Epilog ~ Teil 2

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15. März 3019 Drittes Zeitalter

Esdalán schloss den Verschluss der schwarzen, mit Metallfäden durchwirkten Tunika. Darunter trug Thranduil ein feines Kettenhemd aus Mithril, es wurde durch den Stoff der Tunika gänzlich verborgen.

Sein Kammerdiener nahm einen weiteren Teil der Kriegsrüstung vom Ständer und legte es ihm an. Zusammen mit den Teilen der Rüstung, die einen scheinbar nur unzureichenden Schutz boten, sollte es die Gegner dazu verleiten, die ungeschützten Bereiche treffen zu wollen.

Um das zu erreichen, musste ein feindlicher Angreifer seine eigene Körperdeckung aufgeben und Thranduil wusste diesen Vorteil geschickt zu nutzen. Noch nie hatte ihn eine Klinge verletzt. Das Kettenhemd war so an seinen Körper angepasst, dass es sich eng um Oberarme, Brustkorb und Hüften schmiegte, jedoch die Bewegungsfreiheit nicht einschränkte.

Schließlich zog Esdalán die letzte Kette fest; die Rüstung saß perfekt.

Thranduil deutete auf die Beinschienen und die mit Eisen beschlagenen Stiefel. Die hohen schwarzen Stiefeln, eng anliegend und mit ins Leder geprägten Ranken verziert, umschlossen die schlanken Beine bis zu den Knien.

Thranduil zog erst die linke, dann die rechte Klinge aus den Schwertscheiden an seiner Hüfte. Er betrachtete im Schein der Lampe die Spiegelungen des Wellenschliffs und erfreute sich an der Meisterarbeit Celebrimbors, ehe er ein wenig die Klingen tanzen ließ. Sie wiesen trotz des intensiven Gebrauchs in den letzten vierhundert Jahren weder Scharten noch Kratzer auf.

Schließlich steckte er die Zwillingsschwerter zurück und wählte einen leichten Mantel, den er über seine Rüstung warf, und verließ das Zelt. Er trat in das trübe Morgenlicht. Seine wartende Leibgarde gesellte sich zu ihm.

Sein Blick schweifte über die Zelte. Hier und da stieg Rauch von Lager- oder Küchenfeuern auf. Leise säuselte der kalte Wind, brach sich an den emporgereckten Lanzen und sang in den Zeltharfen. Eine blutrote Sonne ging über den Eisenbergen auf.

Der kalte Wind nahm ihm den Atem, ließ seine Hoffnung auf Frieden erstarren.

Er wehte aus dem Osten.

Er wehte aus Dol Guldur.

Thranduil hob den Kopf und blickte nach Nordosten, wo sich eine lange Ebene zwischen dem Düsterwald und dem Erebor erstreckte. Aus der Dämmerung, die noch zwischen den Zelten herrschte, trat seine Familie zu ihm. Niphredil, seine geliebte Tochter, die Zwillingsschwester von Ninglor, führte Heldir, ihren jungen, noch schlachtenunerfahrenen Hengst am Zügel.

„Dies ist nun die Stunde. Die große Schlacht unserer Zeit", murmelte Thranduil.

„Ich wünschte, Legolas wäre hier, adar", flüsterte Niphredil bedrückt. „Wo er wohl gerade ist?" Dabei redete sie beruhigend auf ihren Hengst ein, der in ein unruhiges Seitwärtstänzeln übergegangen war.

Thranduil zuckte mit den Achseln, die Eisensegmente seiner Rüstung klirrten leise.

„Alistani, iell nîn."

Thranduil wandte sich beim Klang der geliebten Stimme seiner Gemahlin um.

Unverzagt schritt Linaew voran. Die linke Hand ruhte am geschwungenen Schwertgriff. Die tiefschwarze Rüstung ließ die Königin der Tawarwaith wie eindrohender Vorbote wirken,  die Intarsien sowie die Ziselierungen aus Mithril schienen durch die Sonnenstrahlen aufzuglühen. Das dunkle Haar lag, teilweise mit kunstvollen Zöpfen und silbernen Ketten verziert, lang und glatt auf ihrem Rücken. Ihre Hauptmänner begleiteten sie, hielten jedoch respektvollen Abstand zu ihrer Heerführerin.

Thranduil verfolgte, wie sich seine Gemahlin näherte, wie der Staub unter den beschlagenen Stiefeln aufstieg, welche Abdrücke die Sohlen hinterließen.

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