein ein dumpfes Geräusch, das klang wie Schritte. Von wo sie nun kamen ist egal. Alles versetzt mich wieder an einen Ort in seiner Nähe.

Ein Wimmern verlässt meinen Mund die Schritte hallen laut an meinem Trommelfell. Ich kann garnicht unterscheiden ob das Geräusch im Jetzt oder schon bei ihm ist. Aber es ist da und auch wenn es nie etwas bringt beginne ich mich weinend zu entschuldigen.

ROSE - Warum weinst du? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt