Thomas POV
Weihnachten mit Dylans Familie war wunderschön gewesen und all meine Sorgen umsonst. Ich mochte seine Familie sehr gerne und es machte den Anschein, als wäre es umgekehrt genauso. Wir blieben noch zwei Tage länger als geplant und hatte die Ruhe außerhalb von London genossen.
Die Zeit war rasenschnell vergangen und heute war schon Silvester.
Der -meinerseits- meist gehasste Tag des Jahres.
Alle führten sich dämlich auf. Begannen schon nachmittags irgendwelche Böller zu zünden oder betranken sich.
Mag ja sein, dass Feuerwerk ganz hübsch aussieht, aber muss es denn wirklich so laut sein?!
Bei jedem Knall einer Explosion erschrak ich. Und das würde die ganze Nacht so gehen.
Ich seufzte, schon allein bei dem Gedanken hatte ich keine Lust auf den heutigen Abend.
Dylans Freunde hatten uns zu einer kleinen Silvesterparty eingeladen, das war wirklich sehr nett und ich hatte ihm ansehen können, dass ihm das wichtig war. Also hatte ich zugesagt.
Was hätte ich auch machen sollen? Fragen, ob ich mich zusammen mit Ava unter dem Esstisch verstecken durfte?
Keine gute Idee, fand ich. Auch wenn ich das bevorzugt hätte.
Tyler und Isa waren die Gastgeber und hatten drum gebeten, dass jeder eine Kleinigkeit zu essen mitbringt. Sie selber würden Chilli con Carne und Brot bereitstellen und nach langem hin- und her, hatten Dylan und ich uns für Bulgursalat entschieden. Den hatte ich bereits fertig im Kühlschrank stehen und musste jetzt nur noch auf Dylan warten, der heute Notdienst hatte.
Ava kam angelaufen und legte ihren Kopf in meinen Schoß, automatisch begann ich sie zu streicheln.
„Hmm... was meinst du, wollen wir noch mal in den Park bevor die Verrückten mit dem Geböller anfangen?"
Bei dem Wort Park legte sie ihren Kopf schief und find an mit dem Schwanz zu wedeln.
Da ich offiziell noch bei mir in der Wohnung wohnte -auch wenn ich da so gut wie gar nicht mehr war-, packte ich einen Berg an Klamotten zusammen und nahm mir vor, erst eine Waschmaschine anzustellen und dann mit Ava in den Park zu gehen. Dylan hatte mir natürlich angeboten, meine Sachen hier zu waschen, aber dann würde es sich so anfühlen, als wäre ich hier eingezogen. Und dafür war es definitiv noch zu früh.
Ich packte die Klamotten in eine große Tasche und zog Ava ihr Halsband an. Mein Blick fiel auf das Weihnachtsgeschenk, welches ich Dylan gemacht hatte. Da Dylan meine Ölbilder am schönsten fand, hatte ich ihm eins gemalt. Es war der Leuchtturm von Clevedon mit Ava, die auf uns zu rannte.
Sofort als wir nach Hause kamen, hatte er es aufgehängt. Und selbstlos wie Dylan nun mal ist, hat er mir Ölfarben geschenkt, damit ich mehr Bilder damit anfertigen konnte. Grinsend zog ich mich ebenfalls an und verließ mit Ava und meiner Wäsche die Wohnung.Es war merkwürdig allein bei mir zu Hause. Die Wohnung war viel kleiner als Dylans und vor allem so ruhig. Ich konnte mir nicht vorstellen wie ich hier eineinhalb Jahre gewohnt habe. Mittlerweile war ich bei Dylan zu Hause, hatte meinen eigenen Schlüssel, meinen Platz in seinem Kleiderschrank und eine eigene Ecke im Bad, all meine Zeichenutensilien waren bei ihm, weswegen meine Wohnung merkwürdig leer aussah.
Immer wieder hatte Dylan Andeutungen gemacht, doch ganz zu ihm zu ziehen, immerhin würde ich nur das Geld für die Miete verschwenden, da ich eh nur noch ein- bis zweimal im Monat hier schlief.
All diese Aussagen hatte ich galant ignoriert, ich war noch nicht bereit diesen Schritt zu gehen. Es war nicht die Angst, dass Dylan und ich uns trennen würden, sondern eher das Wissen, dass falls ich es einmal bräuchte, ich einen Rückzugsort hätte.
Ich schlenderte ins Bad und befüllte meine Waschmaschine und schaltete sie an. Ava und ich hatten jetzt knapp zwei Stunden zum Spazieren im Park.Der Park war für seine Verhältnisse recht leer. Vermutlich machten die meisten Kinder Mittagsschlaf, damit sie lange wach bleiben konnten. Es hatte nicht mehr geschneit seit Weihnachten, aber es war immer noch unter null Grad. Der Schnee war leicht angefroren und knackte, wenn man drauf trat. Ava hatte wie immer einem Heidenspaß, sie rannte und wälzte sich umher.
Mit den Händen in den Taschen meines Mantels liefen wir einmal um den See, der gefroren war. Einige Leuten waren auf dem Eis und liefen Schlittschuh.
Ich spürte einen Blick im Rücken und drehte mich um. Bis auf eine Gruppe Jugendlicher konnte ich niemanden sehen.
Langsam lief ich mit Ava weiter, aber immer mehr beschlich mich das Gefühl, beobachtet zu werden. Meine Schritte beschleunigten sich etwas und ich war froh, dass ich gleich den Heimweg antreten konnte.
Auf dem Rückweg fiel mir nichts auf, allerdings war ich auch mit Ava beschäftigt, die vor mir her trottete.
Kurz vor meiner Wohnung hörte ich schnelle, schwere Schritte hinter mir. Als ich mich umdrehte, wurde ich bereits gegen die Wand gedrückt.
Seine feindseligen Augen funkelten mich an. „Auch mal wieder in der Gegend?", fragte Chris und ließ mir keine Chance mich von der Wand zu lösen.
Ava, die sofort bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte, kam zurück gerannt und fing an Chris anzubellen.
„Gehst du jetzt mit dem Köter deines neuen Stechers raus, ja?"
„Lass mich in Ruhe.", ich versuchte ruhig zu bleiben, aber ich hörte selber die Panik in meiner Stimme.
„Hmm... Nein, ich glaube nicht.", er grinste mich höhnisch an und drückte mich noch etwas mehr gegen die Hauswand.
„Was willst du von mir?", vergeblich versuchte ich ihn wegzudrücken, Ava bellte immer noch.
„Ich will dich. Du gehörst mir und das wissen wir beide. Ich hab dich aufgenommen, als dich keiner wollte. Ich hab mich um dich gekümmert, als du das nicht geschafft hast. Du gehörst mir.", meinte Chris und ich wusste, dass er jedes Wort auch so meinte.
„Ich gehöre niemanden.", ich hörte mich entschlossener an, als ich mich fühlte. Mein Herz raste und ich wollte einfach nur weg von ihm.
„Weswegen sollte dein Neuer mit dir zusammen sein wollen? Du bist nichts als eine Platzverschwendung, keiner will dich haben."
„Wenn sie weiter so bellt, werden bald Leute aus dem Fenster schauen und wissen wollen, was los ist.", der Versuch kühl zu klingen, gelang mir nicht ganz, aber die Aussage erzielte dennoch ihre gewünschte Wirkung.
Chris ließ etwas von mir ab und schaute nach oben die Hauswand hoch. Sofort nutzte ich die Gelegenheit und rammte mein Knie in Chris Weichteile. Vor Schmerzen stöhnend sank er auf die Knie und hielt sich sein bestes Stück.
Schnell trat ich zur Seite und animierte Ava dazu mit mir mitzulaufen.
„Du mieses Stück Scheiße!", rief Chris mir hinterher. „Das wirst du bereuen."
Es interessierte mich nicht, alles was ich wollte, war sicher in der Wohnung anzukommen. Mit zitternden Händen schloss ich die Tür auf, scheuchte Ava hinein und schloss die Tür wieder hinter mir. Oben in der Wohnung angekommen, schloss ich uns ein, lehnte mich gegen die Tür und obwohl es mir gut ging und ich unversehrt war, liefen mir die Tränen übers Gesicht.
Unsicher kam Ava angelaufen, rollte sich neben mir zusammen und legte den Kopf auf meine Beine.
So blieben wir sitzen bis die Waschmaschine signalisierte, dass sie fertig war.Ich hatte mich bis zu Dylans Feierabend wieder beruhigt. War mit meiner frisch-gewaschenen Wäsche zurück zu Dylans Wohnung und hatte sie dort aufgehängt.
Nach langen Überlegungen war ich zum Schluss gekommen, dass ich Dylan von der Begegnung mit Chris nichts erzählte. Er würde sich nur unnötige Sorgen machen und den Abend mit seinen Freunden nicht richtig genießen können.
Danny rief an, als hätte er ein Radar dafür, wann ich mit ihm reden musste. Aber auch ihm erzählte ich nichts von Chris. Ich hatte genug Leute mit ihm belastet und es schien, als hätte Chris mich zufällig gesehen und beschlossen anzusprechen. Falls man das ansprechen nennen konnte.
Trotzdem war es ein sehr schönes Telefonat mit ihm, er war über Silvester verreist und berichtete, was er schon alles gesehen und erlebt hatte.
Wir telefonierten über eine Stunde und verabschiedeten uns erst, als ich Dylan nach Hause kommen hörte.Also riss ich mich zusammen und versuchte so normal wie möglich aufzutreten. Aber Dylan erzählte so viel, dass ich gar nicht zu Wort kam und dementsprechend merkte er nicht, dass etwas nicht stimmte. Erst gegen Abend, als wir uns für die Party bei Tyler und Isa fertig machten, fragte er.
„Alles okay bei dir? Ist irgendwas?", er trat hinter mich und schlang die Arme um meine Mitte. Ich stand gerade vor dem Schrank und überlegte, was ich anziehen sollte.
„Alles gut. Wieso fragst du?"
„Du bist so anders heute. War irgendwas?", Dylan merkte eben doch, wenn etwas nicht stimmte.
„Nein, es ist nichts. Bin nur aufgeregt wegen heute Abend."
„Brauchst du nicht, es sind alle sehr nett und keiner von uns will böllern. Also brauchst du dir keine Sorgen machen.", er küsste meinen Nacken und schaute ebenfalls in den Schrank. „Du solltest den dunkelgrünen Pulli mit dem V-Ausschnitt anziehen. Der steht dir."
Ich grinste ihn an. „Na dann werd ich den wohl tragen heute." und küsste ihn auf die Nasenspitze.
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Hold Me Now. (Dylmas AU) [abgeschlossen]
FanfictionHold Me Now. ist eine AU über den schüchternen, in sich gekehrten Kunststudenten Thomas. Und über Dylan, der ein selbstbewusster und extrovertierter junger Arzt ist. Durch Zufall treffen sie sich und Dylan will Thomas beibringen, wieder anderen zu v...