Peinlich Berührt

Kapitel 21

„Ja, das tue ich und zwar schon sehr, sehr lange", gestand Riker und in seinem Blick sah ich nichts anderes als Ehrlichkeit und Wärme.

Wie konnte das sein? Wir hatten uns zehn Jahre lange nicht gesehen, da kann man doch nicht immer noch Gefühle für jemanden haben, oder doch? Ach verdammt, was wusste ich denn schon von Liebe?! Ich wusste, dass ich damals als Teenager auch für ihn geschwärmt hatte, aber war das schon richtige Liebe gewesen? Damals dachte ich, dass es so war, aber da waren wir auch in einem Alter gewesen, in dem man erst langsam anfängt zu begreifen, was dieses L-Wort bedeutet. In all den Jahren danach habe ich oft an ihn gedacht und mich gefragt was er so macht, wie sein Leben verlaufen sein mag, aber war das auch noch Liebe gewesen? Oder einfach nur die freundschaftliche Zuneigung zu meinem ehemaligen Nachbarsjungen?

„Was geht dir durch deinen Kopf?"

Seine Frage holte mich ins hier und jetzt zurück und ich schluckte kräftig. „Ich habe... mich nur gefragt...wie du dir so sicher sein konntest, dass du mich liebst."

Ein Lächeln breitet sich auf seinen vollen sinnlichen Lippen aus und ich denke sofort daran, wie sie sich auf den meinen angefühlt haben. Wunderbar weich!

Er nimmt meine linke Hand und legte sie sich auf die Brust, wo ich sofort seinen kräftigen Herzschlag spürte. „Genau hier habe ich es gespürt", wispert er und unsere Blicke bohrten sich ineinander. „Wann immer du im meiner Nähe warst, hat mein Herz schneller zu schlagen begonnen. Und wenn du nicht bei mir warst habe ich dich vermisst und mich gefragt, wann wir uns wiedersehen würden."

Diese Worte wärmen mein eigenes Herz und lassen es ebenfalls schneller schlagen. Genauso habe ich mich damals auch gefühlt. Hatten wir uns nachmittags oder abends von einander verabschiedet, habe ich schon die Stunden und Minuten gezählt bis wir uns am nächsten Morgen wiedersehen würden.

„Ich habe meinen Vater einmal gefragt, woran man merkt, dass man verliebt ist und er hat mir erklärt, dass man es daran merkt, dass das Herz schneller in der Gegenwart dieses besonderes Menschen schlägt, dass man ständig an ihn denkt und sich wünscht bei ihm sein zu können, dass man nicht ohne ihn sein will. All das kannte ich bereits, denn das fühlte ich immer bei dir, also war mir klar, dass ich in dich verliebt war."

„Aber...", ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich hatte seine Gefühle doch nie offensichtlich erwidert. „Ich habe dich doch ignoriert und dann haben sich unsere Wege komplett getrennt."

Riker nickte langsam und zog mich mit der linken Hand etwas näher an sich heran. „Stimmt und dein Rückzug hat mir wehgetan, aber ich musste lernen damit umzugehen, wobei ich es nie wirklich akzeptiert habe. Irgendetwas tief in mir drin wusste die ganze Zeit über, dass du das nicht freiwiilig tust, aber ich wusste auch nicht, wie ich dich dazu bringen sollte mit mir zu reden, wo dich deine Eltern so rigoros abgeschirmt haben."

Ohja, das haben sie getan, wie ich jetzt wusste. Dafür hasste ich sie gleich noch mehr.

„Bei jedem Telefonat mit meiner Mutter habe ich immer gefragt, ob sie wüsste wie es dir geht oder was du so machst, aber deine Mutter hat mit ihr nie über dich gesprochen, hat nie etwas über dich erzählt, so als würde es dich gar nicht mehr geben. Und du warst ja auch nie zu Besuch zu Hause. Das hat mich immer sehr gewundert, aber nun kann ich das natürlich verstehen. Insgeheim wusste ich aber, dass wir uns irgendwann wiedersehen würden und das ich dann die Gelegenheit nutzen würde herauszufinden was damals schief gelaufen ist."

Oh Gott! Dieser Mann brachte meine selbsterrichteten meterhohen Mauern mit so simplen Worten zum Einsturz, als wäre es seine leichteste Übung. Tief in mir drin verspürte ich den Drang mich einfach in seine Arme zu werfen und ihn nie wieder loszulassen. Mich von ihm halten und beschützen zu lassen, denn ich wusste genau, dass mir bei ihm nichts passieren würde. Niemals!