Sie erwachte träge aus einer langen Ohnmacht, als der Morgen dämmerte.
Ihr Kopf schmerzte furchtbar, der ganze Boden schien sich unter ihr zu bewegen, die Felswände rückten unerwartet näher und ihr war schrecklich übel. Zudem hatte sie das Gefühl, kaum Luft zu bekommen. Ihr war heiß und kalt gleichermaßen.
Sie öffnete vorsichtig die Augen, ließ den immer wieder verschwimmenden Blick durch den sichtbaren Teil der Höhle wandern. Ganz in der Nähe hockten teilnahmslos einige Menschen dicht zusammengedrängt. Sie waren zu sechst eingepfercht. Es waren für sie ein halbes Dutzend geschlechtslose Gestalten in dem Dämmerlicht.
Sie lag hustend auf der Seite, zog mühsam ihre zitternden Beine zum Bauch, um den brennenden Schmerz in ihrem Unterleib besser ertragen zu können. Die Eisenkette ihrer Fußfessel klirrte leise bei der Bewegung. Das dünne, zerschlissene Hemdchen schützte sie nicht vor der kalten Zugluft in der Höhle. Einzelne, von Verzweiflung herrührende Tränen rannen über ihr mit Blut verschmiertes Gesicht, hinterließen ihre hellen Spuren in all dem Schmutz.
Oh ihr Valar, warum tut Ihr mir das an! Nicht wissend, woher dieser Gedanke in ihr kam, sank ihr Kopf wieder zurück und der Schlaf des Vergessens griff mit langen Fingern nach ihr.
Als sie wieder erwachte, war sie zunächst kaum dazu im Stande, auch nur den Kopf ein wenig zu bewegen. Durch die ungewohnte Haltung, in der sie seit Stunden gelegen hatte, tat ihr alles weh.
In der Zwischenzeit war ein weiterer Tag in Gefangenschaft vergangen, doch konnte sie die verlorene Zeit nicht erfassen. In der Höhle war es immer gleichmäßig dämmrig. Allein die Fackeln, die in den natürlichen Spalten im Fels steckten, spendeten ein flackerndes Licht.
Mühsam versuchte sie sich aufzurichten, lehnte erschöpft an der kalten Steinwand. Sie zog die zitternden Beine an sich, schlang ihre Arme darum. Die eiserne Fessel schnitt tief in ihren Hals und scheuerte ihren Nacken wund.
Auf dem Gang vor der Zelle erklangen plötzlich Geräusche; raue Stimmen von Menschen und anderen Bewohnern Mittelerdes. Durch die Gitterstäbe konnte sie flüchtig Männer in südländischer roter Kleidung erkennen, die in einiger Entfernung mit grauhäutigen Kriegern aus Mordor diskutierten. Die Menschen waren grimmig, sprachen die gemeinsame Sprache Mittelerdes mit einem harten Akzent. Sie hatten schwarze Augen, langes schwarzes Haar und goldene Ringe in den Ohren. Ihre Zellentür wurde laut aufgestoßen, die Peitsche knallte über die Köpfe der Gefangenen, als eine gemischte Gruppe Orks und Menschen die Kammer betrat. Ihre Augen fielen halb zu, verschwommen nahm sie wahr, wie die anderen Gefangenen hochgezerrt und nach draußen getrieben wurden. Etwas war anders als sonst, bisher war immer nur sie aus dieser Tür gestoßen worden.
Eine lange, schlanke Hand riss ihren Kopf an der Halsfessel hoch und befestigte die schwere Eisenkette in der vorgesehenen Verankerung. Sein fauliger Mundgeruch ließ sie erschauern. Sie erkannte diesen Mann. Gerade war er dabei, ihre Fußfessel zu lösen, als ein Ork sich zu ihm gesellte und auf sie starrte.
„Du hast es wohl zu wild mit dieser Elbenhure getrieben", lachte Taznak gackernd und schlug sich auf die Schenkel.
„Halt dein Maul!", fuhr der Haradan ihn an. „Kümmere dich gefälligst um deine Aufgabe. Diese hier gehört mir." Grausam blickte er auf die Elbin hinab, die mehr tot als lebendig zu seinen Füßen kauerte und öffnete den Verschluss der Fußfessel.
„Diese gehört dir?", fragte der Ork lauernd. „Lass das bloß nicht unseren Herrn hören, Huthayfah. Alle lebenden Gefangenen gehören ihm." Wieder lachte er gackernd auf. „Und alle Toten uns." Er schulterte seinen Krummsäbel. „Beeil dich gefälligst mit diesem Elbenweib. Wir müssen heute noch aufbrechen. Wir haben keine Zeit für deine Spielchen."
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Seelenbindung
Fanfiction‚Wenn zwei Seelen sich verbinden, zwei Elben sich so finden, erwacht die Liebe im Erkennen.' Dieses hohe Glück auf Arda ging mit dem Tod von Lúthien Tinúviel und Beren Erchamion im Ersten Zeitalter verloren. Kein Elb erlebte diese Glückseligkeit Ama...