Kapitel 17

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Riker zog mich zu einem Seifenfenster. Schweigend schauten wir hinaus, nahmen die sich stetig vergrößernde Distanz zur Straße und den Gebäuden unter uns wahr. Seine Hand in meiner fühlte sich unglaublich gut an. Zu gut. Die Wärme, die Riker abstrahlte, wanderte meinen Arm hinauf und von dort direkt zu meinem Herzen, dass ich gar nicht mehr beruhigen konnte oder wollte.

„Guck mal, da vorn", sagte mein Begleiter plötzlich in die Stille der Gondel hinein, „da vorn an der Ecke habe ich dieses Frühjahr fast einen Radfahrer umgefahren." Er zeigte zu einer Straßenkreuzung, an der auch zum ausklingenden Abend noch reger Verkehr herrschte. „Ich war aber nicht schuld. Dieser Idiot kam einfach um die Ecke geschossen wie ein Blitz. Ein Glück das ich so gute Reflexe habe und den Lenker rumreißen konnte."

Ich hob den Kopf, um ihn ansehen zu können und musste kräftig nach Luft schnappen, denn in diesem dämmrigen Licht sah er einfach umwerfend aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die verschieden farbenen Lichter tanzten über sein Gesicht, ließen seine Augen besonders kräftig funkeln. Meine Knie verwandelten sich automatisch in Wackelpudding .Der Griff um seine Hand verstärkte sich und Riker sah mich verwundert an.

„Alles okay? Du hast doch in den letzten Jahren keine Höhenangst entwickelt oder etwa doch?"

„Nein", erwiderte ich im Flüsterton und meine Stimme klang leicht kratzig. „Nein, ich habe keine Höhenangst."

„Was ist dann los?" Die eben noch entspannte Miene war einem besorgten Ausdruck gewichen. Seine Stirn war leicht gerunzelt, der Blick aus seinen hypnotisierenden Augen wachsam.

Was sollte ich ihm darauf nur antworten >>Du haust mich aus den Latschen<< war ja wohl keine Option. Ich holte tief Luft, wandte mich wieder der immer spektakulärer werdenden Aussicht zu und und durchforstete mein Gehirn nach der richtigen Antwort. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Blick vom London Eye so beeindruckend ist", murmelte ich schließlich und biss mir dann auf die Unterlippe.

Ganz langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Ja, stimmt. Und die Beleuchtung verstärkt die ganze Atmosphäre noch."

Du hast ja keine Ahnung, dachte ich mir, biss mir aber auf die Unterlippe.

Gemeinsam bewunderten wir die Aussicht noch eine Weile bevor Riker näher an mich herantrat. So nah, dass mein rechter Oberarm gegen seine Brust gepresst wurde. Trotz meines Hoodies und seines Pullovers drang seine Körperwärme zu mir durch. Ich begann leicht zu zittern obwohl es gar nicht kalt war.

„Trix", murmelte er in mein Ohr und ich hielt den Atem an.

Der heiße Atem, den er ausstieß, wärmte mein Ohr und ich schloss für ein paar Sekunden die Augen, ehe ich den Kopf wieder zu ihm drehte. Wie eine Buschtrommel wummerte mein Herz gegen die Rippen und meine Kehle wurde trocken.

Zaghaft strich er mir eine Haarsträhne hinter das linke Ohr. „Du glaubst nicht, wie oft ich in all den Jahren an dich gedacht habe", gestand er und seine Stimme war ein tiefes raues Flüstern. „Und ich habemich unzählige Male gefragt, ob du vielleicht schon verheiratet bist und Kinder hast." Der Blick aus diesen blauen Augen, die ich schon immer so geliebt hatte, ging mir durch und durch, berührte mein Herzim tiefsten Innern.

War das wirklich wahr oder träumte ich schon wieder? Bitte nicht! So unauffällig wie möglich kniff ich mir in den linken Unterarm. AUA!!!  Verdammte Sch... Nein, ich träumte nicht, dafür war der Schmerz viel zu real. Ich stand wirklich mit Riker in dieser Gondel und er flüsterte mir ins Ohr.

„Hast du gehört, was ich gerade gesagt habe?"

„J...a...ja", stammelte ich atemlos. In meinem Kopf herrschte absolute Stille. Vakuum.

Peinlich BerührtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt