▷ Cage The Elephant - Cold Cold Cold ◁
"Und Sie haben wirklich nichts geplant, Frau Großmann?" Herr Zesinski sieht mich fragend an, doch ich schüttle nur den Kopf.
"Meine Oma kommt mich besuchen. Und morgen vielleicht meine Eltern. Aber eigentlich will ich das nicht."
"Dann solltest du das deinen Eltern sagen, Lia", Anett sieht mich mahnend an.
"Das ist nicht so einfach", entgegne ich und ziehe die Schultern hoch.
"Daran kannst du aber wachsen, meine Liebe." Sie streicht mir kurz über den Arm und lächelt leicht.
Die Runde geht weiter und jeder teilt Herrn Zesinski seine Pläne für das Wochenende mit. Nach einer halben Stunde sind wir entlassen und ich treffe mich mit Leonie im Raucherpavillion. Ihre Gruppe war schon früher fertig, dementsprechend ist der Pavillion in erster Linie gefüllt mit Leuten aus der Merkur-Gruppe. Auch ein Riese mit sturmblauen Augen befindet sich darunter, der sich umsieht, als Leonie mich quietschend begrüßt. Als hätten wir uns seit Monaten nicht mehr gesehen - und eigentlich war es nur eine halbe Stunde. Ich lache und lasse mich von ihr in eine übertriebene Umarmung ziehen.
Noah drückt seine Zigarette aus und schiebt sich an uns vorbei. Er sieht mich an, als er mich direkt passiert. Die Augen sind dunkel, als hätte sich eine noch dunklere Wolke über die Sturmwolken gelegt. Sein Unterarm berührt mich ganz sachte an der Hüfte und diese kleine Berührung lässt mich schaudern. Ich bin es nicht gewohnt, berührt zu werden. Dementsprechend hat sich jetzt auf meinen Armen eine Gänsehaut gebildet. Leonie bemerkt nichts, denn sie ist inzwischen in einer angeregten Unterhaltung mit Aaron, der ihr von seinen Plänen für das Wochenende erzählt. Ich fahre mir mit meinen Händen an meinen Armen entlang um die Gänsehaut zu vertreiben und zünde mir nun endlich eine Zigarette an. Ich spüre noch immer Noahs Berührung und allein der Gedanke daran macht mich nervös.
Die Patienten, die das Wochenende nicht in der Klinik verbringen, verlassen nach und nach das Haus. Ich sitze auf meinem Bett und sehe Leonie dabei zu, wie sie ihre Tasche packt. Aufgeregt hüpft sie auf und ab.
"Ich habe heute ein Date, Lia. Kannst du das glauben? Ich bin schon so aufgeregt."
"Ich möchte dann bitte alles wissen, Leonie! Und ich wünsche dir ganz viel Glück. Es wird bestimmt schön. Da bin ich mir sicher. Falls er ein Arsch ist, ruf mich an. Ich komme vorbei."
"Ja, und bring Noah mit."
Ich schüttle den kopf. "Ich krieg den Kerl auch allein klein."
Leonie lacht. "Gut, mit Kleinsein kennst du dich ja offensichtlich aus, Königin der Zwerge."
Ich strecke ihr die Zunge raus. "Sei nicht so frech."
Leonie grinst. "Bis morgen. Pass auf dich auf, Lia."
"Gleichfalls", erwidere ich und sehe ihr dabei zu, wie sie ihre Taschen packt und das Zimmer verlässt.
Die Tür fällt mit einem Klicken ins Schloss und ich bin alleine. Meine Oma hat sich für den frühen Nachmittag angemeldet. Aus diesem Grund nutze ich nun die Zeit, und widme mich mal wieder meinem Tagebuch. Die Zeit verfliegt und schon ist es Mittag. Ich habe noch ein wenig Zeit, bis der Tisch gedeckt werden muss und stelle mich vor den Speisesaal um zu rauchen. Das Mittagessen selbst verläuft ruhig und unspektakulär. Kati sitzt mit Noah am Ende des Tisches, ansonsten bin ich umgeben von unbekannten Gesichtern.
Ich räume den Tisch ab und gehe rauchen. Mir ist langweilig, denn ich habe keine Lust mehr, Tagebuch zu schreiben oder zu lesen. Und ich weiß nicht, ob jemand mit mir etwas spielen möchte. Ich hätte Lust auf Tischfuball, aber Kati ist nach dem Essen abgerauscht und ich weiß nicht, wen ich sonst fragen soll.

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NOAH | ✓
General Fiction»Manche Menschen sind ein Geschenk, andere eine Strafe.« »Dann bist du eindeutig das ätzende Fegefeuer, Kugelfisch.« »Und du Pest und Cholera, Noah!« »Halt die Schnauze!« Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch gibt es für Lias Eltern nu...