♦ 15. Kapitel

2.4K 157 1
                                    


Das Gefühl, welches in meinem Bauch entstand, konnte man nicht beschreiben. Es fühlte sich an, als würden tausend Raketen gleichzeitig in die Luft gehen. Dort, wo seine Finger meine Haut berührten, fühlte es sich an, als würde Feuer über meine Haut tänzeln. Allgemein schien mein Körper in Flammen zu stehen. Sein Kuss war sanft und doch gleichzeitig wild und fordernd. Er küsste mich, als würde sein Leben davon abhängen. So als würde das letzte Kuss sein, den wir beide teilen würden. Ohne meinen Körper groß zu steuern legten sich meine Arme um seinen Nacken und ich zog ihn näher an mich heran. So nah, dass kein Blatt mehr zwischen uns passte. Seine Hände verließen meine Wangen und wanderten an meine Hüfte. Dort lagen sie. Besitzergreifend und doch so sanft und vorsichtig, als könnte ich jeden Moment zerbrechen.
Die Temperaturen schienen gleich um 20 Grad anzusteigen. Es gab nur noch uns. Es fühlte sich an, als würde ich schweben. Ich wusste nicht genau, ob das mein erster Kuss war, da ich nicht wusste, ob ich in den letzten drei Jahren jemanden geküsst hatte, doch wenn das mein erster Kuss war, dann war er perfekt. Mit einem Mal zog er mich an der Hüfte noch näher an sich, weswegen ich leicht in den Kuss keuchte, was ihn grinsen ließ.

Und obwohl es sich anfühlte, als würde mein Herz mir jeden Moment aus der Brust springen und ich sicher war, dass er das spüren konnte, so nah wie wir uns gerade waren, wollte ich nicht, dass der Kuss aufhörte. Ich wollte das den ganzen Tag machen. Ich war süchtig. Süchtig nach diesem Gefühl in mir, wenn er mich so küsste. Und gleichzeitig war es aber auch etwas komisch. Ich erinnerte mich kaum an ihn, doch küsste ihn, als würde ich ihn ewig kennen. Konnte man jemanden so küssen? Mein Kopf schaltete sich allerdings aus, als seine Zunge über meine Lippen fuhr. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen und auch auf meinem Rücken. Ich lehnte mich noch mehr an ihn, als es ging und wollte nicht, dass er jemals aufhörte. Doch anscheinend war er kein guter Gedankenleser, denn etwas später löste er sanft seine Lippen von den meinen. Er atmete schwer und lehnte seine Stirn gegen meine.
Stumm sahen wir uns in die Augen.
Niemand von uns sagte etwas. Es herrschte Stille, während ich in seinen grünen Augen versank und nicht mehr zu entkommen schien. In seinen Augen herrschte ein Sturm an Emotionen. So viele Emotionen gleichzeitig, dass ich mir schwertat, sie zuzuordnen. Doch ich konnte nicht leugnen, dass sein intensiver Blick mich etwas aus der Fassung brachte und meine Knie weich wurden.

Kurz darauf drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. »Gute Nacht, Rainbow.« Dann verschwand er und schob seine Maschine auf die andere Straßenseite. Lange und nachdenklich sah ich ihm hinterher. Noch immer spürte ich seine Lippen auf den meinen und noch immer löste dieses Gefühl ein Kribbeln in meinem Bauch aus. Aber nicht nur mein Bauch kribbelte. Auch meine Lippen kribbelten. Sehr stark sogar. Für meinen Geschmack etwas zu stark. Und obwohl River jeden Moment im Haus verschwinden könnte und ich nur noch seine Silhouette sah, da es langsam dunkel wurde, konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden.
Es war, als wäre er ein Magnet und ich ein Nagel, der angezogen wurde. Ich konnte einfach nicht anders. Ich wollte aber auch nicht anders. Schlie0lich drehte River sich noch einmal um und blickte mich über die Schulter hinweg an. Ich glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, doch sicher war ich mir nicht. Dann verschwand er im Haus und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Und obwohl die Tür schon lange zu war, stand ich immer noch an der gleichen Stelle und rührte mich nicht.

Keine Ahnung, warum ich mich nicht gerührt habe. Etwas in mir wollte sich einfach nicht rühren. Ein Teil von mir wollte dieses Ereignis eben so lange wie möglich genießen. Sich daran erinnern, in der Angst, wenn ich das Haus betrete, dass der ganze Zauber dann endgültig vorbei ist, was ziemlich dumm ist, meiner Meinung nach, aber meine Füße wollten sich nicht bewegen. Noch nicht jedenfalls. Aber sobald die ersten Lampen in der Straße ansprangen, erwachte ich aus meiner Starrte und lief auch das Haus zu. Noch immer mit meinen Gedanken an den Kuss. Genau wusste ich nicht, was die ganze Sache zu bedeuten hatte aber ich wollte es auch nicht. Oder? Innerlich seufzte ich. Würde River sich jetzt wieder von mir distanzieren? Einfach so? Oder bedeutete ihm der Kuss etwas? So viele Fragen und schon wieder keine Antworten. Langsam aber sich regte mich das auf. Es war frustrierend. Alle wussten etwas über mein Leben, nur ich nicht. Und jetzt warfen River und Mace immer mehr Fragen auf, die ich nicht beantworten konnte und die sie mir auch nicht beantworteten. Das war der größte Scheiß.
Und ich spürte, dass ich langsam aber sicher meine Geduld verlor. Ich wollte endlich die Wahrheit wissen. Ich wollte endlich wissen, was vorgefallen war und warum sich River und Mace so verhielten. Die Frage war nur, ob ich das jemals würde. Denn River würde mir nicht die ganze Wahrheit alleine erzählen. Mace musste mir seinen Teil erzählen. Nur die Frage war, ob er lügen oder ehrlich sein würde. Diese ganzen Fragen machten mich müde. Träge öffnete ich die Türe und trat herein. Für einen Moment wollte ich einfach nur meine Ruhe. Doch da hatte ich meine Eltern vergessen, die mittlerweile auch wieder da waren. Innerlich seufzte ich. Alles in mir wollte nur noch ins Bett, damit ich diese vielen Fragen einfach vergessen konnte.

Lost souls ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt