Kapitel 16

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Marys Sicht

Mein Kopf lag auf meinen Armen auf dem Küchentisch und ich war kurz vorm Einschlafen. Doch ich horchte weiter aufmerksam in die Nacht, meine Ohren warteten auf die Geräusche eines Hubschraubers. Meine Augen beobachteten den Busch der im Mondschein vorm Küchenfenster schimmerte, wenn ein Helikopter landet wackelt er immer.

Brandon war schon mehrere Stunden weg und langsam begann ich mir Sorgen zu machen. Was wäre wenn sie auch gefangen wurden oder noch schlimmer erschossen? < Wo bleiben sie nur? >

Die beiden Soldaten an meiner Seite wechselten sich im Stundentakt ab mit schlafen und Wache halten. Denn so langsam war jeder hier müde. Ich aber wollte auf keinen Fall schlafen, ich will unbedingt Adam sehen. Ich war so in Gedanken dass ich es anscheinend doch nicht früh genug hörte, denn der Busch wackelt schon also landet bereits ein Heli. Ich ging zur Haustür und trat heraus, immer an meiner Seite meine beiden ''Wachhunde''. Also echt, Brandon ließ mich besser bewachen als die englischen Kronjuwelen.

Langsam legte sich der Staub und Gestalten traten in das mickrige Licht der kleinen Lampe auf der Terrasse. Ich erkannte sofort Brandon und James die mit zwei anderen eine Matte mit einem völlig leblosen Körper trugen. Meine Tränen waren schneller als meine Gedanken und ich stürzte auf den völlig entkräfteten Mann auf der Matte zu. Ich hätte Adam beinahe nicht erkannt, der Anblick schmerzte so sehr. Ich konnte aber nur seine körperlichen Schäden sehen, er selbst spürt mit Sicherheit jede Minute seiner Gefangenschaft noch Jahre lang.

Brandons Stimme drang langsam zu mir durch.

<< Hey Mary, alles wird gut. Sein Herzschlag ist in Ordnung und seine Wunden desinfiziert. Ärzte aus London sitzen wahrscheinlich schon im Flieger. Er schläft gerade einfach nur fest. Sein Körper spart Energie und er ruht sich aus. >>

Als ich verstand was er mir da erzählte war ich ein winziges bisschen erleichtert. Ich fuhr mir nervös durch meine Haare, die in lockeren Wellen herab fielen, und atmete auf.

<< Wir müssen ihn aber zu dir ins Haus bringen. Da ist es wärmer als im zugigen Container und wir haben mehr Platz. Es muss ein komplettes Krankenzimmer eingerichtet werden. >>

<< Äh klar, worauf wartet ihr dann? >>

Ich ging vor und öffnete die Tür des größten Gästezimmers welches gegenüber von meinem Zimmer lag. Die vier trug Adam herein und legten ihn auf dem Bett ab. Malaika kam gerade angelaufen, weil sie wohl auch von dem Heli aufgewacht ist. Sie machte sofort Kehrt als sie Adams Wunden sah und ging vermutlich an den Kühlschrank um ihre selbst gemachte Salbe zu holen.

Ich selbst stand nur in der Tür und war unfähig mich zubewegen, ich konnte nur stumm beobachten wie alle um Adam herum wuselten. Die zwei unbekannten Soldaten rollten die Vakuummatratze zusammen, Brandon betete Adams Kopf auf das Kissen und James deckte ihn vorsichtig zu. Er war drauf bedacht Adams Wunden nicht unnötig zu berühren. Es ist schon faszinierend diese so großen Soldaten die meistens einfach zu funktionieren schienen, so fürsorglich und liebevoll gegenüber ihrem Kameraden zusehen.

Brandon wandte sich zu mir um und meinte das er und James bei Adam bleiben würden. Ich nickte einfach stumm und ging über den schmalen Flur in mein Zimmer. Mein Bett war eiskalt als ich mir immer noch in meinen Klamotten hineinfallen ließ. Meine Kraft um mich aufzurappeln und sie auszuziehen steckte ich lieber in irgendwelche verwirrenden unklaren Gedanken.

Ich hatte keine Ahnung wie lange ich schon hier lag und meine Decke anstarrte, aber nach einer Zeit klopfte es leise und Malaika schob ihren Kopf herein.

<< Na, muss ich hier auch noch irgendwelche Wunden eincremen? >> Fragte sie mit ihrem typisch mütterlichen Lächeln. Ich deutete stumm auf mein Herz, worauf sie sich zu mir setzte.

<< Ach meine Kleine, er wird wieder. Es braucht nur Zeit. Du weiß doch, „was lange wärt, wärt endlich gut". >> Zitierte sie ein altes Sprichwort.

Ich nickte einfach nur erneut, die Erlebnisse der vergangenen drei Monate hatten mir mit einem Mal die Sprache verschlagen. Es war so schön und schrecklich zugleich, dass Adam wieder hier war. Schön war natürlich das er lebte und einfach wieder da war, das gab meinem Herz seine verlorene Sprungkraft zurück und es begann wild zu hüpfen wenn ich daran dachte, dass Adam genau gegenüber im Bett lag und friedlich schlief. Sein Zustand aber machte mich traurig, ich würde ihm die Schmerzen so gern abnehmen.

Das wiederum machte mir aber Angst, denn mein Herz hat sich schon lange für Adam entschieden doch mein Verstand hat scheinbar all seine Kraft gebündelt und brüllt nun so laut wie noch nie, „ Tu es nicht, Mary. Hast du denn nichts gelernt? Wir wissen doch beide, dass es einen guten Grund gibt warum wir Männern nicht so tiefes Vertrauen und unser Herz schenken." Dann flüsterte mein Herz entgegen, „ Boa, die dumme Ziege da oben im Kopf weiß auch gar nicht wann es Zeit ist die Klappe zuhalten. Du musst endlich wieder vertrauen. Malaika zählt da nicht, ich meine einen Mann und mit Vertrauen meine ich das tiefste Vertrauen deiner Seele. Ich weiß einfach, das Adam genau das verdient hat."

Mein Herz hörte ich merkwürdiger Weise aber doch ganz deutlich sprechen, obwohl mein Verstand sich bemühte es zu übertönen.

Ich fiel in einen unruhigen Schlaf indem mir verschiedene Alpträume begegneten, die sich alle zu einem vermischten. Zwei Männer die mein Herz erobert hatten standen sich gegenüber obwohl sie sich nicht einmal kannten. Der Teufel höchst persönlich und der Engel von gegenüber, William und Adam. Ich wachte schweißgebadet auf und fuhr mir durch meine nassen Haare. Es war kalter Schweiß. Oh Gott, ich habe seinen Namen gedacht. Damals hab ich mir geschworen diesen Namen nie wieder auch nur zu denken. Den Namen des Mannes, der mein Leben in wenigen Wochen bereicherte und dann aber in ebenso wenigen Wochen völlig zertrümmerte. Nachdem er hindurch gestampft war, ist von mir und meinem Leben nichts mehr übrig geblieben.

Ich bezog mein nass geschwitztes Bett neu und ging mich duschen. Als alles sich wieder frisch anfühlte schaffte ich es auch endlich mir einen gemütlichen Schlafanzug heraus zu suchen. An der Tür zum Gästezimmer stoppte ich plötzlich, meine Hand legte sich wie von selbst auf die Klinke. Ich muss einfach nochmal nach Adam sehen.

Im Zimmer brannte eine kleine Lampe, die das alles in goldiges Licht tauchte. James saß in einem Sessel neben Adams Bett und sortierte etwas in einem Rettungsrucksack während er das Gerät mit Adams Herztönen im Auge behielt. Er sah zu mir auf und schenkte mir ein mildes Lächeln. Ich ließ mich neben ihn auf einen klapprigen Hocker fallen. Keiner von uns beiden sagte etwas. Es lag fast völlige Stille im Zimmer, es war eine beruhigende Stille. Nach all den Monaten fand ich etwas Ruhe.

Alles was zu hören war, war der gleichmäßige Atem von Adam und Brandon, welcher auf der andern Seite des Bettes in einem Sessel eingeschlafen war und das leise piepsen des Gerätes vor James.

Ich begann damit mich auf Adams Atem und seine Brust die sich ruhig hob und senkte zu konzentrieren. Irgendwann döste ich weg und fiel so fast von dem Hocker, als James das merkte bestand er drauf zu tauschen und so schlief ich in aller Seelenruhe direkt neben Adams Bett, während draußen schon fast der Morgen herein brach.

< Ach Adam. >

War and Harmony so close togetherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt