8.Kapitel

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Als wir am Flughafen ankommen, regnet es wie aus Eimern.

Dicke Tropfen prasseln auf den Asphalt, der sich im Laufe des Tages aufgeheizt hat und Wasserdampf hüllt uns ein, als wir aus dem Taxi steigen. Die Jacke, die Louis mitgebracht hat, passt gut und ich bin gerade ganz froh darüber, dass ich sie habe, sonst wäre ich binnen Sekunden nass bis auf die Haut. Zugeben würde ich das Louis gegenüber natürlich nicht.

Ich war noch nie am Flughafen, aber Louis scheint sich in diesem Bereich deutlich mehr auszukennen. Wir flüchten uns erst einmal unter ein Vordach, um uns zu besprechen. „Was machen wir jetzt?", fragt Louis und sieht mich an. „Ich denke, es wird besser sein, wenn ich erstmal aus dem Land verschwinde, bis sich die Wogen geglättet haben", erkläre ich ihm meinen Gedankengang und Louis nickt. „Okay, gut. Dann lass uns das machen. Wohin willst du?", willigt Louis sofort ein und ich mache große Augen, dass er den Vorschlag gleich annimmt, und nicht versucht, mich dazu zu überreden, erstmal nur die Stadt zu verlassen.

Wohin ich will? Was ist das für eine Frage? Ich habe keine Ahnung.

Louis zieht die Kreditkarte aus der Tasche und wedelt damit herum, wobei er grinst: „Wir können überall hin, ich zahle das." Mein Blick fällt auf die Karte und mir kommt ein Gedanke, der den Plan ziemlich schnell durchkreuzen könnte. „Die Karte ist nicht gerade vorteilhaft für uns", sage ich und nehme sie Louis aus der Hand. „Wie viel kannst du da mit einem Mal abheben?"

„Wenn ich kurz bei der Bank anrufe, dann kriege ich 9900 Pfund am Automaten, ansonsten nur 2000, wieso willst du das wissen?", erklärt Louis und sieht mich fragend an. Ich gehe allerdings darauf nicht ein. „Gut, dann rufe bei der Bank an und besorge das Geld, dann zerschneiden wir die Karte." Sofort wird Louis Blick entsetzt. Natürlich, denn mein Vorschlag klingt ja auch vollkommen absurd für ihn. Aber ich will einfach vermeiden, dass man unsere Reise anhand der Kreditkarte verfolgen kann. Wenn wir bar bezahlen, sind wir auf der sicheren Seite.

„Kreditkarten kann man nachverfolgen und ich habe keine Lust darauf, von der Polizei verhaftet zu werden, sollten sie nach dir suchen. Also ruf deine Bank an und regle das. Ich sehe mich in der Zeit nach einem Flug um."

Gesagt getan. Louis klemmt sich an ein Telefon und ich bekomme sein Handy. Last Minute Flüge sind schnell gegoogelt und ich scrolle mich durch die Angebotsliste. Schnell habe ich einen Flug gefunden, der in etwa einer halben Stunde geht. Da ist verdammt knapp und ich gestikuliere zu Louis hin, damit er sich beeilt. Er zeigt mir den Daumen nach oben, legt auf und geht zu einem Geldautomaten. Während er das Geld abhebt, stelle ich mich in der Schlange des Last Minute Schalters an und sehe immer wieder nervös auf die Uhr und über die Schulter. „Was ist? Glaubst du, die finden uns hier am Flughafen?", lacht Louis und taucht neben mir auf. Er zieht die Hand aus der Innentasche und flüstert. „Jetzt darfst du mich nicht verlieren. Ich bin 9900 Pfund wert."

„Gib mir deine Kreditkarte", gebe ich daraufhin zurück und Louis reicht sie mir nach einigem Zögern. Aus Erfahrung weiß ich, dass man eine Kreditkarte nicht einfach so zerstören kann. Sie zu verbiegen bringt nichts, man muss sie in Kleinteile zerschneiden. Leider habe ich keine Schere und die anderen Fluggäste mit Sicherheit auch nicht, immerhin darf man die ja nicht in den Flieger mitnehmen. „Okay, wir machen sie später kaputt", beschließe ich und schiebe die Karte in meine Innentasche. „Ähm, das ist meine, kann ich die vielleicht zurückhaben?", fragt Louis und ich schüttele den Kopf: „Nichts da, das ist mein Pfand, damit du bei mir bleibst und nicht plötzlich abhaust", gebe ich zurück.

Das mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ich bin auf Louis und sein Geld ein Stück weit angewiesen und ich bin sicher, dass er nicht abhaut, wenn ich seine Karte noch habe. Wenn ich erstmal im Ausland bin, dann kann er sie gerne zurückhaben und sich verkrümeln, sollte er keine Lust mehr auf Abenteuer haben, dann mache ich eben allein weiter. Aber jetzt gerade will ich nicht, dass uns jemand anhand der Karte verfolgen kann und weil ich den Verdacht hege, dass Louis eigentlich keine Ahnung hat, wie das Leben hier draußen so abläuft, nehme ich die Kreditkarte sicherheitshalber in Verwahrung.

9-2-9 • Buch I (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt