Ich bereite wie jeden Morgen das Frühstück mit Matt für den Rest der Familie vor die früh aufstehen müssen. Rian kommt bleich und abgekämpft in die Küche runter. Ihr ist fürchterlich schlecht und sie braucht erst einmal einen Tee. Sie vertraut mir an dass sie ihre Tage nun schon seit über 8 Wochen vermisst. Ich muss bei dem Gedanken dass meine Zwillingsschwester schwanger sein könnte Lächeln. Die anderen Zwillingsschwestern haben alle am selben Tag entbunden. Ich rechne nach wann ich meine letzten Tage hatte und bemerke dass es bei mir auch 8 Wochen her ist. „Das letzte mal kurz vor Tokio" sage ich. Rian nickt. „In Tokio war es zum Glück vorbei." Ich winke ab. „Mir ist nicht schlecht und nichts. Ich glaube nicht das ich schwanger bin. Rian will aber trotzdem heute einen Test mit mir zusammen machen. Sie kauft auf dem Weg zu einem Aussentermin einfach zwei Tests und zwingt mich in der Mittagspause den Test zu machen. Beide Tests fallen positiv aus. Wir liegen uns heulend vor Glück in den Armen. Wir kommen tränenverschleiert aus dem Klo und laufen Mark in die Arme. Er schaut uns entsetzt an und fragt ob etwas schlimmes passiert sei. Als wir ihm unsere positiven Schwangerschaftstests zeigen ist er ganz aus dem Häuschen. Er umarmt und küsst uns dass man meinen könnte er wäre der Vater. Matt und Daryl müssen natürlich genau in diesem Moment nach uns schauen und erfahren von Mark dass wir schwanger sind. Sie freuen sich richtig doll und umarmen uns einfach mit Mark zwischen uns. Mark kann solch tolle Neuigkeiten nicht für sich behalten und plaudert bei jedem, der es hören will oder auch nicht, aus dass wir schwanger sind. Jenny strahlt uns über ihr ganzes Gesicht an so dass ich direkt frage: du auch? Sie nickt. Ich finde das prima. Nun können wir gemeinsam zu sämtlichen Vorbereitungskursen gehen.
Als Rian und ich am nächsten Morgen vom Arzt in die Firma kommen sitzen Ryan und Freja bei uns im Büro. Sie grinsen. „Wir haben gerade Matt und Daryl erzählt wie gut unser neues Konzept ankommt. Wir erreichen tatsächlich die Kunden mit unseren ökologisch und sozial verträglichen Produkten. Wir würden das gerne feiern und wie ginge das besser als mit einer Gratifikation an unsere Werbefachleute?" Ich schaue Ryan mit großen Augen an. Er nickt mir fröhlich zu. Ich strahle zu Freja und falle ihr um den Hals. „Ihr habt euch das verdient. Ihr habt so viel für die Firma geschuftet. Gönnt euch mal was schönes!" sagt sie lächelnd. „Ja Charlottes OP sagt Matt glücklich. Ich nicke ihm selig zu. Adam und Embla haben gar kein Geld. Ask hat versucht seinen Kredit noch weiter auszureizen aber die Banken haben gestreikt. Darum haben Colin, Matt und Daryl einen Kredit aufgenommen. Sie wollten Charlotte in den Händen von Profis wissen. Dass wir nun ein wenig davon eher zurück zahlen können ist ein wahrer Segen. Ryan schaut uns entsetzt an. „Was wollt ihr bezahlen?!?" Daryl schaut seinen Bruder böse an. „Wir haben das Geld für Charlotte vorgestreckt." sagt er entschuldigend. „Die Bank hat's vorgestreckt." erklärt Matt. Und nun haben wir ein großes Loch in der Kasse. Wir freuen uns dass es ein wenig schneller als erwartet gestopft wird." Matt schaut Ryan an. Der ist aus irgendeinem Grund geknickt. „Warum seid ihr damit nicht zu mir gekommen? Ich hätte Adam und Embla doch auch helfen können?" „Weil wir nicht gewusst haben dass die Firma wieder läuft. Wir wollten nicht dass du dich ruinierst." erkläre ich ihm. Ryan schaut mich an. „Ihr habt euch nicht getraut mich zu fragen?" fragt er traurig. „Doch. Aber wir haben vermutet dass du hilfst ohne dass du das Geld wirklich hast. Und wir wollten auf keinen Fall die Firma in die Insolvenz treiben."Ryan stutzt. Wie viel kostet denn eine OP dass sie so eine große Firma ruiniert? Als Daryl ihm die Summe nennt ist er entsetzt. „Das ist viel." sagt Freja. Wir nicken. „Durch drei geteilt geht es." sagt Rian. Ryan schaut sie traurig an. Ich wundere mich weswegen er so traurig ist.
Als sich die beiden verabschieden nehme ich Freja kurz zur Seite und frage sie. Sie zuckt mit den Schultern und sagt leise: „Bitte sprich du mit ihm. Mit mir redet er nicht." Dann sieht sie zu dass sie rasch ihrem Mann folgt. Ich mache mir Sorgen. Ein unglücklicher Ryan der nicht mit Freya redet ist nicht gut. Ryan ist ja nicht der Typ für Seelenstriptease. Er ist es gewohnt seine Probleme mit sich selber auszumachen. Er ist ein bisschen wie Ask: schon als Kind hatte er die Verantwortung für sich und seine Schwester. Seit sein Vater weggegangen ist war er der Mann im Haus. Seit dem seine Mutter gestorben ist hat er das Sorgerecht für seine jüngere Schwester übernommen. Er war praktisch mit 13 schon Vater, mit 18 dann auch offiziell. Ich zermartere mir das Hirn wie ich mit ihm ins Gespräch kommen kann. Doch das Schicksal meint es gut mit mir. Als die anderen in die Mittagspause gehen muss ich noch einmal zum Blut abnehmen zum Arzt. Meine Röhrchen sind auf dem Weg ins Labor verschwunden. Auf dem Rückweg treffe ich Ryan in der Stadt. Er sieht mich nicht weil er so in sich gekehrt ist. Ich tippe ihn an der Schulter und er erschrickt fürchterlich. Ich schaue ihn ernst an und frage ihn was los ist. Ryan sagt erst „Nichts, warum fragst du?" aber dann laufen ihm Tränen die Wangen runter. Ich nehme ihn in den Arm und ich habe das Gefühl dass er mich als Rettungsanker braucht. Er krallt sich regelrecht an mir fest. Ich halte ihn genau so feste. Irgendwann lösen wir die Umarmung und Ryan schaut mich unglücklich an. Ich wische ihm die Tränen weg und schaue ihn in seine Augen. „Ich komme einfach nicht mehr mit Freja zurecht seit dem Elisabeth geboren ist. Ich habe das Gefühl dass ich überflüssig geworden bin." er schaut mich tief traurig an. „Wie meinst du das?" frage ich. „Ich weiß nicht. Sie wirkt immer so abweisend und sagt immer dass sie keine Hilfe braucht. Ich hab nie unser Kind Baden, wickeln oder füttern dürfen. Finn und Eki dagegen schon." Ich kann verstehen das er tot unglücklich ist. „Hast du mit Freja darüber gesprochen?" Ryan sagt ja aber nach genauem Überlegen schaut er mich unsicher an. Ich drücke ihn. „Freja spricht nicht gerne über Gefühle und sie löst Probleme gerne mit sich selbst. Sie hat für uns jüngeren immer die Mutterrolle. Sie war Mama, Lehrerin und Trainer für uns. Ich glaube ihr passt deshalb so gut zusammen. Freja ist auch der stärkere Zwilling. Zu Finja sind wir gegangen wenn wir traurig waren, zu Freja um Probleme zu lösen. Sie ist immer der Bestimmer gewesen. Ich glaube seit dem sie ein Baby hat kommt diese Eigenschaft wieder zum Vorschein. Soll ich mit ihr reden? Ihr müsst mehr miteinander reden damit nicht einer auf der Strecke bleibt." Ryan nickt. „Ja, bitte. Ich kann es nicht."
Ich verspreche ihm mit Freja zu reden. Dann spreche ich mein eigentliches Problem an: „Du sag mal, weshalb warst du so geknickt dass wir wegen der OP Finanzierung nicht zu dir gekommen sind?" Ryan schaut mich an und seufzt. „Ich hab einfach das Gefühl dass ich nicht mehr wirklich zu euch gehöre. Ich bin außen vor wenn ihr Probleme habt. Ask rettet mein Leben aber Embla traut sich nicht mich um ein paar Dollar zu bitten." Ryan schaut verbittert. Ich nicke weil ich ihn verstehen kann. „Es ist nicht leicht an unserer Seite zu leben." seufze ich. „Wir sind eine so eingeschworene Truppe. Ich kann mir vorstellen dass wir unnahbar wirken." Ryan schaut mich an. Ich muss ziemlich unglücklich schauen denn nun zieht er mich in eine sanfte Umarmung. Er schaut mich ganz lieb an. „Du bist lieb." sagt er. „Du hast das Herz am richtigen Fleck. Du versuchst immer alle zu verstehen. Bitte bleib so. Er küsst mir die Stirn und hält mich weiter fest. Ich weiß dass ich für ihn und die anderen die Ansprechpartnerin bin wenn sie Probleme haben. Leider habe ich bei Ryan immer noch das Problem dass ich ihn viel zu sehr liebe als dass es gesund für meine Ehe wäre. Ich genieße diese Umarmung und schäme mich gleichzeitig dafür. Mit Mark kann ich kuscheln ohne rot zu werden. Für ihn bin ich die Mama. Aber für Ryan nicht. In seinen grauen Augen kann ich mich verlieren. Ich hoffe dass er nicht auf die Idee kommt mich zu küssen.
Er tut es zum Glück auch nicht. Wir gehen Arm in Arm zurück und Ryan hat am Ende des Wegs gute Laune.
