Morgens sind Spielmänner munter

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Es klingelte bereits zum vierten Mal, als Lena sich dazu entschloss doch aufzustehen, um dem Menschen der es tatsächlich wagte, sie zu wecken, eine Standpauke zu halten um dann wieder ins Bett gehen zu können. Sie war nämlich immer noch tierisch müde.

Wundert tat sie es nicht, dass Victoria aka das Murmeltier von der Klingelei nicht aufgewacht war. War der Größeren auch recht so. So wenig wie die Jüngere in letzter Zeit geschlafen hatte, tat ihr das bestimmt sehr gut. 

Gemächlich schlurfte die Rothaarige durch die Wohnung. Sie hatte es nicht eilig. Als es dann zum sechsten Mal klingelte riss Lena die Wohnungstür endlich auf und sah die Person erst einmal böse an.

Ein kleiner Dudelsackspieler mit einer Brötchentüte und einer kleinen Einkaufstüte stand vor ihrer Tür und lächelte sie verschmitzt an. "Guten Morgen. Ich habe Frühstück und eine Antwort von uns. Lässt du mich rein?"

Die Rothaarige  war etwas überrascht, nickte aber und ließ den unerwarteten Besuch rein. 

"Warum bringst du uns Frühstück?" Lena ging vor, zielstrebig in die Küche und Luzi trottete ihr brav hinterher. 

"Naja, Essen einkaufen konntet ihr gestern nicht mehr. Dafür war es zu spät und da dachte ich mir, dass mein Einzugsgeschenk für euch, euer erstes Frühstück in der neuen Wohnung ist." Der Kleine grinste stolz vor sich hin, während er die Tüten auf die Küchenzeile ablegte und sich dann neugierig umsah.

"Möchtest du einen Kaffee oder Wasser? Mehr Auswahl kann ich leider nicht bieten", die weibliche Gestalt macht sich daran den kleinen Tisch zu decken und aus einem der übrig gebliebenen Kartons die Kaffeemaschine auszupacken. 

"Einen Kaffee hätte ich schon gerne. Kann ich dir helfen?" Der kleine Spielmann wollte nicht nur untätig herumstehen und zusehen und nahm Lena deswegen kurzerhand die Teller aus der Hand, die aus dem zweiten Karton neben dem Kühlschrank waren. 

"Eigentlich wollte ich nein sagen, aber gut. Dann mach ich mal den Kaffee und du deckst den Tisch?" Grinsend sah die Rothaarige zu, wie Luzi gut gelaunt den Tisch deckte. Es hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass er anfing zu pfeifen, dann wäre das Bild perfekt gewesen. 

Nach kurzem Beobachten, des doch recht eigensinnigen Mannes, fing sie an den Kaffee zu machen. Sie wollte ihn - immerhin hatte er Frühstück organisiert und half auch noch den Tisch zu decken - nicht unnötig lange warten lassen. Zumal er ja schon ein wenig länger vor der Wohnungstür gestanden hatte, als unbedingt notwendig gewesen war.

"Wo kommt ihr eigentlich her?" durchbrach der Besucher schließlich die Stille. Er war halt neugierig.

"Also Victoria kommt aus Mönchengladbach und ich aus Köln."

"Mhm. Und wieso seid ihr dann hierher gezogen? Ich meine, gab es irgendeinen konkreten Grund dazu?"

Lena musste kurz überlegen, hatte sogar schon den Mund aufgemacht, um dem Kleineren zu antworten, da ertönte plötzlich ein lautes Geräusch aus dem Zimmer ihrer Freundin. Sie nuschelte eine schnelle Entschuldigung in die ungefähre Richtung des ebenfalls aufgeschreckten Mannes, dann lief sie auch schon los, voller Sorge.

Victoria lag verschlafen auf dem Boden als Lena ihr Zimmer betrat und hat ein verdächtiges Glitzern in den grün-blauen Augen. Diese blinzelte die Jüngere jedoch schnell weg und ihre Mitbewohnerin konnte erleichtert aufatmen. 

"Was ist passiert?", wollte Lena dann auch sofort wissen. Immerhin war ihre Freundin gestern in Bett eingeschlafen und nicht auf dem Boden.

Victoria stand auf, strich sie provisorisch den nicht vorhandenen Dreck von der Hose und zuckte fast schon unberührt mit den Schultern. "Schlechter Traum würde ich sagen, ich weiß es aber nicht genau."

Luzi betrat langsam und vorsichtig das Zimmer und schaute die beiden Mädels nacheinander und fragen an. "Alles gut bei euch?" erkundigte er sich direkt.

"Ja alles gut, der kleine Tollpatsch hier ist nur aus dem Bett gefallen. Scheint aber das alles gut zu sein, keine Sorge",  Lena antwortete dem Besucher, während Victoria sich schnell einen Jumpsuit mit Öhrchen überwarf. Sie wollte sich etwas verstecken. Luzi bemerkte, dass die Jüngere sich nicht so offen verhielt und zeigte, wie sie es gestern getan hatte. 

Lena kannte dieses Verhalten schon von ihrer Freundin und wusste genau, dass sich das bis heute Abend ändern würde. Sie brauchte halt ein wenig Zeit zum Warmlaufen, war ja auch nicht weiter schlimm. ,,Kommst du mit frühstücken? Es gibt Kaffee", lockte sie die Braunhaarige und hatte sogar ein kleines Lächeln aufgesetzt.

Victoria nickte bereitwillig und die drei gingen zusammen in die helle Küche, wo sie sich an den fast fertig gedeckten Tisch setzten.

,,Also," begann der einzige Mann in der kleinen, gemütlichen Runde, das Gespräch nach einer Weile, "die Jungs und ich kommen heute auf jeden Fall. Kann man euch noch bei irgendetwas helfen, oder braucht ihr noch was?" 

Daraufhin warf Victoria einen raschen Blick in den Kühlschrank und sah Alkohol, Cola und etwas Wasser. "Also zu Essen haben wir nichts da und ein paar Kisten müssten auch noch ausgepackt werden..." sie zögerte und überlegte. " Wenn du Zeit und Lust hast, wäre es echt nett, wenn du mit Lena schnell einkaufen gehen könntest. In der Zeit könnte ich dann ich die letzten Teile und Sachen ausräumen."

"Kein Problem", grinste Luzi breit. Auch Lena nickte zur Bestätigung, dass sie mit dem Vorschlag einverstanden war. Damit war die Sache eigentlich so gut wie beschlossen.

Victoria hatte derweil von irgendwoher einen Stift und ein Blatt Papier hervorgekramt und war eifrig darauf am Kritzeln. Sie machte eine Einkaufsliste da sie wusste, dass ihre Freundin sonst die Hälfte vergessen würde. Sie war manchmal - morgens jedenfalls - aber auch ein wenig langsam und schusselig. Sie Beide eigentlich. Nur Luzi, der schien schon fit und aktiv zu sein. Andererseits wussten die beiden Mädels ja auch nicht, wie lange er schon wach war und was er intus hatte, um so vor Energie zu strotzen.

"Ich glaube... ich habe Alles", nuschelte die Braunhaarige und schob den Zettel über den Tisch. Lena kniff ein wenig die Augen zusammen, um die Krakelschrift entziffern zu können, nickte dann aber zustimmend.

"Mir fällt gerade auch nichts mehr ein."

Auch Luzi - der seiner Sitznachbarin die Liste aus den Fingern gezogen hatte - besah sich das Geschriebene. Auch er schien nichts auszusetzen zu haben. Dann konnte es ja schon bald losgehen. 

Handbuch zur Haltung von SpielmännernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt