Kapitel 2

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Gabriellas P.O.V.

„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, Liam. Wir kennen uns kaum und… ich brauche viel Vertrauen für so etwas“, sagte ich, nachdem auch ich meine Kaffeetasse geleert hatte.

Er nahm meine Hand und sah mir direkt in die Augen. „Glaub mir, wenn du schon ein bisschen Erfahrung hast, wird dir das alles mit deinem nächsten Freund viel leichter fallen. Du kannst mir vertrauen, ich will dir nur helfen.“

Mir helfen? Wieso sollte ein wildfremder Kerl mir einfach so helfen wollen? „Sag mal, bekommst du im Moment keine ab oder wieso musst du es jetzt bei mir versuchen? Und das auch noch mit so einer bescheuerten Masche“, sagte ich und hob eine Augenbraue, während ich mein Arme vor der Brust verschränkte und mich zurück lehnte.

„Weißt du was? Überleg es dir einfach“, sagte er, nahm sich den Block und den Kugelschreiber, der auf dem Tisch lag, und schrieb etwas darauf. „Ich muss jetzt los. Aber wenn du auf mein Angebot zurück kommen willst…“, begann er und schob mir den Block wieder zu, auf dem seine Nummer stand. „Dann melde dich bei mir. Und wenn nicht, dann nicht. Ich gebe dir zwei Tage.“

Während ich ihn zur Türe begleitete, dachte ich ernsthaft über das Ganze nach. Doch ich versuchte immer, es mir selbst auszureden. Zu meinem Glück funktionierte das auch ziemlich gut.

„Bis dann“, verabschiedete ich mich bei ihm, bevor er schweigend aus meiner Wohnung verschwand und ich die Türe wieder ins Schloss fallen ließ.

Mit einem Seufzen, welches meinen Lippen entwich, ging ich zurück ins Wohnzimmer und ließ mich auf mein Sofa fallen. Ich starrte nur an die Decke und dachte darüber nach, was er mir alles beibringen könnte. In meiner nächsten Beziehung könnte das so verdammt hilfreich sein.

Schließlich schloss ich meine Augen und wachte erst wieder auf, als es draußen schon stockdunkel war. Also beschloss ich aufzustehen, ging dann in mein Schlafzimmer und legte mich einfach in mein Bett. Doch ans Schlafen konnte ich nicht mal mehr denken. Viel zu viele Gedanken über Liam und seine Worte schwirrten in meinem Kopf herum. Und ich suchte verzweifelt nach einer Antwort. Nach Gründen, die dafür- und nach Gründen, die dagegen sprachen.

*

Tag Nummer Zwei, seit Liam mit zu mir nach Hause gegangen und mir dieses komische Angebot gemacht hatte. Doch ich war immer noch dagegen, denn es war einfach keine gute Idee. Mein erster richtiger Kuss und meine restlichen ersten Male sollten etwas Besonderes werden.

Wieder begab ich mich in die Bibliothek, begrüßte Mrs. Jones – das war bereits wie ein Ritual für mich, wenn ich hier auftauchte – und setzte mich dann in die Musikabteilung, direkt am Eingang. Wie vor zwei Tagen schon geplant, nahm ich mir die Biographie Brahms‘, setzte mich hin und schlug die Seite auf, bei der ich gezwungenermaßen aufhören musste, um fortzufahren.

„Na wenn das nicht mal die kleine virgin Gabriella ist.“ Ich vernahm eine mir nur allzu bekannte Stimme, von der ich ehrlich gesagt gehofft hatte, dass ich sie nie wieder hören müsste. „Welch ein Wunder, dass sie sich immer noch hier verkriecht“, sagte die Stimme.

Ich sah auf und blickte direkt in die grünen Augen von Michelle Peterson. Die oberste Zicke an meiner ehemaligen Schule. Natürlich konnte man das Mädchen, welches einem zehn Jahre seines Lebens schwer gemacht hatte, nicht vergessen, so sehr man es auch versuchte.

„Wieso sollte sie wo anders hingehen? Das hier ist wohl der einzige Ort, an dem man noch weniger Kerle abkriegt, als in einer verlassenen Holzhütte mitten im Wald“, mischte sich nun auch ihre kleine Anhängerin, Corina O’Brien ein. Corina war die größte Klette, die es gab. Und sie hatte sich an Michelle gehängt, also wusste ich nicht, mit wem von den beiden ich mehr Mitleid haben sollte. Allerdings wunderte es mich, dass die beiden vier Jahre nach unserem Abschluss immer noch miteinander rum hingen.

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