Kapitel 8

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„Wir sind deine Familie, Feena, wir sind dein Rudel nach dem du dich sehnst. Kehre zu uns zurück und lass dich zu der Prinzessin krönen, die du bist", sagt die Frau. Sie streckt die Schultern noch mehr durch und reckt den Kopf in einer eleganten Geste höher gen Himmel.

Feena mustert die Frau noch einen Moment, aber nicht nur mit den Augen. Sie atmet tief ein und sortiert die Gerüche. Die Frau riecht anders. Anders als die anderen Menschen, denen Feena bisher begegnet ist. Sie riecht nach etwas, das Feena nicht einordnen kann. Der Geruch kommt ihr bekannt vor, aber sie ist sich auch sicher, genau das noch niemals zuvor gerochen zu haben.

Auch die Gerüche der anderen um die Frau herum dringen in ihre Nase. Einer der Männer riecht ähnlich und die anderen sondern nochmal einen ganz anderen Duft ab, aber dennoch auch etwas, dass dem der Frau ähnelt.

„Lass diese Tiere hier zurück und komm mit uns mit", sagt die Frau und deutet auf die kleine Studentengruppe.

Feena ist aber noch mit dem Geruch beschäftigt. Es liegt ihr regelrecht auf der Zunge. Sie konzentriert sich mehr und mehr auf den Geruch der Frau und durchforstet ihre Erinnerungen nach den verschiedensten Menschen und Eindrücken, in der Hoffnung zu finden, wonach sie sucht – aber das ist nicht einfach, wenn sie nicht einschätzen kann, wonach sie sucht.

„Wir werden unsere Familie wieder zusammenführen und mit unseren Vätern und unserem Großvater zusammen das Königreich an uns reißen."

Familie!

In Feenas Hirn rasten plötzlich die Zahnräder ein und sie weiß, woher sie zumindest einen Teil des Geruchs kennt: es ist ihr eigener!

Ihre Augen weiten sich und sie weicht einen Schritt zurück.

Diese Frau, diese Nuance in ihrem Duft... Genau diese findet Feena auch in ihrem eigenen Duft.

Schockiert starrt sie die Frau an und dann schaut sie stattdessen zu den anderen um sie herum. Ihre Gerüche wehen ihr in der seichten abendlichen Brise entgegen und innerhalb eines Herzschlags findet sie auch bei ihnen diese Nuance, mal schwächer, mal etwas abgewandelter, aber im Grunde ist es der gleiche Duft.

„Wer bist du?", fragt Feena und unterbricht ihr gegenüber damit. Feena hat gar nicht bemerkt, dass die Frau ihren Monolog fortgeführt hat.

Die Frau schließt für einen Moment den Mund und presst ihn zu einer dünnen Linie zusammen. Sie wird scheinbar nicht gerne unterbrochen – schon gar nicht so forsch.

„Mein Name ist Gandra. Jörmungandrson", antwortet sie ihr und stellt anschließend ihre Begleiter vor.

Der erste ist ein schlanker, aber großer Mann mit dunklem, halblangem Haar: „Gandir, mein Bruder", es folgt die Frau und der Mann direkt neben ihr – beide aschblond und gut gebaut: „Siga Narfison, ihr Bruder Narius Narfison."

Dann fehlt nur noch der letzte. Er ähnelt den letzten beiden in seiner Statur, aber im Gesicht hat er völlig andere Züge; eine größere Nase, schmalere Lippen und andere Augen: „Und zuletzt: Stigr Valison."

Sie alle nicken Feena in einer anerkennenden und höflichen Geste zu.

„Wir alle sind deine Geschwister, Feena Fenrisdottir."

Feena zieht die Augenbrauen zusammen.

Fenrisdottir?

Was soll denn das?

Ihr Name ist Feena Wallace.

Aber ehe sie weiter darüber nachdenken kann, kommt die Frau – Gandra – ihr wieder näher und streckt die Hand nach ihr aus.

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