20.Kapitel

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Wir spielen an diesem Abend nicht mehr weiter. Das Weinen und die dunklen Gedanken haben Louis müde gemacht und er ist recht bald eingeschlafen.

Ich sitze nun in meinem Bett, lese ein Magazin und horche immer wieder, ob es über mir im Stockbett noch ruhig ist. Nicht, dass er wieder weint und es mir entgeht.

Doch Louis schläft ruhig und das angenehme Wippen des Zuges lullt auch mich so langsam ein und als ich den letzten Artikel nicht mehr verstehe, lege ich die Zeitung beiseite und strecke mich auf dem Bett aus.

Meine innere Uhr weckt mich um kurz vor 8 Uhr am nächsten Morgen. Der Regen läuft an der Scheibe des Zugabteils herunter und dahinter ist nichts zu sehen, außer trostlosem Grau. Na toll, wir werden Basel im Regen kennenlernen. So ein Mist. Der Gedanke vermiest mir sofort die Laune und stöhnend ziehe ich mir die kratzige Decke über den Kopf. „Harry, alles okay?", fragt Louis und ich luge wieder unter meiner Decke hervor. Zuerst sehe ich seine Beine, die die Sprossen der Leiter heruntersteigen, dann taucht Louis vollkommen in meinem Sichtfeld auf und sieht mich interessiert an. „Was hast du?"

„Nichts, das Wetter ist scheiße...das ist doch doof", murre ich und sehe ihn leidend an. Louis lächelt und setzt sich zu mir auf die Matratze: „Ich finde das Wetter gar nicht schlimm, solange wir im Trockenen sitzen. Es hat doch was Romantisches, findest du nicht?"
Ich weiß nicht, ob ich das romantisch finden soll. Mein Kopf ist noch viel zu voll mit allem, was passiert ist und tief in mir spüre ich eine unangenehme Unruhe. Es wundert mich, dass ich überhaupt schlafen konnte.

„Was ist los?", fragt Louis und schnippt mit den Fingern, um meine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. „Nichts, ich habe mich nur gefragt, ob wir unseren Verfolger abschütteln konnten."

Louis scheint davon überzeugt zu sein, denn er nickt und lehnt sich an die Wand auf der anderen Seite des Bettes: „Ganz sicher. Die werden sicherlich an den Flughäfen nach dir suchen, aber wir haben ja den Zug genommen. Und in Basel nutzen wir unsere neuen Pässe, das wird sicher einfach."

Louis sagt das alles so locker, dass ich mich ebenfalls davon überzeugen lasse. Mein Handy ist ausgeschaltet, es kann also nicht geortet werden und bald haben wir andere Namen. Es kann im Grunde nichts passieren. Gut, Louis wird in England vermisst, aber das bedeutet ja nicht automatisch, dass ich deswegen in Schwierigkeiten stecke – immerhin ist er freiwillig mitgekommen. „Was haben wir eigentlich für Namen bekommen?", erkundigt sich Louis, steht auf und geht zu seinem Rucksack. Eine Weile kramt er darin herum und zieht schließlich den neuen Reisepass hervor. „William Austin. WILLIAM AUSTIN? Was ist denn das für ein Name?!", empört er sich und starrt den Ausweis mit gerunzelter Stirn an. „Was hast du denn? Klingt doch gut", sage ich und muss lachen, weil er so entrüstet aussieht. „Ja, aber William, das klingt total nach Klischee Britisch....wie heißt du denn?"

„Werden wir gleich sehen", gebe ich zurück und krame nun meinen Reisepass heraus. Der Name, den mir der Fälscher verpasst hat, lautet Edward Cox und ich finde den gar nicht so schlecht. Neugierig lugt mir Louis über die Schulter und bläst die Backen auf: „Na also, der ist doch okay...wieso hab ich so nen doofen Namen? Der Typ ist echt unkreativ."

„Reg dich ab, Kleiner, vielleicht kannte er nicht so viele englische Namen. Es ist doch auch egal, wie wir heißen, Hauptsache, die Pässe funktionieren."

Das Wetter wird nicht wirklich besser und als der Zug langsamer wird und in Basel einfährt, sehen wir die Stadt lediglich in einem Schleier aus Grau.

„Na, ist gut, dass ich die Regenjacken eingepackt habe, was?", zieht Louis mich auf, nachdem wir ausgestiegen sind und vor einem Snackschalter stehen, wo er die zusammengeknüllten Jacken aus seinem Rucksack zieht und mir eine davon in die Hand drückt. „Wie oft willst du es denn noch hören? Ja, es ist toll, dass du die mitgenommen hast, du bist der Tollste."

9-2-9 • Buch I (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt