Kapitel 14

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(Leser Sicht)

Am nächsten Morgen standen wir früh auf und machten uns mit einer Art Transportkarren auf den Weg zur Kirche. Als wir ankamen, ging Undertaker schon auf diese zu, um drinnen schon alles vorzubereiten. Ich zögerte, folgte ihm dann aber doch mit hinein. Eigentlich mied ich dieses Gebäude, doch bei der Beerdigung meiner Freundin wollte ich eine Ausnahme machen. Wir richteten alles hin und nach einer Weile trafen die ersten Leute ein. Die Eltern meiner Freundin kamen direkt auf mich zu, als sie mich entdeckten. Sie schienen nicht sehr erfreut. Sie blieben vor mir stehen und-
Laut hallte der Schlag in meinem Kopf wieder. Verwirrt hielt ich mir mein Gesicht und sah zu der Mutter meiner Freundin hoch.
,,Nicht nur, dass du Pech über die Stadt bringst, jetzt ist auch unsere Tochter wegen dir gestorben!"
warf sie mir wütend vor.
,,W-was? Warum... was habe ich denn damit zu tun?"
,,Du hast viel zu viel Zeit mit ihr verbracht. Natürlich wurde sie vom Pech verfolgt, dass du mit dir bringst! Du bringst jedem nur Unheil!"
,,A-aber ich-"
Ich ging einen Schritt auf sie zu, doch sie wichen mir aus.
,,Bleib weg von uns! Wir wollen nichts mehr mit dir zu tun haben. Sonst werden wir auch noch vom Pech verfolgt... verschwinde!"
Ich konnte nicht fassen, was sie da sagten.
Ich dachte immer, sie wären nicht so wie die anderen. Sie hatten mich doch bei ihnen aufgenommen damals. Warum sagen sie jetzt sowas?
,,Wirst du jetzt verschwinden!?"
schrie der Vater und hob drohend die Hand. Ich zuckte heftig zusammen und spürte, wie Undertaker mich auf einmal zu sich zog.
,,Hey, was tun sie da!? Wir sind hier auf einer Beerdigung, verhalten Sie sich ruhig, oder ich muss Sie bitten, diesen Ort zu verlassen.“
Die beiden sahen Undertaker empört an.
,,Entschuldigen Sie, wir sind die Eltern der Verstorbenen!“
Undertaker wurde etwas ruhiger.
,,Das tut mir leid. Aber (d/N) hat Ihrer Tochter nichts getan. Ich habe Ihnen erklärt, weshalb sie verstorben ist...“
,,Aber sie hatte jahrelang Kontakt mit meiner Tochter, natürlich musste sie sterben.“
,, ... Glauben sie ernsthaft daran, dass sie verflucht ist? Seien Sie doch realistisch. So etwas wie Flüche oder sowas gibt es doch überhaupt nicht.“
Erzählt ihnen ein Todesgott... wenn die nur wüssten...
,,Sie nehmen sie auch noch in Schutz, oder was? Über Sie hört man doch auch einige Gerüchte. Sie sollen angeblich schon seit mehreren Jahrzehnten als Bestatter in dieser Stadt sein, sollten jedoch schon lange tot sein. Sie sind doch kein Mensch... Sie waren doch schon alt, als ich auf die Welt kam!“
meinte die Mutter meiner Freundin. Das wurde mir zu viel und ich stellte mich vor Undertaker.
,,Hey, lasst ihn in Ruhe! Er hat doch nichts getan, euer Hass gilt doch mir. Lasst ihn an mir aus. Er macht die Beerdigung von ihr, Ihr solltet ihm lieber dankbar sein...“
Sie sahen sich kurz einander an, dann wieder zu mir.
,,Tz. Verschwinde einfach, wir möchten dich nicht hier haben.“
,,Aber-“
Wieder landete eine Hand in meinem Gesicht.
,,Verschwinde!“
Undertaker schob mich wortlos aus der Kirche.
,,Was war das denn eben? Ist alles okay bei dir?"
fragte er und streichelte mich beruhigend am Arm. Ich konnte nicht darauf antworten. Ich stand noch zu sehr unter Schock. Wir standen am Eingang und gerade kamen andere Leute herein. Auch die konnten nicht ruhig an mir vorbei gehen.
,,Du wagst es hier aufzutauchen!?"
schrie eine ältere Dame empört.
,,An so einem heiligen Ort..."
murmelte ein anderer zu den anderen und sah zur Decke der Kirche herauf.
,,Was habe ich euch denn getan!? Warum glaubt ihr, dass ich der Stadt Pech bringe?"
fragte ich sie aufgebracht und mit Tränen kämpfend. Doch eigentlich wusste ich warum.
Damals, als ich abgehauen bin, hatte meine Mutter nach mir suchen lassen. Dann bekam sie jedoch Probleme mit der Polizei und erzählte jedem, sie habe mich damals eingesperrt, da angeblich ein Fluch auf mir lastete, der jedem Unglück brachte und sie nur die Stadt davor beschützen wollte. Genau... Und gerade in dieser Zeit passierte sehr viel: Morde, Überfälle, Krankheiten. Anscheinend waren die Leute heutzutage noch immer ziemlich leichtgläubig. Wie oft habe ich mir das schon anhören müssen? Zu oft. Und auch dieses Mal.
,,Seit du aus deinem Gefängnis ausgerissen bist, ist nur noch Pech und Unheil in dieser Stadt. Deine Mutter hatte Recht, du bist verflucht."
Mit angewiderten Gesichtern liefen sie an mir vorbei und verschwanden im Gebäude. Undertaker schob mich einfach um die nächste Ecke, wo uns niemand sehen konnte. Er zog mich an sich und lehnte sich an die Wand. Dann ließ er sich daran langsam herab gleiten. Sofort drehte ich mich zu ihm und versteckte mein Gesicht an ihm.
,,Ich will hier wieder weg..."
meinte ich dann leise. Er strich mir beruhigend durchs Haar.
,,Ich muss aber bis zum Ende der Beerdigung hier bleiben und ich würde dich ungerne alleine lassen... Wobei... ich könnte zumindest bis zum Ende des Trauergottesdienstes bei dir bleiben. Dann muss ich halt kurz zum Friedhof."
,,Ja, ist klar. Bleibst du dann bis dahin bei mir?"
,,Natürlich. Und dann kommst du später aber mit. Ich fahre den Sarg zum Friedhof, dann fährst du einfach mit und kannst dann sitzen bleiben. Es sollte dich niemand sehen."
,,Okay..."
,,Gut. Aber bis dahin... willst du hier sitzen bleiben? Oder wollen wir woanders hin?"
Ich überlegte, doch dann fiel Undertaker wieder etwas ein.
,,Weißt du noch, als wir in der Stadt waren und auf das Kind aufgepasst haben? Die Mutter meinte doch wir sollten mal in ihrem Cafe vorbei schauen. Wollen wir da hin? Die Zeit hätten wir."
Ich nickte langsam und wir standen wieder auf. Nach ein paar Minuten betraten wir auch schon den kleinen Laden. Die Besitzerin lief gerade an uns vorbei und erkannte uns sofort wieder.
,,Ach, guten Tag. Schön euch zu sehen. Setzt euch doch, ich komme gleich zu euch."
Schnell verschwand sie wieder hinter einer Tür und wir setzten uns an einen kleinen Tisch. Gedankenverloren blickte ich aus dem Fenster. Ich dachte über die Worte von den Leuten vorhin nach. Undertaker bemerkte dies, zog meine Hände in die Mitte des Tisches und umfasste sie mit seinen.
,,Hey, hör doch nicht auf sowas. Die reden doch nur Unsinn."
Ich sah nun zu ihm und lächelte ihn dankend, aber schwach an. Plötzlich spürte ich, wie etwas an meinen Kleid zupfte und sah überrascht zu Luka runter, der auf einmal einfach dastand.
,,Hallo Luka. Hat deine Mutter dir etwa gesagt, dass wir hier sind?"
,,Ja, hat sie."
antwortete er mir lächelnd und streckte seine Arme nach mir aus. Ich hob ihn darauf hin hoch und setzte ihn auf meinen Schoß. Kurz darauf kam auch seine Mutter zu uns und zog einen weiteren Stuhl dazu.
,,Na? Wie geht es euch? Was führt euch heute hier her?"
,,Wir... haben gerade eine Beerdigung vorbereitet, die jetzt stattfindet."
meinte ich und senkte den Blick.
,,Sie war meine Freundin."
fügte ich dann noch leise hinzu.
,,Ach herrje, das tut mir aber leid. Woran... ist sie denn gestorben?"
,,Sie wurde ermordet. Der Täter ist geflohen, als ich zufälligerweise vorbei kam."
,,Wie schrecklich. War sie deine einzige Freundin?"
,,Ja. Ich habe bei ihr gewohnt."
,,Und was machst du jetzt?"
Undertaker räusperte sich kurz, worauf wir alle zu ihm schauten.
,,Dann wirst du wohl doch bei mir einziehen müssen."
meinte er zu mir. Ich wusste nicht wie ich darauf antworten sollte. Einerseits freute ich mich, andererseits wollte ich ihm keine Last sein.
,,Eigentlich bleibt mir wohl auch nichts anderes übrig..."
Undertaker mache ein gespielt beleidigtes Gesicht.
,,Das klingt aber nicht sehr begeistert. Willst du etwa nicht bei mir wohnen?"
,,Doch, natürlich! Es ist nur... ich will dir nicht zur Last fallen."
,,Das tust du doch überhaupt nicht. Aber lass uns das jetzt nicht hier besprechen. Das hat später noch Zeit."
Auf einmal stand die Ladenbesitzerin auf und klatschte in die Hände.
,,Wie wäre es mit einem Stück Kuchen und etwas zu trinken? Sucht euch was aus, geht dann aufs Haus. Ich komm gleich wieder, ich muss mich aber kurz um die anderen Gäste kümmern. Luka kann doch sicherlich bei euch bleiben, oder?"
,,Natürlich. Wenn er das will."
meinte ich, worauf der kleine sofort heftig nickte. Die Mutter verschwand und wir sahen uns die Speisekarten an. Nach einer Weile kam sie wieder und nahm unsere Bestellung auf. Ich wählte nur einen Kakao und sah dann wieder aus dem Fenster. Undertaker nahm einen Earl Grey Tee und ein Stück Mohnkuchen. Sie verschwand wieder hinter einer Tür und kam kurz darauf mit einem vollen Tablett wieder. Doch anstatt nur einem Stück Kuchen stellte sie uns drei hin. Luka nahm sich sofort ein Stück und Undertaker schob mir ebenfalls eins hin. Ich sah ihn etwas verwirrt an.
,,Aber ich hab doch gar keins-"
,,Du solltest aber etwas essen. Du-"
,,Ja schon gut."
Luka's Mutter verschwand wieder und ich setzte ihren Sohn auf den Stuhl neben mir. Ich nahm ein kleines Stück auf die Gabel und stopfte es mir lustlos in den Mund. Insgeheim hatte ich seit langem wieder großen Hunger und der Kuchen schmeckte wirklich sehr gut und so war dieser viel zu schnell aufgegessen. Etwas erschrocken über mich selbst starrte ich die wenigen kleinen Krümel auf meinem Teller an. Auf einmal hielt mir Undertaker seine Gabel mit einem Stück Kuchen hin. Ich zögerte etwas, weshalb er leicht mit dem Kuchenstück meine Lippen anstupste. Langsam nahm ich es von der Gabel, woraufhin Undertaker zufrieden lächelte. Ich beobachtete ihn ein wenig. Er hatte wieder, wie immer wenn wir draußen waren oder Kundschaft hatten, seine Augen verdeckt und den Hut tief ins Gesicht gezogen. Und das breite, verrückte Lächeln. Wie sehr ich jetzt gerne in seine phosphor-grünen Augen sehen würde. Es würde mich beruhigen und meine Trauer zumindest für den Moment vergessen lassen. Aber das ging jetzt nicht. Wir tranken gerade beide unsere Tassen leer, als die Ladenbesitzerin wieder zu uns kam.
,,So. Ich denke, wir müssen langsam wieder los."
meinte Undertaker zu ihr. Also verabschiedeten wir uns schon wieder von ihnen und machten uns dann langsam wieder auf den Weg zurück. Als wir wieder an der Kirche angekommen waren, ging ich zu dem Transportkarren und wartete dort. Kurze Zeit später kam Undertaker und noch jemand mit dem Sarg wieder und legten diesen auf den Karren. Der andere setzte sich hinten auf den Karren und wir uns nach vorne. Dann fuhren wir los. Auf dem Weg zum Friedhof sprachen wir nichts miteinander. Dort angekommen, luden die beiden den Sarg ab und betraten den Friedhof. Ich blieb einfach sitzen, ich wollte mir nicht noch mehr dumme Sprüche anhören müssen. Nach einer Weile entdeckte ich Undertaker wieder und eilte zu ihm. Ich umarmte ihn und sah zu ihm hoch.
,,Können wir jetzt wieder nach Hause gehen?"
,,Warte noch kurz, ich muss noch etwas besprechen."
Nun kamen auch die ersten Leute aus dem Friedhof und ich bekam Panik. Ungeduldig zupfte ich an Undertaker's Mantel.
,,Undertaker... bitte. Ich will hier weg..."
,,Nur ganz kurz, okay?"
Schon kam jemand auf uns zu und Undertaker begann, sich mit ihm zu unterhalten.
Hoffentlich dauert es nicht lange...
Weitere Leute kamen aus dem großen Tor und blickten zu uns. Wieder klammerte ich mich fest an Undertaker und hoffte, dass niemand mich ansprach. Immer mehr Menschen liefen an uns vorbei und immer mehr verkroch ich mich unter Undertaker's Mantel. Er legte seinen Arm um mich, worauf ich mich etwas beruhigte. Nach einer Weile waren alle Leute gegangen und Undertaker war auch fertig. Der Mann verabschiedete sich und verschwand schnell. Das Gespräch hatte ich nicht mitbekommen, aber es war mir auch egal. Ich wollte nur noch heim.
,,Gehen wir?"
fragte Undertaker und ich nickte sofort. Ich löste die Umarmung und wir gingen zurück zu dem Karren. Auch auf dem Rückweg redeten wir nicht viel. Zuhause angekommen, wollte ich sofort wieder ins Schlafzimmer verschwinden, doch Undertaker hielt mich auf.
,,Nein, heute bleibst du mal draußen."
meinte er.
,,Aber ich will nicht!"
Ich wehrte mich weiterhin und versuchte mich von seiner Hand zu befreien, aber er zog mich nun ganz zu sich und umarmte mich fest.
,,Bleib doch mal hier. Es bringt doch nichts dich immer zu verkriechen. Du musst auch nicht raus auf die Straßen, aber zumindest raus aus dem Zimmer über den Tag. Es wäre schön wenn ich meinen Laden wieder öffnen könnte."
Ich drehte mich ungläubig zu ihm um.
,,Du hast deinen Laden geschlossen!? Aber warum?"
,,Damit ich immer nach dir sehen konnte und kontrollieren, dass du nicht ins Bad rennst um dich zu verletzen.“
Ich drehte mich nun ganz zu ihm um und umarmte ihn ebenfalls.
,,Das tut mir so leid, ich wusste nicht, dass du den Laden wegen mir geschlossen hattest... verzeih mir bitte, das wollte ich nicht."
,,Ist schon gut. Also?"
,,Ich werde ab morgen wieder anfangen zu arbeiten."
,,Gut. Und jetzt? Soll ich uns einen Tee machen?"
Ich nickte langsam und wir gingen in die Küche.
Die nächste Woche war ziemlich stressig. Ich war ständig genervt von der fast Dauerüberwachung von ihm und er musste oft die Arbeit für Diskussionen unterbrechen. Gegen Ende der Woche besserte es sich jedoch ein wenig und wir arbeiteten wieder mehr.

Undertaker x (suicidal)readerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt