Kapitel 14 - Zweifel

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Linaew begann, langsam aus einem erholsamen Schlaf zu erwachen. Die funkelnden blauen Augen nach Elbenart geöffnet, aber vom Schlaf noch leicht getrübt, hörte sie neben sich den leisen Gesang Thranduils.

Sie stieß kaum hörbar einen tiefen Seufzer aus, welcher dem Fürsten des Düsterwalds zeigte, dass es nun nicht mehr lange dauerte, bis sie gänzlich den Schleier des Schlafes abstreifen würde. Doch die Tochter Celebrimbors rührte sich nicht, spürte sie genau, dassihr Körper sich dicht an den seinen drängte.

Fühlte, dass ihr Kopf und ihre Hand sich an seine Brust schmiegten.

Hörte seinen gleichmäßigen Herzschlag kraftvoll unter ihrem Ohr vibrieren.

Spürte die Wärme seiner schwieligen Hand auf ihrer nackten Taille.

„Mae aur, melethril."

Linaew zuckte leicht zusammen, als sie die Stimme des Königs nah an ihrem Ohr hörte und sein warmer Atem dabei über ihre empfindliche Ohrspitze strich. Mit großen Augen blickte sie zu ihm auf, die Lippen bereits geöffnet um seinen Morgengruß zu erwidern.

Doch ehe sie reagieren konnte, spürte sie Thranduils Hand in ihrem Nacken und seinen Mund auf ihrem. Noch während sie versuchte sich gegen seinen Griff aufzulehnen, begann er seine Lippen zu bewegen. Dabei wirkten seine Bewegungen fordernd und ausgehungert.

Erschrocken keuchte die Elbin in den Kuss, als er mit seiner Zunge über ihre Unterlippe fuhr, und schaute ihn entgeistert an, als er sich plötzlich von ihr löste.

Fahrig ließ Linaew ihre zitternden Finger über die Lippen gleiten, welche er bis eben noch in seinem Besitz gehabt hatte.

Sie waren noch ganz feucht...


Thranduil spürte, wie seine Gefährtin panisch Luft holte und förmlich in seinen Armen erstarrte.

„Díhenannin", flüsterte er bestürzt. „Ich hätte dies nicht tun dürfen, melme nîn."

Ihr Valar, was hätte er tun können, damit es nicht zu dem hier gekommen wäre?

Dass sie nicht zitternd in seinen Armen liegen würde?

Doch das Verlangen brannte so heiß in seinen Adern, dass er ihm nachgeben musste.

Vorsichtig versuchte er seine Hüfte zu drehen, damit Linaew nicht seine schmerzhafte Erregung spürte, welche sich deutlich unter dem dünnen Stoff seiner Hose wölbte.

Jedoch erstarrte der Ellon in seiner Bewegung, als er hörte, wie Linaew unablässig eine Entschuldigung nach der nächsten murmelte, während sie ihren Kopf gegen seine Brust drängte und ihre Hände sich in ihren Haaren verfingen.

„Melme nîn..." Der Fürst richtete sich auf, nahm ihre Hände und löste behutsam ihren verkrampften Griff, damit sie aufhörte, sich selbst wehzutun. „Hör bitte auf, elen nîn. Díhenannin. Es tut mir so leid, Linaew, so leid."

Doch die Elbin schüttelte nur abwehrend den Kopf. „Ich will dir doch vertrauen!", flüsterte sie verzweifelt. „Ich muss dir vertrauen."

Entsetzt verharrte Thranduil, ruhig ihre schmalen Hände in seinen haltend. „Díhenannin, melethril. Ich habe dich überfordert." Kummer lag auf seinem schönen Antlitz und ließ sein Gesicht schmerzverzerrt wirken. „Saes, zwinge dich nicht dazu. Lass dir Zeit." Er holte Luft. „Lass uns Zeit."

Ihre Augen waren gerötet, die Wangen nass von ungezählten Tränen, als sie ihn anblickte und langsam begann, ruhiger zu werden. Doch obwohl sie ihn ansah, schien sie nicht hier zu sein.

Der Sohn Orphers konnte förmlich sehen, wie viel in ihrem Kopf vorging.

Letztendlich wandte sie betroffen den Blick ab und schaute durch die großen Fenster des Schlafgemaches über die Wipfel des Düsterwaldes.

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