15. Kampf & Verrat

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Solaria

Wenn ich schon in den Süden gehen muss, dann kann ich mich auch gleich auf den Weg zum Tempel der Wiedergeburt aufmachen. Wie weit es tatsächlich noch zum zweiten der vier Tempel ist weiß ich nicht, aber da mich keine Unwetter mehr behindern komme ich mit zügigen Schritten voran. Nach ein paar Tagen erkenne ich glücklichweise schlagartig wieder, wo ich bin, da ich die Stelle des Flusses erreiche, an der er sich teilt, um von dort nach Westen und Osten weiter zu fließen.

Es gibt eine steinerne Brücke, die ich überquere und sogar ein Schild am Wegesrand. Es zeigt an, in welche Richtungen die vier Hauptstädte liegen.

Das hilft mir nicht sonderlich weiter, aber ich weiß, dass ich ab hier dem Fluss gen Westen folgen kann, so erklärte Onyx mir. Der Fluss fließt nämlich erst noch ein ganzes Stück nach Süden, bevor er die Kurve nach Osten macht.

Am Ufer des Flusses mache ich eine Pause, an meinen Füßen bilden sich bereits Blasen. Ich ziehe die Schuhe aus und tauche die Füße in das kühle Wasser, seufze erleichtert auf. Ja, hier kann ich es ein paar Stunden aushalten.

Im weichen Gras dösend höre ich die Blätter der Bäume über mir rascheln, das Wasser neben mir leise plätschern. Es ist so friedlich hier, dass ich glatt einschlafen könnte. Nicht einmal der Schmerz in meinem Herzen plagt mich sonderlich. Vermutlich haben die letzten Tage mit Volan und den Drachen mich zu fröhlich gestimmt, um für so etwas Nerven zu verschwenden.

Ich muss mir überlegen, wie ich zum Tempel der Macht komme, wenn ich den zweiten Tempel besucht habe, denn der ist hoch im Norden. Soll ich erst nach Hause? Soll ich Stella besuchen und mich eine Nacht mit ihr auf das Dach des Palastes stehlen? Sie würde sich sicher freuen, meine Eltern auch. Aber lassen sie mich auch wieder ziehen, wenn ich erst einmal Zuhause bin?

Meine Gedanken werden von ein paar seltsamen Geräuschen unterbrochen. Ich nehme ein leises Klicken wahr, dann näher kommende Schritte, und ich richte mich auf. Plötzlich sind da mehrere Männer, die mich vom Fluss weg zerren und mich hart zu Boden werfen. Schmerzhaft schürfe ich mir einen Ellbogen auf. Mein Blick fliegt umher, wer sind sie? Sie sehen aus wie Draufgänger. Muskelbepackt und bewaffnet.

Ängstlich versuche ich, wegzurobben, doch einer der Männer tritt mich, und ich weiß gar nicht mehr, wo oben und unten ist.

"Wir müssen sie nur in Schach halten, der Boss ist gleich da!" sagt einer der Männer zu einem anderen. Der Boss?

Ich rolle mich vor Schmerz zusammen.

"In Schach halten? Sieh sie dir doch an, sie wehrt sich ja nicht einmal." höhnt der andere. Ich verstehe gar nicht, was hier eigentlich los ist. Wer sind diese Männer? Was wollen sie? Und wer ist dieser Boss von dem sie reden?

"Tritt lieber noch einmal zu, der Boss sagte, sie ist gefährlich."

Ich und gefährlich? Ich bin nicht gefährlich. Das ist nun wirklich das letzte, was man über mich sagen würde, doch trotzdem folgt der Mann dem Rat des anderen und ich bekomme einen Fußtritt an die Schläfe.

Schmerz explodiert in meinem Kopf und ich heule auf. Wie schnell sich die Situation doch ändern kann. Da macht man ein mal für eine Stunde oder vielleicht auch zwei eine Pause, da wird man schon überfallen. Die Friedlichkeit der Natur scheint genauso schnell umzuschlagen wie Tag und Nacht.

Keuchend halte ich mir den Kopf, bete, dass er nicht noch einmal zutritt. Vielleicht sollte ich mich bewusstlos stellen, doch ist das klug? Sie sagten, der Boss wäre gleich da. Werden sie mich dann gefangen nehmen oder gleich umbringen? So oder so, ich muss wohl eher schnell das Weite suchen anstatt hier liegen zu bleiben.

Sonnenwind (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt