Joshuas Puls war auf hundertachtzig. Er spürte Kims Blick auf sich ruhen. Außer Samuel und Andrew wusste niemand von seinem Entzug. Das über seinen Vater könnte man recherchieren, die Medien waren voll davon gewesen.
„Wie war es für dich damals? Der Entzug? Hast du den freiwillig gemacht?"
Ihre Stimme klang schon fast zärtlich, ohne irgendwelche Verurteilung.
„An viele Dinge erinnere ich mich kaum. Ich weiß nur, dass es körperlich hart war. Es gab Momente wo ich dachte, dass ich sterben würde. Ich habe ziemlich vielen Menschen weh getan. Ich habe alle um mich herum beleidigt und provoziert."
Traurigkeit erfasste ihn. Wie sehr hatte er Samuel beleidigt. Wie oft hatte er mit seinem besten Freund gekämpft.
„Hat es denn geholfen? Bist du clean geblieben?"
Joshua schüttelte den Kopf.
„Nein, leider nicht. Während des Entzugs hier, hatte ich einen Rückfall und sieben Monate später nochmal. Aber seid acht Jahren bin ich jetzt clean."
„Vermisst du es? Ich meine high zu sein?"
Joshua dachte nach. Was sollte er antworten? Kim sass kauend neben ihm. Mit Erleichterung stellte er fest, dass sein Trick funktioniert hatte. Der Teller war fast leer.
„In manchen Situationen vermisse ich es schon. Diesen Schwebezustand, in dem dir alles egal ist. Nichts spielte eine Rolle. Aber wenn ich überlege, wie vielen Menschen ich weh getan habe, wie viel schlechte Dinge ich getan habe,... nein,... ich vermiss das nicht!"
Kim sah schweigsam auf ihren Teller. Joshua konnte sehen, wie ihr Kopf arbeitete.
„Woran denkst du, Kim?"
Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie hatte seinen Blick gar nicht bemerkt.
„Nichts,... ich weiß nur nicht, ob das alles was für mich ist... ich bin ja nicht abhängig oder so."
Sie sah ihn dabei nicht an. Joshua stellte sich so an die Theke, dass diese zwischen ihnen war. Wissend sah er sie an.
„Sagst du das, weil du wirklich daran glaubst oder weil du einfach Angst hast, dass es dir zu schwierig wird? Oberflächlich gesehen ist es einfacher Drogen zu nehmen. Aber Kim, es ist nicht die Lösung. Willst du dein ganzes Leben durch einen Nebel erleben? Die Drogen schwächen jegliche Emotionen."
„Nein, das stimmt nicht. Ich bin dadurch freier und gelöster."
„Kannst du das überhaupt noch beurteilen? Wie lange nimmst du den Mist jetzt? Weißt du überhaupt wie es ist, die Dinge mit klarem Verstand wahrzunehmen? Zum Beispiel den Sex den wir hatten. Konntest du den überhaupt bewusst wahrnehmen Kim?"
„Natürlich! Koks bewirkt ja nur, dass man sich fitter fühlt und ich erinnere mich an alles. Ich würde fast sagen, dass es sogar dadurch besser war."
„Irrtum! Wenn du unter Drogen bist, kannst du die Dinge gar nicht genug an dich ran lassen. Du fühlst nicht so intensiv, wie es sein könnte. Für wirklich guten Sex muss man frei sein von Drogen. Alles bewusst wahrnehmen und fühlen und da liegt dein Problem. Du willst das gar nicht."
Er spürte wie Kim die Schultern straffte. Sie ging wieder auf Abwehrhaltung. Joshua seufzte. Er wusste selber wie schwierig es war, die Dinge richtig zu sehen.
„Aber ich habe noch eine Frage offen, Kim. Das war der Deal! Was war der Grund warum du mit Drogen angefangen hast? Was versuchst du zu unterdrücken?"
Gespannt beobachtete er Kim. Die Frage war sehr gemein. Er konnte buchstäblich sehen, wie Kim Stimmung kippte. Ihre Augen funkelten ihn wütend an.
„Gar nichts, Joshua. Ich weiß nicht, was dich auf die Idee bringt, deine Sache mit meiner zu vergleichen. Im Gegensatz zu dir bin ich nicht abhängig von Drogen. Ja, ich nehme ab und an mal welche, aber ich bin nicht abhängig! Ich laufe vor gar nichts und niemanden weg!"
Trotzig sah sie ihn an und Joshua lächelte. Die Sache war zwar nicht lustig, aber da war wieder sein kleiner Wildfang mit dem Dickkopf.
„Wenn du nicht abhängig bist, kann es ja auch nicht so schlimm sein, hier ein paar Tage mit mir zu verbringen. Dann sollte das ja alles kein Problem für dich sein. Dann sieh das ganze doch einfach als Kurzurlaub."
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie an. Sie belog sich selbst. Die körperlichen Anzeichen waren eindeutig. Sie steckte mitten in einem heftigen Entzug und wäre sie nicht abhängig, hätte sie diese gar nicht.
„Nein, ist es nicht! Ich geh jetzt schlafen."
Wie von der Tarantel gestochen sprang Kim auf und drehte sich zur Tür. Joshua runzelte die Stirn. Zum einen wusste er immer noch nicht, warum sie Drogen nahm und zum zweiten, glaubte sie wirklich, dass er nicht checkte, dass sie die Autoschlüssel hatte?
Er kannte jeden Trick. Aber er würde sie in dem Glauben lassen, es nicht bemerkt zu haben. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen stiefelte sie in ihr Zimmer. Joshua wartete einige Zeit und tat dann so, als ob auch er schlafen gehen würde. Leise stellte er sich nach draußen, vor die Eingangstür. Was sie konnte, konnte er schon lange. Sie würde ihr blaues Wunder erleben...
An der frischen Luft würde er vielleicht auch den Kopf frei bekommen. Irgendwie musste er Kim begreiflich machen, dass leugnen nichts brachte. Sie belog sich selbst und das konnte ihr Untergang werden. Sie sollte nicht so leiden müssen, wie er es musste. Wie Kim wohl war ohne dieses Dreckzeugs in sich?
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Ein etwas kürzeres Kapitel, aber wichtig... ich hoffe es gefällt euch, auch wenn Kim immer noch nicht einsichtig ist. Zumindest haben die beiden kurze Momente, in denen sie reden können... und wer weiß, vielleicht ist Kim mehr bewusst geworden, als sie zugeben möchte?Lasst eure Meinungen da😍❤️ und natürlich auch Votes, wenn es euch gefällt... das nächste Kapitel wird wohl wieder etwas hoch hergehen, wenn Kim merkt, das Joshua sich nicht austricksen lässt😔
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Save you (Band 2)
ChickLit❤️❤️ 1.Platz beim Bestbookaward2019 in der Kategorie Reihentanz!❤️❤️❤️ Band 2 der Save-Reihe!!!! Band 1 Save me (beendet) Band 2 Save you ( beendet) Band 3 Save us ( beendet) Band 4 Save Love (beendet) Joshuas und Kims Geschichte ist noch nicht v...