♦ 2. Kapitel

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»Mallory!«

Die Stimme der Person war tief und rau, aber dennoch so angenehm, dass sie mir einen Schauer über den Rücken jagte. Doch die Person klang auch besorgt. Und die Stimme klang verzerrt. Ich drehte mich im Kreis, aber um mich herum war nur Dunkelheit. Alles war schwarz und es war nichts zu erkennen. Das Einzige, was ich hörte, war mein Atem und immer wieder, wie diese Person meinen Namen rief.

»Mallory!«

Etwas an der Art, wie die Person meinen Namen rief, verursachte ein merkwürdigendes Kribbeln in meinem Bauch und ließ mein Herz schneller schlagen. Die Stimme schien immer näher zu kommen, während ich mich abermals im Kreis drehte. Meine Hand streckte sich in die Dunkelheit, um ihn zu erfassen, doch ich fasste ins Nichts. Dann erklang plötzlich ein Reifenquietschen, lautes Gepolter und es wurde immer lauter.

Mitten in der Nacht wachte ich auf. Hektisch sah ich mich um. Das war nur ein Traum... Und doch... Mich ließ das Gefühl nicht los, dass sich hier jemand befand. Dass mich jemand beobachtete. Doch als meine Augen den dunklen Raum scannten, konnte ich niemanden ausmachen.

»Hallo? Ist da wer?« Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Es war still. Zu still. Mein Herz schlug immer schneller in meiner Brust, da alles in mir sagte, dass dort jemand war. Doch je länger der Moment ging, desto mehr begriff ich, dass ich auch einfach nur Übertreiben konnte. Vermutlich war ich zu viel mit komischen Mitteln aus dem Krankenhaus vollgepumpt und konnte somit nicht mehr klar denken. Also ließ ich mich langsam in mein Kissen zurücksenken und schloss meine Augen. Lauschte meiner Atmung, die sich langsam wieder beruhigte. Aber das Gefühl noch immer beobachtet zu werden, ließ mich einfach nicht los. Und doch schlug mein Herz nicht schneller. Stattdessen beruhigte mich irgendetwas, von dem ich nicht genau wusste, was es war. Doch kurz darauf versank ich wieder in meinen Träumen.

***

Grummelnd blinzelte ich gegen das grelle Licht, welches mich an diesem Morgen weckte. Langsam öffnete ich meine Augen und sah mich um. Es war noch niemand zu sehen. Mein Blick glitt aus dem Fenster. Die Sonne schien herein und ließ den Tag etwas freundlicher wirken. Und obwohl ich glaubte Vögel zwitschern zu hören, konnte das meine Stimmung nicht bessern. Hier in diesem Zimmer zu liegen und nicht zu wissen, was in den letzten drei Jahren passiert war, war die reinste Hölle. Besonders, da man überwiegend alleine war und sich so nur noch mehr Gedanken machte. Man wollte unbedingt wissen, was passiert war, konnte es aber nicht. Und genau da lag das Problem.

Ich war alleine. Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Sie ließen mir nur beim Schlafen eine Pause. Und jetzt wo ich wieder wach war, überrollten sie mich sogleich. Würde ich jemals wieder wissen, was in den letzten drei Jahre passiert war? Würde ich je wieder wissen, was ich alles getan hatte? Würde ich wieder wissen, wer mich anscheinend mobbt? All diese Fragen beschäftigten mich sehr und ich kannte keine Antwort darauf, was alles nur noch schlimmer machte. Es tat weh. Besonders, da mich vermutlich niemand wirklich verstehen konnte. Niemand den ich kannte, hatte sein Gedächtnis verloren, oder?

Es war frustrierend, dass ich mir nicht einmal in der Sache sicher war. Das war es wirklich. Und wenn ich ehrlich war, brachten mich diese Gedanken noch um. Seufzend fuhr ich mir über das Gesicht und wünschte mir nichts sehnlicher, als diesen weißen Raum endlich zu verlassen. Langsam aber sicher schienen die weißen Wände näher zu kommen und mich zu erdrücken. Alles war so trostlos hier drin. Genau wie ich mich fühlte. Und dieses Gefühl wollte ich nicht länger. Nicht, wenn ich auch nach Hause gehen konnte und mich ablenken konnte. Doch leider schien mein Wunsch nicht in Erfüllung zu gehen. Kaum hatte ich meine Gedanken zu Ende gedacht, kam eine Krankenschwester herein, um mich zu untersuchen. Es würde also noch länger dauern, bis ich hier raus könnte.

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