Kapitel 1

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-Zwei Monate später-

Mit einem großen Rucksack auf dem Rücken und einem kurzen Lächeln für den Busfahrer, tritt Feena aus dem Reisebus heraus. Sie streicht sich mit der linken Hand die Haare aus dem Gesicht und schaut sich dann kurz um. Schnell findet sie einen Taxistand und läuft genau dort hin.
Der erste Taxifahrer schaut sofort auf und mit einer kurzen Handbewegung stellt sie die stumme Frage, ob er sie fahren würde. Er steigt sofort aus und bleibt halb in seiner Tür stehen.

„Wohin möchte die junge Dame?"
„Studentenwohnheim", antwortet sie und schaut ihn an: „Wie viel würde das Kosten?"
„Das ist schon eine ganze Strecke... Mit dem Stau zu der Uhrzeit... Bestimmt an die 40 Dollar."
Sie seufzt und ein resignierter Ausdruck tritt in ihre Augen.
„Danke", erwidert sie dann und geht am Taxistand vorbei. Bei einer kleinen Sitzbank bleibt sie stehen und zieht ihren Rucksack wieder aus. Als sie sich streckt knackt es ein paar Mal in ihrem Rücken und zum zweiten Mal in der neuen Stadt schaut sie sich um.
Es gibt eine andere Möglichkeit schnell zu ihrem neuen Zuhause zu kommen. Aber...

Ihr Blick gleitet wieder über ihre Umgebung; Ein kleiner Laden, daneben ein Fast Food Restaurant und eine Tankstelle.
Ein üblicher Busbahnhof.
Das kann sie hier vergessen – zumindest am hellen Tag.
Danach schaut sie auf die Uhr.
Zum Glück ist es bereits sechs Uhr am Abend.
Na die Zeit bis zum Sonnenuntergang wird sie hier totschlagen können...

Und so schlendert sie erst durch den kleinen Laden hindurch. Danach beschließt sie, einen Burger und Pommes zum Abendessen zu essen und setzt sich in dem Fast Food Restaurant hin. Während dem Essen ruft sie auf ihrem Handy Google Maps auf und lässt sich den Fußweg zum Campusgelände anzeigen. Die Wohnheime sind auf dem Gelände verteilt. Wo genau sie dann hinmuss, wird sie noch sehen. Erstmal muss sie quer durch die halbe Stadt auf die westliche Bergseite kommen.
Sie nutzt die vorgeschlagene Route – die übrigens fast zwei Stunden dauern soll – nur als Orientierungshilfe. Stattdessen sucht sie sich Wege, durch ruhigere Ecken. Das wird zwar wesentlich länger, aber das nimmt sie gerne in Kauf. Das muss sie in Kauf nehmen, wenn sie nicht ihr letztes Geld für diesen Monat einem Taxifahrer schenken will, oder tatsächlich zu Fuß zum Campus laufen möchte.

Nach ihrem kleinen Abendessen bleibt sie noch eine ganze Weile sitzen und beschäftigt sich einfach mit ihrem Handy.
Sie bekommt keine Nachrichten von Freunden aus der letzten Universität, auf der sie noch vor ein paar Tagen offiziell eingeschrieben war.
Im allgemeinen bekommt sie kaum Nachrichten. Sie hat das Smartphone nicht zu Kommunikationszwecken, sondern zu Informationszwecken. Sie hält sich damit auf dem Laufenden... und außerdem spielt sie gerne darauf.
Verklagt sie doch, aber sie liebt es, auf dem kleinen Bildschirm für kleine virtuelle Drachenbabys da zu sein oder ein virtuelles Restaurant zu führen.

Aber irgendwann gehen die Lichter im Restaurant an und sie blickt endlich auf. Draußen verschwindet die Sonne langsam hinter all den Hochhäusern. Das ist ihr Stichwort.
Sie kramt die wenigen Dollar für das Essen aus ihrem Portemonnaie heraus und legt es auf den Tisch. Dann schultert sie ihre Tasche und verlässt das Gebäude.
Ein Blick links und rechts und mit schnellen, weichen Schritten verschwindet sie hinter dem Gebäude. Zum Glück wachsen dort ein paar Büsche und sie verschwindet hinter ihnen.
Kurz schießt ihr durch den Kopf, wie viele Menschen hier wohl schon hingepinkelt haben, aber den Gedanken verdrängt sie schnell wieder, ehe ihr übel wird. In ihrem Zimmer angekommen, kann sie sich einfach sofort duschen gehen und ihre Klamotten zur Wäsche bringen.
Mit einem kleinen Seufzer und unglücklichen Blick, zieht sie ihren Pullover aus, das Shirt und auch ihre Jeans. Sie stopft alles in den schon überfüllten Rucksack hinein und verlängert die Laschen, die an einigen Stellen zusammengeknotet zu sein scheinen, auf die maximale Größe. Vorsichtig zieht sie den Rucksack wieder auf, der ihr jetzt fast in den Kniekehlen hängt.

FenrisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt