3. Tänze & Musik

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Solaria

Die Tore werden geöffnet, eine Schar von Männern strömt in den gewaltigen Ballsaal, der schon nach wenigen Minuten brechend voll ist. Anscheinend waren die Boten, die den Ball heute Abend für Götter und Menschen ankündigten, mehr als gründlich. Der ganze Süden scheint anwesend zu sein. Männer soweit das Auge reicht. Ich schlucke, sehe mich verunsichert um.

Gott von Mensch zu unterscheiden ist schwer, nahezu unmöglich, solange der Gott nicht zeigt, wozu er imstande ist. Von daher sehen alle im Saal gleich aus. Stella springt direkt auf von ihrem Thron und mischt sich unter das Volk, meine Eltern sitzen zu meiner linken auf ihren Plätzen. Vater lächelt mich von dort oben aus an und will mir mit einer Handbewegung in Richtung Stella sagen, dass ich es ihr doch gleich machen könnte.

Auch wenn er mein liebenswürdiger Vater ist, er ist auch der König. Ich gehorche ihm und stehe zögerlich auf. Sofort richten sich mal wieder alle Augenpaare auf mich. Am liebsten würde ich im Boden versinken. Auf einmal bin ich mir nicht mehr so sicher, ob Stellas Idee so gut war. Aber ob es nun ihre war oder nicht, diese Veranstaltungen sind notwendig. Mutario braucht einen Thronfolger.

Ich raffe mein funkelndes Kleid, als ich die paar Stufen hinunterlaufe. Für diesen Ball haben sich die Bediensteten mal wieder übertroffen. Von der hohen Decke hängen meterlange Banner, auf denen Sonne und Mond zu sehen sind, das Wappen der Stadt. Die marmornen Säulen, die die Decke tragen, sind mit Kerzen und Blumen geschmückt, alles Gold und Diamant ist auch hochglanz poliert.

Ich sehe mich in der Menge um, suche nach meiner Schwester, aber sie ist wohl verschwunden. Als ich jetzt auf all die jungen Männer treffe, teilt sich die Menge und sie lassen mich durch. Stella hat sich einfach hindurchgezwängt und tanzt sicher schon mit irgendwem, doch bei mir ist das etwas anderes.

Ehrfürchtig sehen sie mich an, senken den Kopf, murmeln "Prinzessin."

Mir wird klar, dass diese Jungs hier Menschen sind. Junge Götter sind nicht so ehrfürchtig wie die Menschen hier. Ich will nicht, dass sie so mit mir umgehen, nur weil meine Eltern mich Sonnengöttin nennen. Ich bin es gar nicht wert, so genannt zu werden. Ich spanne die Muskeln meiner Arme an, um das Zittern zu verbergen.

Niemand traut sich, mich um einen Tanz oder auch nur eine Unterhaltung zu bitten, und schon stehe ich in einer großen Runde, werde neugierig betrachtet wie ein Tier, das verkauft werden soll. Auf einmal wird es ganz still im Ballsaal, und es wird schon wieder hell draußen. Ein Sonnenstrahl stiehlt sich hinein und schleicht sich seinen Weg zu mir. Golden fällt es durch die hohen Fenster hinein, jedes Staubpartikel könnte man darin erkennen. Ich drehe mich ein Mal um mich selbst, alle Menschen und Götter sehen mich an. Der Kreis um mich ist groß, als trauten sie sich nicht, näher heran zu treten.

Das Licht der Sonne bricht sich in meinem funkelnden Kleid, ich klammere meine schwitzigen Hände in den Stoff.

Ein kurzer Blick zu meinem Vater verrät mir, dass er sich vorgebeugt hat auf seinem Platz. Bereit, aufzuspringen wie von der Tarantel gestochen. Der Blick meiner Mutter sieht nicht sonderlich begeistert aus. Auch sie scheint an dieser Aktion zu zweifeln.

Wenn ich jetzt nur ein Wort sage, dann liegen sie mir alle zu Füßen. Viele dieser Jungs leben in Armut. Durch mich könnten sie zu Wohlstand zurück kommen, sogar mehr als das. Ich bezweifle, dass sie hier nach Liebe suchen, wird mir klar. Aber was sollen wir denn sonst tun? Jemanden aus der Armut zu holen wäre natürlich fantastisch, aber eignet er sich auch als Thronfolger? Es geht hier immerhin um einen Ersatz für den Mondgott.

Doch dann tritt doch einer von ihnen vor, verbeugt sich leicht und hält mir seine Hand hin. Die Anspannung fällt wieder, und die Männer fangen wieder an, zu reden, die unangenehme Stille ist verschwunden. Doch sie gaffen noch immer.

Sonnenwind (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt