Kapitel 11

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Unschlüssig schaute ich in meine Geldbörse und zählte noch einmal die Banknoten durch. Ob das reichte? Riker hatte mich zu einer Shopping-Tour überredet, da ihm meine Klamotten einfach zu trist und unvorteilhaft waren. Sackartig hatte er meinen auberginefarbenen Pullover sogar genannt. Frechheit!! Letztes Wochenende hatte er mich darum gebeten, einmal in meinen Kleiderschrank sehen zu dürfen. Was hätte ich da sagen sollen? Widerwillig hatte ich ihn in mein kleines Schlafzimmer geführt und den Schrank für ihn geöffnet.

„Oh verdammt, Trix. Sag' mir, dass ich etwas mit den Augen habe und nicht nur schwarz, grau, dunkelblau, dunkelrot, violet und dunkelgrüne Klamotten vor mir sehe." Riker legte seine Hände auf seine Wangen und schüttelte fassungslos den Kopf.

Ich trat neben ihn und warf ebenfalls einen Blick in den Schrank. „Nein,du bist nicht farbenblind. Da ist auch noch weiß, beige und hellbraun."

Er drehte seinen Kopf zu mir und zog die Augenbrauen nach oben. „Warum? Warum hast du nur so unscheinbare Farben in deinem Schrank? Ich dachte Frauen stehen auf pink, rot und hellblau."

„Geschmäcker sind verschieden", erklärte ich ihm und presste die Lippen zu einer Linie zusammen. 

Zugegeben, ich fand hellblau und rot auch gut, aber das waren doch eher Farben, die sehr auffällig waren, also vermied ich sie schon seit Jahren. Mit den dunkleren Farben konnte man viel besser in der Menge abtauchen. Genau das was ich tagtäglich machte. 

„Das weiß ich auch", gab er zurück und begann einige Bügel hin und her zu schieben. „Aber du hast doch früher farbenfrohe Klamotten getragen. Dein Lieblingskleidungsstück war doch jahrelang dieser gelbe Tweety-Sweater."

An was sich dieser Mann alles erinnern konnte war unfassbar. Während der letzten Wochen haben wir uns zwei, drei Mal die Woche getroffen. Wir sind mit dem Motorrad ins Grüne gefahren, wo wir dann ein Picknick gemacht hatten, waren im Kino gewesen, hatten uns in einer Cocktailbar getroffen und haben die Tour durch den Buckingham Palast gemacht. Es war jedes Mal unbeschreiblich schön Zeit mit Riker zu verbringen. Sein Humor und seine Schlagfertigkeit waren unheimlich erfrischend. Ich hatte selbst gemerkt, wie ich in seiner Nähe viel lockerer war. Und wir hatten zusammen in Erinnerungen geschwelgt. Woran sich Riker noch alles erinnern konnte, hatte mich mehr als ein Mal von den Socken gehauen. Er musste ein Elefantengedächtnis haben anders war das nicht möglich. Wie sonst sollte er noch wissen, dass ich mir als Fünfjährige einmal beim Toben im Garten seiner Familie vor Lachen in die Hose gemacht hatte? Oder das ich mit meinem Kinderfahrrad einmal in den Rosenstrauch von Miss Fitzpatrick auf der anderen Straßenseite gefahren bin? Diese Anekdoten waren witzig und peinlich zugleich gewesen. Ich selbst konnte mich nur noch vage an unsere frühen Kindertage erinnern. Schade eigentlich.

„Und wieso sind deine Klamotten so weit? Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass du versuchst dich darin zu verstecken. Dazu hast du doch überhaupt keinen Grund." Sein Blick wanderte langsam meinen Körper entlang, schließlich nickte er um seine Worte zu unterstreichen. „Wir müssen dir unbedingt andere Sachen kaufen."

„W...was?" Ich riss die Augen auf und starrte ihn überrascht und entsetzt zugleich an. „Warum denn? Die sind doch okay. Außerdem sind einige Sachen davon neu. Die habe ich erst letztens in New York gekauft."

Riker schnaubte und machte eine abfällige Handbewegung. „Wo hast du die denn gekauft? In einem Second Hand Shop oder auf dem Flohmarkt?"

Autsch! Das war ja wie eine Ohrfeige. 

Er schien selbst zu merken, dass seine Worte negativer rübergekommen waren, als sie gemeint waren. „Tut mir leid, Trix. So habe ich das nicht gemeint."

Peinlich BerührtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt