16. Mond & Nacht

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Solaria

Das Chaos in meinem Kopf ist perfekt, als die Nacht hereinbricht und ich voller Panik, Travis könnte mich doch noch einholen hoch auf einen Baum klettere. Langsam komme ich dort oben wieder zu atem und streiche mie durch das knotige Haar. Ich wünschte nur irgendwer wäre hier, dem ich vertraue. Mir egal wer. Und wenn es eine Wache aus Vaters Palast ist.

Das Loch in meinem Herzen brennt als wäre es gerade frisch zerrissen, und mir stehen die Tränen in den Augen.

Man hat gerade versucht, mich umzubringen. Dabei habe ich nie etwas böses getan. Ich wollte immer alles richtig machen. Und jetzt wird mir unter Schock klar, dass ich im Bett eines Banditenbosses geschlafen habe. Ein Kerl, der vermutlich auch noch Götter tötet. Ein Wunder dass das Essen das er mir gab nich vergiftet war.

Und was ist mit dem Mondgott? Was, wenn alles was ich bisher tat, der Ausriss aus Mutario, die Reise zum Tempel der Herrschergötter, das Drachenflugtraining, all die Strapazen...was wenn das alles umsonst war? Wenn Travis den Mondgott getötet hat? Mir wird wieder schwindelig.

Und doch frage ich mich, warum wir uns trotz alldem so nett unterhalten konnten. Warum wir so viel Spaß auf dem Fest in Crius hatten. Dieser Junge ist mir nach allem noch immer ein Rätsel. Den Tränen nahe und bibbernd hocke ich am Stamm des Baumes gelehnt da und zerbreche mir nun doch wieder den Kopf über Travis, obwohl ich das gar nicht mehr wollte. Er ist einfach das Letzte! Ich balle die Hände zu Fäusten.

Aber da habe ich eine Idee. Wenn alle Vögel die es gibt Volans Spitzel sind, dann müsste er ziemlich gut bescheid wissen über einige Dinge, die im Land vor sich gehen. Dann kann ich ihm vielleicht eine Nachricht schicken.

Schräg über mir auf dem Ast sitzt eine schöne Schleiereule, die sich gar nicht von mir stören lässt. Ist auch sie einer von Volans Spitzeln? Versuchen kann ich es ja.

"Hey, schöne Eule!" flüstere ich zu ihr hinauf. Ich sehe im Licht der Sterne am Himmel, wie sie ihre Augen öffnet.

"Du kennst doch bestimmt den Gott der Fluggeschöpfe? Volan aus Elemar?"

Die Eule tut nichts, aber sie fliegt auch nicht weg, also könnte es sein, dass sie mir zuhört.

"Ich bin eine Freundin von Volan, und ich brauche seine Hilfe. Könntest du mir helfen, liebe Eule? Kannst du Volan irgendwie ausrichten, dass der Jäger aus dem Wald mich töten wollte? Er muss es wissen. Ich bin auf dich angewiesen."

Es dauert einen Moment, bis die Eule reagiert. Vielleicht hat sie ja geschlafen, und ich habe sie geweckt. Arme Eule.

Sie trippelt auf dem Ast hin und her, dann breitet sie die Flügel aus und fliegt los. In der Dunkelheit versuche ich zu erkennen, in welche Richtung sie fliegt, und siehe da, in den Norden. Zu Volan, ganz bestimmt. Ich muss lächeln. Das ist mal eine nützliche Eigenschaft.

Volan kann aus dem ganzen Land Informationen einholen, und niemand weiß, dass die Vögel die Leute für Volan belauschen.

Dann lehne ich mich wieder an den Stamm und blicke hinauf. Jetzt gibt es wohl nicht mehr so heftige Stürme, da ich nun etwas weiter im Süden bin. Ich mag mir gar nicht ausmalen was passiert, wenn ich weiter in den Norden reise, zu den letzten beiden Tempeln oder direkt nach Quodios. Aber falls der Mondgott wirklich tot ist, dann brauche ich den Norden wohl nicht mehr besuchen.

Der Himmel ist klar, und Stellas Sterne leuchten. Ich seufze, wische mir die Tränen ab.

Eigentlich ist es gar nicht richtig Dunkel. Das Sternenlicht ist hell genug, um alles in ein milchiges Zwielicht zu tauchen.

Einmal wieder wird mir klar, wie sehr ich meine Schwester vermisse. Sie würde mich verstehen. Sie würde das alles verstehen und mir helfen wo sie kann.

Sonnenwind (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt