♦ 14. Kapitel

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Meine Hände waren fest um die Haltegriffe der Maschine befestigt. River fuhr etwas zu schnell, worüber ich mich aber nicht beschwerte. Im Gegenteil. Ich genoss regelrecht das Kribbeln in meinem Bauch und das Adrenalin, welches durch meine Adern floss. Zu erst hatte ich meine Arme um seinen Bauch schlingen wollen, so wie in diesen Filmen immer. Doch dann hatte ich nicht gewusst, ob ihm das gefallen hätte. Also hatte ich beschlossen mich einfach an den Griffen festzuhalten. Ehrlichgesagt war ich auch zu müde, um mir noch über irgendwas Gedanken zu machen.
»Bin ich zu schnell, Rainbow?«, rief River über den Lärm des Motors hinweg. Über seine Schulter hinweg warf ich einen Blick auf den Tacho. 90 km/h mitten in der Stadt. Und obwohl ich eigentlich ja sagen sollte, wollte ich nicht. Mir war sogar bewusst, dass River einen Umweg fuhr, damit er mehr Zeit mit mir verbringen konnte. Aber es war mir egal. Es war mir ganz recht. Irgendwie. Und das verschreckte mich auf der anderen Seite fühlte es sich aber auch richtig an. »Nein, alles okay!«, rief ich zurück und er nickte. Er wurde noch ein kleines Stück schneller und ich schloss genüsslich die Augen. In diesem Moment fühlte ich mich frei. Schwerelos. Glücklich. Die Vergangenheit geriet in den Hintergrund. Genauso wie meine Sorgen. Es gab sie für einen Moment nicht mehr.

Aber alles Schöne hatte einmal sein Ende, hatte mir mal jemand gesagt. Und diese Fahrt hatte schneller ein Ende, als mir lieb war, als River um die Ecke bog und erheblich langsamer wurde. Innerlich stieß ich ein trauriges Seufzen aus. Obwohl ich vorhin nur nach Hause gewollt hatte, wollte ich jetzt noch für den restlichen Tag mit River durch die Gegend fahren. Dieses Gefühl der Freiheit spüren und auf den Rest scheißen. Doch das würde nicht so schnell passieren. Langsam öffnete ich meine Augen. Erkannte meine Straße. Eigentlich sollte ich erleichtert sein. Gleich würde ich die Tür hinter mir schließen und könnte in Ruhe nachdenken.
Ohne, dass River oder Mace in der Nähe wären. Doch ich wollte nicht. Noch nicht. Irgendwie. Hinter River auf der Maschine zu sitzen hatte sich vertraut und richtig angefühlt. So richtig. Als würde ich dort hingehören. Klang das verrückt? Ja, ja das tat es. War es mir egal? Ja, in diesem Moment schon. Doch schließlich kam River zum Stillstand und stellte den Motor aus. Für einen Moment blieb ich still sitzen. Rührte mich nicht. Dann drehte River seinen Kopf zu mir. Ein Schmunzeln auf den Lippen. »Meinetwegen können wir den ganzen Tag auf meiner Maschine bleiben. Aber ich müsste mal für kleine Jungs und meine Schwester wartet sicher schon auf mich.« Blut schoss mir in die Wangen und ich nickte. Schnell stieg ich von seiner Maschine, was eher albern als elegant aussah. Innerlich sah ich den Vergleich von mir und einem Mädchen aus diesen Filmen vor mir. Dieser wurde aber durch Rivers Lächeln vertrieben. Seine Augen funkelten mir warm entgegen. Wie zwei Smaragde. Mein Herz machte einen Satz.

»Bis morgen, River«, murmelte ich dann leise und gab ihm mit roten Wagen den Helm zurück. River lächelte mich nur an und nickte. »Bis morgen. Viel Spaß bei deinem Date später.« Etwas irritiert hielt ich inne und verstand nicht so ganz, warum River dieses Thema freiwillig ansprach. Dennoch spielte ich mit. Ich warf einen Blick auf die Uhr am Tacho. »Hoffentlich schaffe ich es, mich in vier Stunden herzurichten«, witzelte ich, um ihm nicht zu zeigen, dass ich eigentlich keine Lust mehr darauf hatte. River runzelte die Stirn. »Ich würde auch so mit dir auf ein Date gehen, Rainbow. Du siehst toll aus.« Überrascht sah ich ihn an und war etwas sprachlos. Alles in mir schrie, dass ich mich bedanken sollte aber irgendwie hatte ich vergessen, wie man das Wort nochmal aussprach. Und bevor ich etwas sagen konnte, stieg River von seiner Maschine und schob es auf die andere Straßenseite.
Für einen Moment sah ich ihm etwas sprachlos hinterher, dann beschloss ich ins Haus zu gehen. Doch ich konnte mich nicht von seinem Anblick losreißen. Selbst, als ich immer schon auf den Weg zum Haus war, wandte ich meinen Blick immer wieder über meine Schulte um ihn zusehen. Doch schlussendlich verschwand er im Haus und ich kam mir bescheuert vor. Ich hatte heute ein Date, verdammt! Da konnte ich doch River nicht hinterhersehen! Seufzend sperrte ich die Türe auf und rief mich zur Vernunft. Heute Abend würde ich die Wahrheit herausfinden. Komme, was wollte. Zu dem Zeitpunkt wusste ich ja nicht, dass jemand meine Pläne durchkreuzen würde...

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