Kapitel 18

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Auf meiner Unterlippe nagend starrte ich an die Decke meines Schlafzimmers. Etwas das ich bereits seit Stunden tat. Genaugenommen seit ich zu Bett gegangen war. Meine überhastete Flucht hatte länger gedauert als gedacht, denn bei meinem wilden Herumgerenne hatte ich mich verlaufen. Die Suche nach der nächstgelegenen U-Bahn Station hatte mich fast eine Stunde gekostet. Aus Angst einen wütenden Riker vorzufinden, hatte ich einen Bogen um den Parkplatz gemacht, auf dem wir das Auto abgestellt hatten. Natürlich hatte es wieder anfangen müssen zu regnen, sodass ich letztendlich klitschnass zu Hause ankam. Ich nahm ein heißes Bad, um mich wieder aufzuwärmen, und kroch dann ins Bett – vor Scham und Angst. Scham über mein eigenes Verhalten und Angst vor Rikers Reaktion. Er war nicht bei mir vorbeigekommen und hatte sich auch nicht telefonisch gemeldet, aber hatte ich wirklich damit gerechnet? Irgendwie schon und dann auch wieder nicht. Ich an seiner Stelle hätte auch lieber stillschweigend meine Wunde geleckt. Was konnte ich tun, damit er mir verzieh? Er wusste, dass etwas nicht stimmte und es wurmte ihn insgeheim, dass ich ihm noch nicht gesagte hatte was.

Nach einem tiefen Seufzer schloss ich die Augen und rang mit mir selbst. Sollte ich es wagen? Aber was, wenn Riker...? Ja, was denn eigentlich? Noch sauerer konnte er ja schlecht werden, oder? Und nach meiner Flucht vom Vortag wollte er sicher eh nichts mehr mit mir zu tun haben.

Genervt warf ich die Decke zur Seite und schwang mich aus dem Bett. Was sollte das nur für ein Tag werden? So müde wie ich war, würde ich doch irgendwann im Stehen einschlafen. Schwerfällig begab ich mich ins Bad, um zu duschen und mich halbwegs zurecht zu machen, doch selbst das Make-up konnte meine Augenringe nicht komplett verdecken.

Bei einer großen Tasse Kaffee und einer Scheibe Toast saß ich in der Küche und starrte auf mein Telefon, welches vor mir auf dem Tisch lag. Sollte ich oder sollte ich nicht? Gott, gib mir doch ein Zeichen, flehte ich stumm und schloss für einige Sekunden die Augen. Als ich die Augen wieder öffnete fiel ein einzelner dünner Sonnenstrahl durch die sich nur langsam lichtende Morgendämmerung und landete direkt auf meinem Telefon. War das das Zeichen nachdem ich kurz zuvor gebeten hatte?

Mit zittrigen Händen griff ich nach meinem Telefon und öffnete die letzte Nachricht von Riker. Zum Anrufen war ich zu feige.

Könntest du heute bitte zu mir kommen? Ich möchte mich für gestern entschuldigen und dir erklären was los war.

Sobald die Zeilen abgeschickt waren saß ich wie auf heißen Kohlen auf dem Stuhl. Würde er überhaupt antworten? Ich an seiner Stelle wäre super sauer und würde die Zicke, die nach dem Kuss weggerannt ist als hätte ich die Pest oder Mundgeruch, ignorieren oder wenigsten seine angemessene Zeit lang schmoren lassen.

Die Uhr an der Wand hinter mir tickte fröhlich vor sich hin, verhöhnte mich. Der Sekundenzeiger schien einen Wettlauf mit sich selbst zu veranstalten. Komm Riker, bitte... Nichts! Das Telefon blieb stumm. Alle paar Sekunden erweckte ich das Display wieder zum Leben, um zu sehen ob nicht doch eine Nachricht eingegangen war, aber da war nichts.

Ein paar Minuten saß ich noch stumm und verzweifelt betend auf dem Stuhl, ehe ich mich aufraffte und die Küche verließ. Ich musste etwas andered finden, um mich zu beschäftigen. Nur war? Der Himmel war nach wie vor grau und wolkenverhangen. So sah mein Gesicht sicher auch aus. Noch regnete es nicht und es war auch noch sehr früh, also war eine Beschäftigung die Lärm verursachte keine Option. Grübelnd lief ich vor dem Balkonfenster auf und ab. Um Bruno auszuführen war es auch noch zu früh. Miss Weatherly machte ihre erste Runde immer erst um acht Uhr.

Schlussendlich ging ich ins Schlafzimmer und wühlte in meinem Kleiderschrank bis ich die schwarze Jogginghose und den grauen Sport-BH gefunden hatte. Vielleicht würden frische Luft und ein wenig Anstrengung mich auf andere Gedanken bringen. Schnell zog ich noch ein Shirt drüber, band meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in die ausgelatschten Laufschuhe. Und auf ging es!

Peinlich BerührtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt