15.Kapitel

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Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlage, ist es bereits hell draußen und gleißendes Sonnenlicht fällt in mein Zimmer.

Genüsslich drehe ich mich auf die Seite, strecke mich ausgiebig und wickele mich in meine Decke ein. Es ist einfach viel zu bequem, um aufzustehen und so bestelle ich mir Frühstück aufs Zimmer.

Wie dekadent. Aber cool.

Im Bademantel öffne ich die Tür, als es klopft und das Zimmermädchen schiebt einen kleinen Wagen mit dem Tablett herein. „Guten Morgen", sagt sie freundlich und platziert den Wagen neben einem Sessel am Fenster. „Wenn Sie fertig sind, klingeln Sie einfach, dann hole ich es wieder ab." Sie hebt den Blick und lächelte mich an. Eine hübsche junge Frau ist sie und ich kann nicht anders, als ein bisschen zu flirten. „Holen Sie denn das hier wieder ab?", frage ich freundlich und sie erwidert meinen Blick. Es ist nicht zu erkennen, ob sie meinen Spruch doof findet, oder nicht, sie lächelt einfach weiter und sagt dann: „Vielleicht – wenn ich Zeit habe."

Um es gleich zu sagen: sie schien keine Zeit gehabt zu haben, denn als ich fertig bin und den Zimmerservice anrufe, taucht eine andere Frau auf, die sich auch recht schnell wieder davon macht. Bestimmt hat die Kollegin sie vorgewarnt und ich komme mir ein wenig dumm vor, einen solchen Satz gesagt zu haben. Ich wollte nur ein bisschen flirten und sie hat sicherlich gedacht, ich bin der Art von Gast, der versucht, Zimmermädchen abzuschleppen. Mit Sicherheit war ich das Gesprächsthema des Vormittags.

Nach einer ausgiebigen Dusche ziehe ich mich an und beschließe mal bei Louis vorbei zu schauen. Nicht, dass der noch im Koma liegt. So viel hat er allerdings gar nicht getrunken, um einen richtig heftigen Kater bekommen zu haben und ist sicherlich schon munter. Trotzdem klopfe ich leise an seine Tür, denn ich habe keine Lust, von ihm angemeckert zu werden. Das leise Rauschen eines Fernsehers ist zu hören und dann öffnet er mir. „Guten Mittag", sagt er und tritt beiseite, damit ich reinkommen kann. „Na, bist du schon lange wach? Was macht dein Kopf?", frage ich und betrete das muffige Zimmer. Es riecht nach Teenager und ausgedünstetem Alkohol. Ich wünsche mir, dass er einen Kater hat, um alle Seiten des Alkoholkonsums zu erleben, doch ich werde enttäuscht, denn er schüttelt den Kopf: "Keine Kopfschmerzen, alles super." Mist, diese Jugend verträgt einfach zu viel.

„Was hältst du vom Öffnen eines Fensters?", schlage ich vor und öffne mit einem lauten Ratschen die schweren Vorhänge. „Och, frische Luft wird überbewertet", winkt Louis ab und wirft sich wieder aufs Bett. „Hast du schon gegessen?"

„Ja, ich hab Frühstück aufs Zimmer bestellt", antworte ich und setze mich an den Rand des zerwühlten Bettes. Wie es aussieht, hat Louis ganz gut geschlafen. Das war sicher der Alkohol. „Das hab ich auch gemacht und dann lief dieses Fußballspiel und ich dachte, ich schau mal rein. Aber ich kenne diese Vereine nicht. Spannend ist es aber trotzdem."

Ein Fußballfan also. Gerade noch so kann ich mich davon abhalten, die Augen zu verdrehen und nehme mir stattdessen einen letzten Rest Rührei, den Louis übriggelassen hat. „Du magst Fußball nicht so?" Er legt den Kopf schief und sieht mich ungläubig an, woraufhin ich die Schulten zucke: „Wäre das denn so schlimm? Ich konnte mich nie wirklich für Sport begeistern. Es lag mir einfach nie. Ab und zu gehe ich in London in ein Fitnessstudio, aber so unregelmäßig, dass ich gar kein Abo dort abgeschlossen habe. Ich will kein Geld zum Fenster rauswerfen. Apropos, hast du heute vor, das Hotel zu verlassen, oder willst du hier rumgammeln? Immerhin sind wir in Berlin, da könnten wir uns die Stadt noch ein wenig ansehen." Mein Vorschlag stößt auf pure Begeisterung, denn Louis dreht sich auf den Rücken und gähnt.

Wie kann man denn nur so antriebslos sein? Immerhin hat er heute lange geschlafen und könnte fit sein. Doch egal, was ich heute auch vorschlage, er will im Hotel bleiben und Fernsehen – obwohl er kein Wort versteht. Eine Weile bleibe ich noch neben ihm sitzen, dann entschließe ich mich dazu, Berlin eben ein wenig allein zu erkunden. Immerhin haben wir viele Sehenswürdigkeiten fußläufig vom Hotel entfernt. Nachdem ich mir die Jacke übergezogen habe, starte ich noch einen letzten Versuch, Louis dazu zu bewegen, doch mitzukommen, doch er will nicht und ich gehe allein.

9-2-9 • Buch I (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt