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Die Geräusche des grünen Waldes schienen nie zu verstummen. Ständig hörte man einen Ast knacken oder einen Strauch rascheln. Tiere gaben Laute von sich, Früchte fielen zu Boden und Insekten summten. Zu allem Überfluss aber ging plötzlich ein Sturm los. Starkregen, so stark, dass er sogar den Reitern aus dem hohen Norden stark vorkam. Innerhalb von wenigen Sekunden waren sie so von dem kalten Regen durchnässt, dass selbst ihre Knochen es zu spüren schienen. Blitze erhellten den Himmel, gleich darauf hörte man den Donner.
"Das Gewitter ist direkt über uns!", schrie Fischbein gegen den Sturm an.
"Wo kann es denn so schnell hergekommen sein!?"
"Ich weiß nicht. Bis vor Kurzem war es noch unerträglich heiß! Was machen wir mit unseren Taschen? So einen Regen halten sie bestimmt nicht mehr ganz so gut durch!", erwiderte Hicks.
"Vielleicht können wir unter die Flügel der Drachen!", schlug jemand vor.
"Gute Idee! Versucht alle euch irgendwo zu verstecken!"
Tinder und  Windfang stellten sich einander mit den Köpfen gegenüber, die Flügelspitzen berührten sich. Fleischklops stellte sich mit den Hinterpfoten auf die Flügel zu rechten Seite und mit den Vorderen auf die Flügel zur linken Seite. Fischbein, Heidrun und Taffnuss kauerten sich darunter zusammen.
"Sicher, dass das hält?"
Die Drachen gaben ein Nicken zum Besten.
Ohnezahn wickelte Hicks und Ryo ein, nachdem Hicks und Astrid sich darüber gestritten haben, wer sich dort verstecken sollte.
"Astrid, nimm Ryo und geh zu Ohnezahn, ich bleibe bei Sturmpfeil!", hatte Hicks vorgeschlagen.
"Oh, Nein! Du gehst mit Ryo zu Ohnezahn und ich bleibe bei Sturmpfeil !", hatte Astrid erwidert. So ging es dann weiter, bis Hicks Ryo nahm, Astrid kurz küsste, und dann in Ohnezahns Flügeln verschwand.

Innen war es stockfinster, der Regen schlug gegen Ohnezahns Flügel, doch dieser blieb unbeeindruckt. Er erhellte kurz das Versteck. Diese kurze Zeit nutzte Hicks um den Boden mit dem Gewand abzudecken, das Astrid vorher angehabt hatte. Er setzte Ryo darauf und wickelte sie bestmöglich ein. Dann holte er eine der essbaren Pflanze hervor, die sie gefunden hatten und gab sie seiner Tochter.
"Iss die. Dann schlafen wir erstmal."
"Was ist mit Mama? Kommt sie nicht hierher?"
"Nein, sie bleibt draußen, aber keine Sorge, es geht ihr gut."
Dicht gedrängt in dem engen Raum versuchten sie einzuschlafen. Ohnezahn hatte ein kleines Loch gelassen, damit sie genügend Sauerstoff hatten.

"Ich hoffe niemand holt sich eine Krankheit durch dieses Wetter! Bei uns im Dorf ist mal jemand an einer Krankheit gestorben, nachdem er draußen im Regen übernachtet hatte!"
"Taffnuss! Nicht hilfreich!"
"Was denn? War doch so, oder etwa nicht? Oder war es doch nicht so?" Er verfiel kurz ins Grübeln, entschied damn aber, dass seine Aussage wahr ist.

Einige Stunden später hörte der Sturm so abrupt auf, wie er angefangen hatte. Nur vereinzelt fielen noch Regentropfen. Mühsam öffneten alle ihre Augen, die Nacht war für die Meisten schlaflos gewesen. Die Sonne schien nur kurze Zeit später erneut erbarmungslos auf die Reisenden nieder.
"Lasst uns so schnell wie möglich von hier verschwinden!"
"Ich fürchte, dass das nicht ganz so einfach wird. Siehst du das? Die Bäume bilden praktisch ein Dach, wir können hier nicht einfach mal durchfliegen. Wir werden uns wohl oder übel zu Fuß hier durchschlagen müssen, bis wir eine schwache Stelle im Blätterdach entdeckten."
Die ganze Gruppe seufzte und fing an sich zu beschweren. Nur Ryo schien erfreut.
"Kommt, kommt!" Die Kleine lief voraus und den anderen blieb nichts anderes über als ihr zu folgen.
"Ryo, warte! Sonst verlieren wir dich noch!" Heidrun holte sie ein und nahm sich die Rothaarige auf den Arm.
"So leicht bist du ja gar nicht mehr. Aber auch nicht besonders schwer" Sie sah an sich selbst herunter.
"In den letzten Woche hatten wir aber auch nicht gerade jeden Tag ein Festmahl veranstaltet."
"Stimmt, die Vorräte sind nicht gerade unbegrenzt. Wir müssen mehr finden. Besonders Wasser scheint uns wieder auszugehen. Zugegeben, nach dieser Nacht habe ich erstmal genug Wasser."

Sie streiften durch den Wald, die Drachen blieben einige Male stecken und mussten sich den Weg gewaltsam frei räumen. Hicks suchte gemeinsam mit Taffnuss im Tagebuch, ob dort etwas nützliches stand. Tatsächlich, sie fanden Beschreibungen, Zeichnungen, sogar sehr vage beschriebene Fundorte.
"Die sind giftig. Und die essbar. Aber wie hat er das nur herausgefunden?"
Hicks blätterte ein paar Seiten durch.
"Ah, hier steht's. Ich weiß nicht, wieso sie sowas kann, aber sie findet immer wieder nur durch schnüffeln heraus, welche Pflanzen ich essen darf und welche nicht. Zu schade, dass die Nachtschattendame schon sehr alt ist und Wunden trägt. Ich werde sie Liva nennen. Sieht so aus, als hätte es bei der Horde von Nachtschatten eine außergewöhnliche Dame gegeben. Also gut, Heidrun, holst du bitte mit Windfang diese Nüsse dort runter? Taffnuss, Astrid, auf den Bäumen dort könnt ihr alles abpflücken. Fischbein, diese Pflanze da hinten scheint auch ungefährlich zu sein. Ryo? Lust auf ein Spiel?"
"Ja!"
"Wenn du diese Pflanze hier entdeckst,", Hicks deutete auf eine Zeichnung, "sag Bescheid."
So hatte jeder eine Aufgabe und nach zwei weiteren Stunden Fußmarsch waren die Taschen voll.

"Etwas Fleisch würde auch mal nicht schaden. Denkt ihr, diese Tiere sind essbar?"
"Für die Drachen anscheinend schon, für uns womöglich nicht. Aber vielleicht gibt es in irgendeinem Tümpel ja Fische."
Auch diese fanden sie und gleich darauf auch endlich ein Loch im Blätterdach.
"Steckt die Fische noch ein wo es geht.  Die Sonne geht bestimmt in ein paar Stunden unter und bis dahin will ich hier weg sein."
"Nicht nur du! Ich habe keine Lust auf weitere Gewitter, also beeilt euch!"
Sie durchbrachen das Blätterdach, wichen einigen Riesen aus und flogen endlich wieder. Oben war es noch wärmer, doch das trieb sie noch mehr an. Je wärmer das Wetter, desto stärker der nachfolgende Strom.
"Erhöhen wir das Tempo! Sobald wir aus diesem Bereich raus sind, können wir ja eine extra lange Pause machen."
Die Drachen verdoppelten das Tempo teilweise und sausten mit unglaublicher Geschwindigkeit durch den Himmel.

Dragons- Neue Welten [Ferien auf fernen Inseln 3]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt