7. Schweigsam

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Hoseoks Sicht

Ich stand im Bad und putzte mir die Zähne.
Heute sollte ich also die erste Nacht neben meiner zukünftigen Ehefrau schlafen.
Ich sah mich im Spiegel an.
Meine Augen waren rot und klein von der Heulerei und sie blickten leer und glasig nach vorne.
Wie die Tore zu meiner Seele, jedoch war dort nichts mehr.
Komplette Leere.
Als ob sie mit meinen Tränen den Körper verlassen hatte.
Ich versuchte zu lächeln.
Es gelang mir.
Naja...mit dem Mund zumindest.
Meine Augen spiegelten die Traurigkeit die in mir Platz genommen hatte wieder.
Ich spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken und spülte meinen Mund aus.
Danach wusch ich mir nochmal mit kaltem Wasser das Gesicht.
Ich zog mir mein Oberteil und die Hose aus.
Ich pennte einfach immer in Boxershorts.
Dann lief ich ins Schlafzimmer zurück.
Sie saß auf dem Bett und starrte raus.
Ihre Haare fielen über ihre schmalen Schultern und den zierlichen Rücken.
Sie wehten im Wind wie Seide.
Sie hatte das Fenster geöffnet.
"Nuri ich-.", fing ich an, doch brach wieder ab.
Was sollte ich schon sagen?
'Tut mir leid, dass ich dich tyrannisiert habe. Ich bin scheiße?'
Nein. Das machte einfach keinen Sinn.
Und wie sie da so saß, die frische Abendbrise am genießen und in Gedanken, wollte ich sie einfach nicht stören.
Sie sah so friedlich aus.
Doch plötzlich riss sie ihre Augen auf und schüttelte sich.
Tränen füllten ihre Augen.
Die Strickjacke, die sie über ihre Schultern gelegt hatte fiel runter und gab mir den Blick auf ihre knochigen Schultern frei.
Sie sah schlimm aus.
Früher war sie nie so.
Erst nach der Party war sie so dünn geworden.
Aber ich wollte sie auch nicht darauf ansprechen.
"Auf welcher Seite willst du schlafen Nuri?", fragte ich schließlich.
Sie hatte mich bis jetzt wohl noch nicht bemerkt, obwohl ich sie doch eben angesprochen hatte.
Sie wandte sich zu mir und sprang auf.
Sie wich zurück und betrachtete panisch meinen Körper.
Wie ein scheues Reh, verkroch sie sich in einer Zimmerecke.
"Ehm. Wenn es dich stört, kann ich mir auch was überziehen.", sagte ich stirnrunzelnd.
Was hatte sie nur?
Sie nickte einfach nur.
"Ich tue dir nichts an Nuri. Wir...müssen einfach nur klar kommen. Aber ich habe nicht vor etwas zu tun, was du nicht willst.", redete ich auf sie ein während ich mir ein T-Shirt und eine kurze Jogginghose anzog.
Das scheue Reh kroch langsam aus ihrem Versteck hervor.
Sie hatte noch ihre normalen Anziehsachen an.
Wollte sie sich nicht fertig machen?
Sie sah mich jetzt durchdringend mit ihren Augen an.
Ihre klaren blauen Augen durchbohrten mich wie scharfe Messer.
"Soll ich rausgehen oder was möchtest du?"
Wieder ein Nicken.
Vorhin konnte sie doch auch reden.
Warum jetzt wieder nicht?
Was war los?
Was ging in ihr vor?
Das interessierte mich jetzt immer mehr.
Gehorsam verließ ich den Raum und wartete, bis sie die Tür wieder öffnete.
Sir trug nur noch ein lockeres Top und eine kurze Schlafhose.
Ihre magere Figur kam jetzt noch extremer zur Geltung.
Sie erinnerte mich an ein zerbrechliches dünnes Glas, welches schon von vielen kleinen Rissen durchzogen war.
Ein Riss mehr, und alles würde zusammenkrachen.
Ein Leben würde zusammenkrachen.
Sie hatte ihre dünnen Arme vor ihrer Brust verschränkt.
Ich lief an ihr vorbei und fragte erneut: "Wo möchtest du schlafen?"
Sie zeigte auf die rechte Seite.
Also machte ich es mir nickend auf der linken Seite bequem.
"Du musst das Fenster zu und das Licht ausmachen.", bemerkte ich.
Das Fenster schloss sie.
Das Licht ließ sie jedoch an.
Sie legte sich ins Bett und tat so, als hätte ich das nie gesagt.
Also stand ich etwas genervt auf und wollte das Licht selber ausmachen, als ich plötzlich eine kalte Hand an meiner Schulter spürte.
Ich drehte mich verwirrt um.
Sie schüttelte bestimmt ihren Kopf.
Sie schlief mit Licht?
Okeeeeee.
"Aber sonst kann ich nicht schlafen.", erwiderte ich.
Sie schaute mich mit großen Augen an...ihre Augen spiegelten Angst wieder.
"Hast du etwa Angst im dunkeln?", fragte ich sie belustigt.
Sie nickte zögerlich und sah peinlich berührt auf den Boden.
Ehm okeeee.
Ich bemerkte erst jetzt, dass ihre Hand noch immer auf meiner Schulter ruhte.
Ich warf einen Blick drauf und auf ihren Arm.
Er war dünn und von feinen weißen Strichen übersäht.
Ich wollte nach ihrem Arm greifen, doch sie zog ihn schnell weg.
Dann halt nicht.
"Wenn du so Schiss hast, kannste dich ja an mich klammern. Ich beschütze dich schon.", erwiderte ich zynisch, da ich wusste, dass sie sich nie im Leben an mich klammern würde.
Sie funkelte mich böse an und drehte sich um und stieg sehr würdevoll ins Bett.
Eins musste man ihr lassen, sie bewegte sich so elegant wie eine Gazelle.
Ich betätigte den Lichtschalter, sodass es dunkel war und legte mich ins Bett.
Ich schlief schnell ein.

My Silent Secret™ || J-HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt