▷ Thalles - You, The Ocean and Me ◁
Verzweifelt stehe ich vor meinem Kleiderschrank und fahre mir, wie die ganze letzte Stunde, fahrig durch die Haare. Aber auch das bringt nichts, um mir einen Durchblick zu verschaffe. Ich habe absolut keine Ahnung, was ich mitnehmen soll - und wir fahren bereits in wenigen Stunden. Es ist kurz vor Mitternacht und meinen Koffer füllt noch immer gähnende Leere, weil ich einfach nicht weiß, was ich einpacken soll. Schließlich werde ich Noahs Mama kennenlernen und ich möchte einen guten Eindruck auf sie machen. Ich möchte, dass sie mich mag. Seufzend lasse ich mich auf mein Bett fallen und starre an die Decke. Meine nervösen Hände fahren gedankenverloren über die Bettddecke und die Nacht, als Noah das erste Mal neben mir geschlafen hat, fällt mir ein. Nach seinem Geburtstag. Ein Lächeln stiehlt sich in mein Gesicht. Es war aufregend und ungewohnt, neben jemandem einzuschlafen - neben Noah einzuschlafen. Ständig hatte ich Angst, dass ich schnarche und ihn vom Schlafen abhalte. Als ich ihm meine Angst mitteilte, hat er nur leise und rau gelacht und seine Arme um mich geschlossen. Ich habe seinem Herzschlag gelauscht und bin schließlich eingeschlafen. Wie in einem bescheuerten Kitschfilm, nur mit dem Unterschied, dass der Kitsch real ist. Und obwohl wir uns vor wenigen Stunden noch gesehen haben, vermisse ich ihn. Wenn er nicht bei mir ist, fühle ich mich nicht komplett.
Ich hole mein Handy aus meiner Hosentasche und starre auf das Display, doch es ist stumm. Nichts blinkt, kein grünes Zeichen in der Benachrichtigungsleiste. Noah schläft vermutlich schon. Er holt mich morgen früh ab, dann fahren wir zusammen zum Bahnhof. Nervöse Schmetterlinge flattern in meinem Magen. Ich fahre mit Noah in den Urlaub. Und ich werde seine Mutter kennenlernen. Und ich werde das Meer sehen. Seufzend richte ich mich auf und beschließe, die erstbesten Sachen in meinen Koffer zu werfen. Meine Augen sind schwer, von der Müdigkeit und Nervosität beladen.
Als ich endlich fertig bin und mich bettfertig gemacht habe, liege ich im Bett und starre erneut an die Zimmerdecke. Mein Herz rast und meine Hände fühlen sich schwitzig an. Konzentriert versuche ich mich an den Atemübungen, die ich in der Klinik gelernt habe und schließe die Augen. Nach einer Weile wird mein Herzschlag wieder langsamer und ich schlafe schließlich ein.
"Lia? Noah ist da, bist du bereit?" Meine Oma steht vor meiner Haustür und ruft in den Flur.
Erneut kontrolliere ich alle Fenster und Türen und sperre schließlich die Haustür ab. Oma tritt langsam zur Seite und lächelt mich liebevoll an.
"Bist du aufgeregt?", möchte sie wissen und betritt vor mir den Weg zum Haus.
"Ja, sehr. Ich habe Angst, dass sie mich nicht mag. Oder dass wir uns streiten. Also Noah und ich", gebe ich zu.
Oma bleibt stehen und sieht mich aus ihren wachen Augen aus an. "Sie wird dich mögen, Lia. Du bist ein gut erzogenes Kind, du hast Marnieren und du liebst ihren Sohn und er liebt dich. Mehr kann sie nicht erwarten." Sie grinst.
Ich stutze. "Ich liebe-" - doch sie unterbricht mich mit einer Handbewegung.
"Ja, ich weiß, das ist alles noch ganz neu und frisch und überhaupt. Aber das sieht ein Blinder, dass ihr euch liebt. Ihr habt eine ganz besondere Verbindung, das spüre sogar ich." Sie grinst erneut und dreht sich wieder um, um zu ihrem Haus zu gelangen.
"Das ist ein schöner Gedanke, dass uns etwas besonderes verbindet. Er bedeutet mir so viel, Oma."
"Das sehe ich. Und glaub mir, du ihm auch. Allein wie er dich ansieht und wie ihr die Hände nicht voneinander lassen könnt und euch ständig berühren müsst, das spricht für sich." Sie wirft mir einen kurzen Blick über die Schulter zu.
DU LIEST GERADE
NOAH | ✓
General Fiction»Manche Menschen sind ein Geschenk, andere eine Strafe.« »Dann bist du eindeutig das ätzende Fegefeuer, Kugelfisch.« »Und du Pest und Cholera, Noah!« »Halt die Schnauze!« Nach einem gescheiterten Selbstmordversuch gibt es für Lias Eltern nu...