Arschloch! Bastard! Hurensohn!
Unmengen an Schimpfwörtern gingen mir durch den Kopf und keins davon wurde diesem Arschgesicht gerecht. Sie alle waren noch viel zu harmlos. Wahrscheinlich musste erst noch das passende Wort für ihn erfunden werden. Argh! Wenn ich allein gewesen wäre, dann hätte ich wohl wie ein bockiges Kind mit dem Fuß aufgestapft, aber ich war ja nicht allein. Leider! Oder auch nicht. War doch eh alles Mist. Dieser ganze Besuch war Mist. Ich hätte nie wieder herkommen sollen. Verdammt.
„Ist alles okay?" Riker näherte sich mir mit einem besorgten Ausdruck in den Augen blieb etwa einen Meter von mir entfernt stehen. „Was war denn mit deinem Onkel los?"
Was sollte ich darauf antworten? Ich konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen. Wahrscheinlich hätte er mir sowieso nicht geglaubt, also überlegte ich mir schnell eine Ausrede. „Das war nur ein kleines Missverständnis. Nichts Gravierendes." Ha, die Untertreibung des Jahrhunderts.
Er schien nicht wirklich überzeugt, sagte aber nichts weiter. „Wie geht dir? Du siehst so blass aus."
Aus seiner Stimme sprach Besorgnis und mir zog sich das Herz ein wenig zusammen. Wie konnte es sein, dass er nach all den Jahren, in denen wir uns nicht mehr gesehen und gesprochen hatten, besorgt um mich zu sein schien? Ich hatte fest damit gerechnet, dass ich ihm inzwischen egal war. Wie sagte man doch so schön...aus den Augen, aus dem Sinn?! Der warme fürsorgliche Blick in seinen blauen Augen strafte diesen Spruch lügen.
„Ja, es geht schon. Ich habe Beerdigungen schon immer gehasst", gab ich zu und schüttelte mich ein wenig. „Und einen Elternteil zu begraben ist nicht gerade einfach, egal wie angespannt das Verhältnis auch gewesen sein mag." Angespannt...noch so eine Untertreibung. Zerrüttet traf es wohl eher.
Er nickte zustimmend. „Es tut mir so leid, Trix. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie es sich anfühlen muss, einen Elternteil zu verlieren." Riker streckte den linken Arm aus und strich mir sanft und beruhigend über den rechten Oberarm, spendete mir auf diese Weise Trost, den ich dringend nötig hatte, wenn auch nicht unbedingt wegen des Verlustes meiner Mutter.
Die Wärme seiner Hand drang durch den dünnen Stoff der schwarzen Seidenbluse und plötzlich war mir noch wärmer als zuvor. Obwohl ich im Schatten stand, hätte ich mir am liebsten die Bluse und die schwarze Hose ausgezogen, was natürlich nicht ging, da ich mich ja in der Öffentlichkeit befand. Außerdem wollte ich mich nicht vor meinem ehemals besten Freund entblößen. Was hätte er dann von mir denken sollen? Da ich mich ja sowieso genierte zu viel Haut zu zeigen, war ein Stripteas eh kein Thema.
„Danke", sagte ich leise und lächelte ihn dankbar an. „Wahrscheinlich sollte ich jetzt besser wieder reingehen. Nicht das sich die Leute noch das Maul bei einer Beerdigung über mich zerreißen."
„Es zerreißt sich niemand sein Maul über dich, Trix", widersprach Riker, doch sein betretener und schuldbewusster Blick sagte mir etwas anderes.
Egal ob er versuchte mich zu beruhigen oder nicht, ich wusste es besser. Obwohl ich seit Jahren nicht mehr in der Stadt lebte, wusste ich doch genau, was während all der Jahre geredet wurde. Ein Wunder, dass sie mich nicht mit Fackeln und Mistgabeln aus der Stadt gejagt hatten, als ich zurück gekehrt war.
„Du musst nicht lügen, um mich zu beruhigen, Riker." Ich tätschelte seine Schulter und wandte mich zum Gehen um. „Vielleicht sehen wir uns später noch." Und damit machte ich mich auf den Weg zurück. Auf ging es in die Schlacht. Mit hängenden Schultern und aufkommenden Kopfschmerzen. Super! Genauso hatte ich mir diesen Tag vorgestellt.
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Die Trauergemeinde löste sich am späten Nachmittag auf und ich war froh, als wir wieder nach Hause fuhren und ich mich endlich der langen Klamotten entledigen konnte. Noch eine Stunde länger in der langen Hose und der langärmeligen Bluse und ich hätte mit Sicherheit einen Hitzschlag bekommen. Das die Klimaanlage in dem Restaurant defekt gewesen war, hatte super mit der Körperwärme der anwesenden Leute zusammen gespielt und den Raum sicher auf einhundert Grad aufgeheizt.
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Peinlich Berührt
RomanceZehn Jahre ist es her, seit Beatrix zuletzt in ihrer Heimat war. Das Verhältnis zu ihren Eltern ist zerrüttet - wegen eines sehr traumatischen Vorfalls, den sie bis heute nicht komplett verarbeitet hat. Zehn Jahre ist es außerdem her, seit sie den N...