Victoria erwachte, als sie etwas Festes ins Gesicht traf. Erschrocken, stieß sie das unbekannte Objekt von sich und saß auf einmal kerzengerade in – wie sie erleichtert feststellte – ihrem Bett. Die Braunhaarige atmete tief durch, schloss die Augen und brachte so ihren Puls wieder auf eine normale Geschwindigkeit. Erst dann öffnete sie wieder ihre Augen und beschloss herauszufinden, was sie denn geweckt hatte.
Sie fand die Ursache recht schnell. Denn sie hatte nicht alleine in ihrem breiten Bett geschlafen. Links neben ihn – und somit direkt an der Wand – lag Lasterbalk. Der Hüne lag jedoch mit dem Rücken zu ihr und schnarchte ganz leicht. Er war also nicht der Übeltäter gewesen. Und rechts von ihr – somit lag er an der offenen Seite und nah an der Kante – lag niemand Anderes als der zweite Trommler dieser schrägen Truppe. Jean lag halb auf dem Bauch mit dem Gesicht zu ihr. Auch er war noch friedlich am Schlafen, doch sein Arm lag nun dort, wo die braunhaarige Gastgeberin eben noch genächtigt hatte.
"Blöder Franzose", nuschelte sie. Jetzt wo sie so unsanft geweckt worden war, würde sie nicht mehr einschlafen können. Aber das hatte sie auch davon, gleich zwei Trommlern Unterschlupf in ihrem Bett zu gewähren. Und sie vermutete, dass sie dies getan hatte. Denn erinnern, konnte sie sich nicht mehr. Da müsste sie später wohl ihre Mitbewohnerin fragen. Da Lena gestern nicht getrunken hatte, würde sie ja wohl noch Alles wissen.
Apropos Lena... Victoria entschied sich mal nach ihrer Freundin zu schauen. Sorgen machte sie sich eigentlich keine, denn die Spielmänner waren Alle sehr nett gewesen, wenn auch verrückt und durch geknallt. Trotzdem wollte sie mal einen Blick riskieren. Denn so wie sie die Rothaarige kannte, lag die nun irgendwo auf dem Boden und hatte Jemandem ihr Bett überlassen.
Extrem vorsichtig, stieg Victoria über den Schwarzhaarigen. Sie wollte weder ihn, noch Lasterbalk, schließlich wecken. Denn, wer wusste, wie die beiden Herren reagieren würden. Zum Einen konnte sie sich vorstellen, dass die Beiden einen gemeinen Kater haben würden und zum Anderen könnte es sich bei ihnen ja auch um Morgenmuffel handeln. In diesem Fall, wäre es wohl ratsam wenn sie einige Kannen Kaffee aufschütten würde, bevor die ersten Gäste erwachten.
Es war zwar umständlich, aber schließlich hatte sie es geschafft und war der weichen Matratze – und den beiden Trommlern – entkommen. Sie schlich, nur auf Socken, aus ihrem Zimmer in Richtung Lenas. Dafür musste sie jedoch das Wohnzimmer durchqueren, wo ein einziges Chaos und Durcheinander herrschte.
Abgesehen von dem Müll und den leeren Flaschen, fand man hier auch noch Falk und Elsi, die es sich auf der ausziehbaren Schlafcouch gemütlich gemacht hatten. Auch hier schlief man noch friedlich, vor allem Falk sah zufrieden und glücklich mit der Welt aus, wie er da so lag. Aber Victoria hielt sich hier nicht lange auf, sondern stapfte weiter. Sie erhaschte noch einen Blick von Till, der seltsamerweise in ihrer Badewanne lag und dort ratzte, dann hatte sie das Zimmer ihrer Freundin auch schon erreicht.
Und was sie da zu Gesicht bekam, ließ sie fast laut auflachen. Schnell schlug sie sich die Hände vor den Mund und kramte ihn ihrer Hosentasche nach ihrem Handy. Normalerweise schlief sie NICHT mit dem Handy in der Tasche, aber gestern Abend war wohl eine große Ausnahme gewesen. Sie schoss schnell ein Bild von den Zwei Ls, die eigentlich ganz normal im Bett lagen. Na gut, Lena hatten ihren Kopf auf den Arm des Dudelsackspielers gebettet, aber mehr war da auch nicht. Wäre da nicht ein gewisser Sänger gewesen, der es sich am Fußende bequem gemacht hatte. Dabei lagen seine Füße umständlich auf Luzis – das sah eigentlich nicht sehr gemütlich aus – und sein Kopf auf Lenas Beinen.
Die jüngere der beiden Wohnungsbesitzerinnen kicherte hinter vorgehaltener Hand. Jetzt hatte sie auch endlich mal gutes Erpressungsmaterial gegen ihre Freundin in der Hand. Ob sie es jemals einsetzen würde, war jedoch eine ganz andere Frage. Aber allein der Gedanke reichte ihr schon. Und notfalls würde sie die rothaarige Hexe dann einfach wochenlang mit diesem Bild aufziehen und sie ärgern. Das machte auch immer Spaß. Vor allem weil sie genau wusste, wie sie Lena aus der Reserve locken konnte.
Genauso leise wie eben, schlich Victoria wieder zurück ins Wohnzimmer. Sie warf Till einen bösen Blick zu – auch wenn der noch im Reich der Träume war und nichts davon mitbekam – weil sie eigentlich mal auf Toilette musste und begab sich dann in die Küche, wo sie auf den letzten der Spielmänner traf.
Ein wenig verwundert war sie schon darüber. Schließlich hatte Frank doch eine Wohnung hier im Mietshaus, er hätte doch ganz einfach dorthin verschwinden können. Sie zuckte mit den Schultern und stieg auch über ihn. Der Asiate hatte die Matratze aus dem Wohnzimmer nach hier gebracht, sie mitten in der Küche ausgebreitet und sich darauf niedergelassen. War wahrscheinlich gemütlicher als die kalte, harte Badewanne. Aber vielleicht stand der Lockenkopf auch auf sowas, man konnte ja nie wissen.
Leise summend, sodass der Bassist davon nicht wach wurde, machte sich die wache Wohnungsbesitzerin an der Kaffeemaschine zu schaffen. Es bestand die Hohe Wahrscheinlichkeit, dass Frank von dem Geräusch auch wach werden würde, aber das war ihr gerade ziemlich egal. Er hätte ja bei seinen Kollegen im Wohnzimmer bleiben können. Sie setzte außerdem noch den Wasserkocher auf – Lena trank nur Tee, keinen Kaffee und vielleicht dachte ja auch einer ihrer Besucher so – und suchte dann im Schrank nach genügend Tassen. Sie überlegte, ob sie hier den Tisch decken sollte, bemerkte dann erst – sie war noch müde und ihr Gehirn wollte noch nicht so ganz funktionieren – dass der Küchentisch ja noch im Wohnzimmer stand. Dann musste sie das ganze Zeug wohl über Frank tragen und dorthin bringen. Solange der Bassist nicht so aufschrecken würde wie sie, sollte das eigentlich kein Problem sein.
Theoretisch könnte sie auch zum Bäcker laufen, sah das dann aber irgendwie gar nicht ein und beschloss, dass Lena das mindestens genauso gut konnte, wie sie.
"Okay", nuschelte Victoria also zu sich selber. Sie strich sich ein paar braune Haarsträhnen aus dem Gesicht und begann dann ganz offiziell – und sogar einigermaßen munter – den neuen Tag in der neuen Wohnung, die völlig überfüllt war... mit Männerbesuch. Und nicht nur irgendwelche Männer, schlimmer noch, Spielmänner.
Das versprach definitiv ein interessanter Morgen und ein interessanter Tag zu werden. Mal schauen, wie der Rest vom Verein reagieren wird, wenn sie denn endlich aufwachten... und an was sie sich noch erinnern konnten.
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Wir hoffen natürlich es hat euch gefallen. Lasst gerne Kommentare da wenn euch was nicht passt, oder ihr was mögt.
Sonst wünschen wir euch ein schönes Wochenende
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Handbuch zur Haltung von Spielmännern
FanfictionSpielmännern? Lena und Victoria kannten bis zu ihrem Umzug diese Leute nicht. Noch nicht einmal wussten sie was das MPS ist. Ihr Leben verlief ruhig, chaotisch aber zurückblickend gesehen ruhig. Wenn sich acht Männer als Spielleute vorstellen, dan...