Kapitel 4

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„Fee Fee Fee Fee!", dringt es aufgeregt durch Feenas Zimmertür.

Im Bett schlägt Feena ein Auge auf, stöhnt dann und zieht sich die Bettdecke über den Kopf.

„Feeeeeeeenaaaaaa!"

„Was?", brüllt sie heraus und hofft, dass Melissa sie trotz geschlossener Tür hören kann.

„Mach auf!"

Genervt schlägt Feena nun doch die Bettdecke zurück und geht zur Tür. Sie zieht sie auf und Melissa fällt beinah in ihr Zimmer hinein.

„Oh mein Gott, schau dir das mal an!", und damit hat sie auch schon ein Smartphone im Gesicht kleben. Sie greift nach Melissas Arm und schiebt ihn ein bisschen von sich weg, damit sie fokussieren kann, was auf dem Bildschirm passiert.

Feena erkennt schnell, dass ihre Nachbarin die YouTube App offen hat und ein Video abgespielt wird. Der Ton ist recht leise eingestellt und das Video endet eine Sekunde später auch schon.

„Was ist das?", fragt Feena.

Melissa nimmt das Handy zurück und schiebt sich an Feena vorbei in ihr kleines Zimmer hinein. Über ihren ungebetenen Gast rollt Feena mit den Augen, schließt dann aber die Tür und folgt ihr zu ihrem Bett, wo Melissa sich bereits hingesetzt hat.

Das Mädchen startet das Video erneut und hält es ihrer Freundin wieder unter die Nase.

Die ersten zwei Sekunden sieht Feena nur ein Mädchen, das von einem Mann gegen ein Auto gedrückt und festgehalten wird und es kommt ihr vage bekannt vor.

Dann hört sie etwas, das ihr selbst das Blut in den Adern gefrieren lässt: das laute Heulen.

Und plötzlich ist die ganze letzte Nacht wieder da und sie brauch sich das Video gar nicht anzuschauen.

„Kannst du es fassen? Ich dachte gestern ich wäre so mega betrunken, dass ich es mir eingebildet hab, aber ich hab das Vieh gesehen! Es war riesig! Und du Schnapsdrossel hast nur Meter davon entfernt in aller Seelenruhe gepinkel!", sagt Melissa und schaut sie aus großen Augen an: „Wir hatten soooo ein Glück! Das Ding hätte uns auch angreifen und zerfleischen können..."

Melissa redet noch weiter, aber Feena hört ihr gar nicht mehr richtig zu.

Ihre Gedanken drehen sich – und das nicht wegen dem Restalkohol in ihrem Körper oder den pochenden Kopfschmerzen in ihren Schläfen.

Wie konnte sie das tun?

Ist sie denn bescheuert?

Natürlich hätte sie die andere Frau retten sollen, aber hätte sie nicht einfach ganz normal hingehen können und den Männern mit der Polizei drohen können?

Nein, sie musste natürlich übertreiben.

Das war doch echt nicht nötig!

Vor allem hätte sie es nicht tun sollen, wenn sie doch gesehen hat, dass die Männer alles filmen!

Feena zieht die Knie an und starrt mit verängstigtem Blick auf die Wand gegenüber.

Wenn sich das jetzt verbreitet.

Das Heulen ist eindeutig zu hören und kurz danach sieht man den imposanten Wolf für eine volle Sekunde einfach nur dastehen, bevor er angreift und alles in verwackelten Bildern untergeht. Aber diese eine Sekunde...

„Melissa, geh bitte", murmelt sie leise und reibt sich übers Gesicht. In ihren Augen stehen schon Tränen und sie unterdrückt das Schniefen.

„Was, aber?"

FenrisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt