Kapitel 19

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Ich musste mir ein Lachen verkneifen als Riker aus dem Bad kam, denn er sah zum schreien komisch aus. Die Jogginghose war ihm eindeutig viel zu groß und schlabberte ordentlich um seine langen Beine. Er war anscheinend ein ganzes Stück größer als Mister Weatherly gewesen war, denn die Hosenbeine waren viel zu kurz. Hochwasserhosen. Das rot-hellgrau karierte Hemd hing trotz der breiten Schultern wie ein Sack an ihm, wobei die Arme ebenfalls zu kurz waren. Riker krempelte sich die Ärmel beim Gehen bis zu den Ellbogen auf.

Normalerweise hätte ich Mitleid mit ihm haben müssen, aber so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte dieses Mitgefühl einfach nicht aufbringen, egal wie sehr ich es wollte.

„Wie alt war denn der Vorbesitzer dieser Kleidung? Ich wette mindestens achtzig", merkte er an und ging kurz hinüber zum Balkonfenster, um einen Blick hinaus zu werfen. Beim Anblick des nach wie vor starken Regenfalls verzog er seinen Mund zu einer enttäuschten Schnute.

„Ich glaube er war fünfundachtzig Jahre alt als er gestorben ist", antworte ich und streiche eine Haarsträhne hinters Ohr. „Wie gesagt, ich hatte nichts anderes da. Und meine Sachen sind dir vielzu klein."

„Und ich hatte mich schon so darauf gefreut etwas von deiner sexy Unterwäsche tragen zu dürfen." Riker drehte sich zu mir um und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.

Darauf fiel ich nicht herein. Woher wollte er auch wissen, dass ich sexy Unterwäsche besaß? Eine Frau mit meinen Ängsten und Komplexen trug doch nur solche langweiligen Baumwollschlüpfer, um sich sicher zu fühlen. Diese ollen einfarbigen oder gemusterten Liebestöter, die auch garantiert jeden Mann in die Flucht schlugen. Okay, ich gebe es zu, ich besaß keine Oma-Schlüpfer. Schon immer war ich angetan von schöner Unterwäsche gewesen. Ein paar Jahre war ich auf Abwegen gewesen – das war die Zeit während meiner College- und Studienzeit, in der ich jedem männlichen Wesen so weit wie möglich aus dem Weg gegangen war -, aber dann hatte ich mir gedacht, wenn ich mich schon so gut es geht verhülle, dann möchte ich wenigstens untendrunter etwas Hübsches tragen. Meine Unterwäscheschublade war also gefüllt mit viel Spitze, doch die würde Riker sowieso nie zu Gesicht bekommen.

Er kam in meine Richtung und ließ sich in den Lesesessel fallen, der direkt neben dem Sofa stand. Wir saßen also praktisch nebeneinander.

„Was führt dich denn zu mir", fragte ich vorsichtig und nahm die Teekanne, die ich in die Mitte des Couchtisches gestellt hatte, um unsere Tassen zu füllen.

Riker sah mich einen Moment lang einfach nur an und ich fragte mich schon, ob er mir überhaupt antworten würde, doch dann seufzte er und schüttelte leicht den Kopf. „Du hast mir doch heute morgen eine Nachricht geschickt und mich gebeten bei dir vorbei zu kommen. Also, hier bin ich."

Stimmt. Ich hatte ihn hergebeten, um mich bei ihm für den Abend zu vor zu entschuldigen und ihm zu erklären, was der Grund für meine überstürzte Flucht gewesen war. Allerdings hatte ich damit gerechnet, dass er mir schreibt, ob und falls ja wann er vorbeikommt, denn dann hätte ich mich moralisch darauf vorbereiten können. In diesem Moment fühlte ich mich einfach nur mit der Situation überfordert und wusste nicht genau, wie und wo ich anfangen sollte.

Stumm nickte ich und nahm erstmal einen Schluck von dem dampfenden Kamillentee. Riker tat es mir nach und trank ebenfalls von seinem Tee, allerdings ohne mich aus den Augen zu lassen.

„Ja...", erwiderte ich schließlich im Flüsterton und versuchte mich dabei innerlich zu sammeln. „Da du nicht geantwortest hast, dachte ich dass du einfach zu sauer auf mich bist und mich jetzt hasst."

„Was? Dich hassen?" Entgeistert sah mich Riker an. „Trix, ich könnte dich niemals hassen, dass weißt du doch."

Wusste ich das wirklich? Am Vortag hatte er mir zwar gestanden, dass er in all den Jahren oft an mich gedacht hatte, aber nach der Art und Weise wie ich ihn hatte wie den letzten Trottel dastehen lassen hätte sich seine Meinung ändern können – ja sogar müssen. Wieso war er so verdammt nachsichtig mit mir? Das hatte ich doch gar nicht verdient.

Peinlich BerührtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt