Ich schaue den Manager entgeistert an. „Ich?" Er nickt und sagt: „unsere Übersetzerin hat gekündigt. „Beide?" frage ich geschockt. Der Herr neigt leicht den Kopf zur Seite. „Beide?" „Freja und Finja Green. Finja hat bis gerade eben noch für Herr Simons gearbeitet und Freja hat mir letzte Woche noch an den afrikanischen und arabischen Texten geholfen." Panik wandert meinen Rücken hoch. Ohne die beiden bin ich doch aufgeschmissen. „Ich habe dafür sogar eine Abmahnung kassiert."
Mit weit aufgerissenen Augen starr vor Angst schaue ich den Fremden an. Der scheint nachzudenken. Er schaut mich richtig lieb an: „Bitte Fräulein Green, helfen Sie mir heute bei der Kommunikation. Ich verspreche ihnen dass ich mit ihren Schwestern? rede und zur zur Rückkehr in mein Unternehmen überrede." Ich überlege woher der Kerl wohl meinen Namen kennt. Ich schaue dabei kurz auf den Boden. Dann hebe ich meine Augen und schaue ihn von unten an: „Bitte nicht. Ich kenne meine Schwestern. Die sind sehr stolz und stur. Wenn sie von sich aus gekündigt haben dann gibt es für sie wohl einen triftigen Grund. Dann wird nichts und niemand sie überzeugen können zurück zu kehren. Sollten Sie gekündigt worden sein halte ich es ebenfalls für unwahrscheinlich dass sie zurückkommen. Ich möchte Ihnen gerne ohne diese fürchterliche Bedingung helfen." Er schaut mich ernst an und auf seiner Stirn erscheint eine zarte Falte. Dann lächelt er mir zu. „Vielen Dank!" Ich nicke ängstlich. Ich habe keine Ahnung worauf ich mich da eingelassen habe.
Die Präsentation ist die aus dem ersten Ordner. Ich habe zum Glück den zweiten so oft bearbeitet dass ich dieses Kaudawelsch von Französisch nicht brauche. Ich entschuldige mich bei den Anwesenden Herren für diese entsetzlichen Zeilen und stelle Ihnen das Projekt vor. Neben dem Manager sitzt noch ein zweiter der fürchterlich nervös aussieht. Er rutscht auf seinem Stuhl hin und her und kaut nervös an seinen Fingernägeln. Seine Nerven sind noch kaputter als meine. Oder aber es sieht mir so aus weil der Herr daneben so entspannt ist, freundlich lächelt und sich sonst nicht regt. Die Franzosen kapieren die verschiedenen Projekte ebensowenig wie ich. Deshalb erkläre ich es ihnen wie Finja es mir heute morgen erklärt hat. Ein Herr bittet mich das ganze einmal für ihn aufzuzeichnen da er sich darunter nicht viel vorstellen kann. Zum Glück kann ich ganz gut zeichnen und im Raum steht ein Flip Chart.
Die Herren haben richtig viele Fragen zu dem Projekt. Ich bin ganz dankbar dass ich die Ordner so gut durchgearbeitet habe. Zur Sache kann ich ihnen alle Fragen beantworten. Nur bei der Frage nach der Finanzierung gerate ich ins Stocken. Ich wende mich hilfesuchend an die beiden Manager. Der nervöse eilt mir zu Hilfe. Ich übersetze die Frage und er erklärt es mir so dass ich es den Franzosen erklären kann.
Als die Sitzung zu Ende ist platzt mir fast der Schädel. „Vielen Fank Fräulein Green. Sie haben eine Phantastische Arbeit abgeliefert. Der französische Text hat ihnen nicht so zugesagt?" der nette Manager schaut mich fragend an.
„Nein, der steckt voller Fehler und Anglizismen. Franzosen können den Text praktisch nicht verstehen." „Aha. Danke dass sie so geistesgegenwärtig uns gerettet haben." er lächelt mir zu. „Oh, das war ich nicht. Freja hat mir den ganzen Text letzte Woche überarbeitet." der nette Manager hebt fragend die Augenbrauen. „Ich helfe den Flyer für das Projekt zu erstellen, ich habe letzte Woche im Prinzip diesen Vortrag auf meinem Schreibtisch gehabt und nun über eine Woche bearbeitet um die Quintessenz in den Flyer zu bannen." Er nickt verstehend. „Sie sind eine der wenigen die diese verschiedenen Arten der Brunnen verstanden haben." Ich werde rot und denke den Blick. „Ich mag sie ja nur sehr ungern enttäuschen aber Finja hat mir heute morgen erst den Unterschied erklärt. Ich bin nicht von alleine darauf gekommen." Ich blicke beschämt zu Boden. Er lacht leise. Ich schaue auf. Er schaut mich immer noch wohlwollend an. „Aber ihre fröhliche und mitreißende Präsentation haben sie schon selbständig gehalten." Ich schaue ihn ungläubig an. Ich befürchte er meint so ziemlich das Gegenteil von dem was er sagt. Irgendwie habe ich das Gefühl ich hätte alles falsch gemacht. Ich nicke traurig und wende mich zum Gehen.
„Würden sie uns noch den Gefallen tun und uns zum Essen begleiten?" „Es tut mir sehr leid, da muss ich passen. Ich habe meiner Schwester versprochen heute ihre Kurse zu übernehmen."
Er schaut mich fragend an. Ich werde ihm aber nicht mehr über mein Privatleben erzählen. Dann nickt er. „Trotzdem vielen lieben Dank."
Ich beschließe in die 42 Etage zurückzukehren um Matt von dem seltsamen Meeting zu berichten. Vor unserer Box steht Gabriel. Er ist fürchterlich wütend. Als er mich sieht brüllt er quer durch den Open Space: „Fräulein Green! Sie wagen es so spät aus ihrer Pause zurückzukehren? Haben sie eigentlich alle Tassen im Schrank? Was glauben Sie wofür sie bezahlt werden?" Ich schaue ihn entsetzt an und bekomme kein Wort heraus. „Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?" herrscht er mich an. Ich bekomme immer noch keinen Ton heraus und starre auf den Boden. Er schüttelt mich grob an meiner Schulter. Ich habe keine Lust ihn noch mal zu verletzen und lasse mich von ihm durch die Gegend Schubsen. Leider bleibe ich mit dem Absatz hängen, falle blöd und schlage mit dem Kopf gegen eine Tischkante. „Sie sind gefeuert!" brüllt er mir von oben herab zu. Ich stehe auf, nehme meine Tasche und gehe. Vor dem Aufzug kommen mir die Tränen. Ich hätte nie gedacht dass ich so schnell gekündigt bin. Eine Woge der Verzweiflung macht sich in mir breit: Finja hat ja anscheinend auch keinen Job mehr.
Ich halte mir die Hand vor den Mund um nicht laut zu schluchzen. Die Fahrstuhltüren öffnen sich und die Franzosen schauen mich entsetzt an. Ich bleibe angewurzelt stehen. Als sich die Türen fast wieder schließen wollen kommt der nette Manager aus dem Aufzug gesprungen. Er schaut mich entsetzt an und fragt: „was ist Ihnen denn passiert?" Ich lasse meinen Kopf hängen weil mir die Tränen die Wangen runter laufen. „Ich habe die Probezeit nicht bestanden." „Prinzessin!" Matt schreit mir quer durch den Open Space hinterher. Er sprintet zu mir und nimmt mich in den Arm. Er schaut den Manager mit großen Augen an. Der reicht Matt ein weißes Tuch das Matt mir auf die Stirn drückt. „Was ist passiert?" fragt der nette Mann. Matt windet sich mit der Antwort. „Herr Simons hat ihr auf sehr eindrückliche Weise gekündigt." Seine Kiefer pressen sich aufeinander. Ich glaube Matt würde Gabriel am liebsten zu Mus verarbeiten. Der nette Manager verengt seine Augen. „Die Verletzungen sind kein Unfall?" Matt schüttelt den Kopf. Ich verstehe erst nicht worüber die beiden reden bis Matt das Tuch von meiner Stirn nimmt. Es ist blutgetränkt. „Oh!" Ich mache große Augen.
„Ich gehe jetzt mit Ihnen zu Herrn Simons Büro. In dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen." der nette Herr sieht nun gar nicht mehr nett aus. Er ist wütend. Ich schüttle den Kopf und sage: „Ich hab schon eine Abmahnung und Herr Simons ist eh nicht mehr gut auf mich zu sprechen seit dem ich ihn zusammengetreten habe. Ich will mich dem Fahrstuhl zuwenden, doch der Manager hält mich auf: „Weswegen haben sie Herrn Simons zusammengetreten?" Ich werde rot und antworte: „Weil ich mal wieder erst getreten und dann geguckt habe. Er hat mich im Starlight von hinten umarmt hat. Damit hatte ich nicht gerechnet und habe panisch reagiert."
Der Manager nickt als würde er verstehen. „Und deswegen hat er sie abgemahnt?" „Nein, das war Cassidy. Sie hat mich dabei erwischt wie ich mit meinem Privathandy telefoniert habe." „Du hast aber dienstlich mit deinem Privathandy telefoniert!" schaltet sich Matt ein. „Ja, aber das kann sie nicht wissen, oder?"
„Sie hätte fragen können." die Augen des Managers sind eisgrau und richtig wütend. „Kommen sie, ich werde das jetzt regeln." „Bitte ohne mich, mir ist schlecht" flehe ich. Matt schaut mich an, nimmt mich und geht schnell mit mir ins Klo. Dort übergebe ich mich.
Ich kotze mir die Seele aus dem Leib weil im Magen nichts ist.
„Matt, bitte bring mich nach Hause."
Matt hält mich immer noch. Er streichelt immer wieder meine Wange. Ich lehne mich an ihn und mache die Augen kurz zu. Wir setzen uns aufs Klo. „Wo sind wir?" frage ich verwundert. Auf dem Herrenklo. „Kannst Du mich nach Hause fahren?" Frage ich. „Du kannst dich ja kaum festhalten." Entgegnet er. Ich nicke. „Ich rufe Colin an, er hat ein Auto." Matt ruft Colin an und er ist sofort bereit mich heimzufahren. Matt trägt mich zum Auto. Colin und Dain waren auf uns in der grossen Halle."Was ist passiert?" fragt Colin. „Gabriel hat sie gekündigt." sagt Matt bitter. Dain hilft Matt mich ins Auto zu setzen. „Kotz mir die Karre nicht voll, ja?" Colin schaut mich fragend an. „Geht schon wieder." sage ich mit einem matten Lächeln.