15. Klarer Nebel

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Nuris Sicht

Reden?
Was gab es denn bitte zu reden?
Er hasste mich und ich sollte ihn in einem Monat heiraten.
Mein Leben ging den Bach runter.
Und das noch mehr als sonst.
Dann hatte er mich auch noch beim Ritzen erwischt.
Aber meinetwegen.
Mal sehn was er zu reden hatte.
Ich setzte mich an den Küchentisch.
Vorher holte ich noch Wein um was zu trinken.
Ohne Alkohol würde ich das nicht überleben.
Das war eine der wenigen Dinge, die er und ich gemeinsam hatten.
Wir liebten beide Wein.
"Willst du auch was?", fragte ich ihn mit etwas heiserer Stimme.
Er nickte, also holte ich ein zweites Glas und goss es ihm halb voll.
Ich setzte mich im Schneidersitz auf einen Stuhl und nippte an dem Wein.
Ich drehte das Weinglas in der Hand.
Der Geschmack war atemberaubend.
Hoseok setzte sich ums Eck neben mich und nahm auch einen Schluck.
"Also...fang an. Du warst der der reden wollte.", meinte ich kalt.
Er räusperte sich und fing zögerlich an: "Nuri. Ich will wissen was passiert ist. Und ich bitte dich, lauf nicht wieder davon wie heute Mittag.
Es ist spät und dir könnte sonst was passieren. Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Und du hast mich einfach ignoriert.
Ich hatte Angst du würdest vergewaltigt werden oder so was."
Ich nahm eine kräftigen Schluck und atmete aus.
Vielleicht war es Zeit für die Wahrheit.

Hoseoks Sicht

Sie öffnete ihren Mund und redete leise, jedoch deutlich.
"Hoseok. Es sind Sachen passiert.
Sachen die du nicht verstehst.
Ich meine nicht heute.
Ich meine damals.
Als die Party vorbei war. Ich-."
Doch ich schnitt ihr den Satz ab.
Ja, sie hatte mit einem Jungen geschlafen. Das hatte ich ja am nächsten Montag auch gesehen.
"Damals? Meinst du, als du von der Party abgehauen bist und mich danach einfach ignoriert hast?
Als du mir das Herz gebrochen hast?
Als du es mir raus gerissen hast und darauf rum getrampelt bist?
Als du dich von irgendwem hast nageln lassen? Sei froh, dass ich DAS niemandem erzählt habe.
Weißt du, ich hatte mir nach der Party wirklich Hoffnung gemacht.
Hoffnung, dass wir uns verstehen.
Ich hab dich geliebt.
Aber du hast mit wem anders geschlafen.
Kein Wunder, dass ich dich danach gehasst habe.
Weißt du eig-."
Sie schnitt mir das Wort ab, obwohl ich grade erst in Fahrt gekommen war.
"Hör sofort auf Jung Hoseok oder ich schwöre ich bring dich um!", schrie sie plötzlich.
Schweigen.
Dann fing sie wieder an.
"Siehst du was du gerade tust? Du hast doch keine Ahnung was da los war!
Weißt du was passiert ist?
Verdammt Hoseok!
Ich wurde vergewaltigt du penetrantes Stück!"
Sie brüllte und fing an zu zittern.
Dann sackte sie zusammen.
Warte sie wurde...WAS?
Ich schaute sie entgeistert an.
"Ach du Scheiße!"
Meine Stimme versagte.
Sie weinte.
Und das erste Mal in meinem Leben verstand ich sie.
Es war wie Nebel, der allmählich klarer wurde.
Ich hatte sie fallen lassen.
Fallen lassen, als es ihr schlechter denn je ging.
Habe sie gepeinigt und dabei hatte sie nie etwas getan.
Ich hätte meinen Kopf nicht durchsetzen dürfen.
Ich hätte sie ansprechen müssen.
"Ja Hoseok Scheiße. Und weißt du was? Du bist die erste Person, der ich das erzähle."
Ihr Schweigen...sie wollte nicht darüber reden.
Sie hat es nie verarbeiten können.
Es hatte sie erdrückt.
Ihr jegliche Lebensfreude und Energie geraubt.
Das erste Mal schaute ich sie an und sah sie mit anderen Augen.
Vor mir saß ein Mädchen.
Nicht älter als 15 und war mit der Welt am Ende.
Ich war doch so dumm!
Ihre Angst vor der Nähe!
Ihre Angst wenn sie jemand berührt hat.
Wenn ich sie berührt hatte.
Es musste für sie die Hölle gewesen sein.
Und ich war zu blind es zu sehen.
Ich hatte meine Liebe zerstört.
Ich selbst war schuld.
"W- wann ist das passiert? Nach der Party?"
Sie schluckte.
Das müssen ihre Heulkrämfe gewesen sein.
Wenn sie sich zurückerinnert hat.
"Als ich auf dem Weg nach Hause war, wollte ich eine Abkürzung nehmen.
Leider war sie versperrt und dann...ist der Mann aufgetaucht."
Ihre Stimme verlor jeglichen Ton.
"Deswegen hab ich dich nicht gefunden.", hauchte ich und schaute sie an.
Ich hätte alles verhindern können.
Hätte ich nur etwas anders gedacht.
"Finden? Was meinst du damit?"
Natürlich.
Sie wusste das ja nicht.
"Ich bin dir in der Nacht hinterher gelaufen. Ich wollte nicht, dass du alleine zu dir nach Hause gehst. Aber ich hab dich nicht gefunden.
Nach ner halben Stunde bin ich dann zu mir gegangen, weil ich dachte du wärst schon zu Hause."
"Oh! Das wusste ich gar nicht.", erwiderte sie.
"Natürlich nicht. Aber das was passiert ist, wusste ich auch nicht.
Ich hätte es verhindern können."
Sie schüttelte heftig den Kopf.
"Nein! Mach dir keine Vorwürfe.
Du konntest das alles nicht wissen."
Ok sie hatte recht.
"Nuri. Es tut mir alles so Leid! Was ich dir angetan habe war Unrecht.
Ich war einfach nur blind.
Ich weiß nicht, ob du mir je verzeihen kannst.
Aber ich verspreche dir hoch und heilig dir immer Treu zu sein und nie etwas zu tun was du nicht willst.
Und wenn wir diesen Typen irgendwann nochmal wiedersehen, ich schwöre dir, ich töte ihn."
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
Ich wollte sie nie wieder verletzen.
"Ich vertraue dir Hope.
Ich werde auch mein Bestes geben.
Und verzeihen tue ich dir auch.
Du hättest es nicht wissen können.
Niemand hätte das.
Es war meine Entscheidung so zu handeln."
Hope?
Diesen Spitznamen hatte ich seit wir sechs waren nicht mehr gehört.
Ich lächelte sie leicht an.
Wärme breitete sich wieder da aus, wo sie vor Jahren verschwunden war.
Das erste Mal seit Jahren sah ich ihre Augen wieder funkeln.
"Ok..vielleicht eine dämliche Frage, aber darf ich dich umarmen?", druxte ich rum.
Ihre Mundwinkel zuckten und sie nickte.
Zaghaft schloss ich sie in meine Arme.
Ich spürte ihren Puls und ihre Wärme und wollte sie gar nicht mehr loslassen.
Wie standen noch eine Ewigkeit im Arm in der Küche.

Oook.
Also das hört sich ein bisschen nach Ende an, ist es aber noch nicht.
Keine Sorge es geht noch etwas weiter mir der Story.

My Silent Secret™ || J-HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt