Nach dem Konzert hängen wir noch mit den glorreichen 7 und ihrem Anhang ab. Ryan und Freja verordne ich weiter Alkoholverbot. Sie grinsen und knutschen sich wieder ab. Ich glaube meine Schwester ist ganz schön verliebt in ihren Mann. Mark und Finja sitzen ebenfalls küssend in einer anderen Ecke. Mark hat seine Brille wieder weggepackt. Ohne die Brille sieht er richtig jung aus. Seine dürre Figur und sein volles, strubbeliges Haar lassen ihn eher wie einen Azubi als wie den zweitwichtigsten Mann bei Carter Corp aussehen. Ich bin beeindruckt wie ein Anzug und eine hässliche Brille einen Menschen verändern können. Dieser Mark hier ist zum Knutschen. Ich freue mich für Freja dass sie zwar einen schüchternen Freund hat, der aber auf den zweiten Blick richtig cool ist.
Jenny und Ask sitzen weit voneinander entfernt. Jenny schaut traurig und Ask versucht sich nicht anmerken zu lassen dass er leidet. Sein Blick huscht immer mal zu Jenny. Sie sitzt bei Finn und Eki die sie veralbern. Ich gehe zu Ask und nehme ihn an der Hand mit vor die Tür. Adam und Embla müssen nicht zwingend mitbekommen was wir besprechen. Ich überlasse Colin meinen Matt und werde mich um das Herz meines Bruders kümmern.
Vor der Tür schaue ich Ask an. Er nimmt mich in den Arm und ich merke dass er heult. Ich streichle seinen Rücken. „Ach Rana!" Weint er. Ich halte ihn weiter fest. Er schaut mir traurig in die Augen: „wieso können nicht alle Mädchen so sein wie du?" er hat seine Stirn an meine gelegt und schaut mich mit seinen verheulten blauen Augen an. Ich streiche ihm die Tränen weg und höre ihm zu. Er erzählt wie kompliziert das Leben ist. Er hat das Gefühl nicht zur Gesellschaft zu passen. Er hält nichts von Besitz und Jenny kennt nichts außer Besitz. Er hat das Gefühl sie definiert sich über den Konsum und das Haben. Er hat den Eindruck sie würden von verschiedenen Welten stammen und er hat Angst dass sie nicht zusammen passen. Ich nehme ihn wieder in die Arme. „Was liebst du denn an ihr?"
„Alles!" ist die prompte Antwort. Ich halte ihn noch ein bisschen fest. Wenn die Welten nicht kompatibel sind aus der sie stammen möchte ich das ‚alles' etwas präziser kennen lernen. Da man am besten zuhört in dem man nichts sagt, entsteht eine kleine Pause der Stille. Ich liege in Asks Arm und höre seinem Herzschlag zu. Bum bum bum bum er ist so kräftig.
„Ich liebe ihre Art zu lachen, wie sie mich anschaut, ich liebe ihre Haare, ihre Augen ihren Mund. Ihr Körper der erzittert wenn ich ihn berühre. Ihre Stimme ist berauschend. Ich kann mit ihr stundenlang die Sterne anschauen. Sie mag meine Musik."Ask weint. „Sie mag mich." „Aber?" frage ich weil es riesengroß über ihm schwebt. „Ich komme nicht damit zurecht dass sie immer alles konsumiert. Ich hab Angst dass ich eins ihrer Konsumgüter bin das sie in die Ecke räumt wenn sie es hat. Hast du mal ihre Wohnung gesehen? Die ist vollgestopft mit Zeugs."
Ich streichle Ask wieder. Ich denke über das nach was er mir sagt. Wenn Jenny Ask mag, was ja jeder Blinde sieht, und er sie wovor hat er Angst? Kennt Jenny ihn überhaupt oder hat er sich noch nicht in die Karten gucken lassen? Dieser Verdacht drängt sich mir gerade auf: „War sie schon mal in deiner Wohnung?" frage ich nachdenklich. „Natürlich, wir sind jeden Tag da. Hast du sie nicht bemerkt?" fragt er verwundert. „In unserer Wohnung war sie, aber hattest du sie schon in deinem Zimmer?" „Nein, sie ist noch Jungfrau und ich will nichts überstürzen." Ich klopfe ihm auf den Rücken. „Das meine ich nicht. Weiß sie dass du Asketisch lebst?" Ask schaut mich an und denkt nach. Dann schüttelt er den Kopf. Ich nicke. „Jenny ist die reichste Frau New Yorks denn Ryan ist ihr Bruder. Für die beiden ist Konsum nicht einmal mehr ein Zeitvertreib. Wenn sie nicht weiß wer du bist und wie du gerne lebst, nimmst du ihr die Chance sich für dich zu entscheiden. Wenn du doch weißt dass sie sich mag dann glaube ihr das doch einfach. Zeige ihr den echten Ask, nicht den von der Bühne. Denn der auf der Bühne bist du ja anscheinend nicht einmal auf der Bühne selbst. Es war gemein von dir mich da oben ungefragt zu küssen um einer anderen weh zu tun." „Sie hat mir auch weh getan! Sie wollte unbedingt dass ich ihr was kaufe! Wieso fordert sie Geschenke ein? Dann sind die doch nicht mehr echt?" beeilt sich Ask zu erklären. Ich schaue ihn an: „Woher soll sie wissen dass du Geschenke machen hasst? Sie weiß doch noch gar nicht wer du bist. Für sie ist es das normalste der Welt Geschenke zu machen oder zu bekommen. Hast du mal gesehen was Ryan alles verschenkt?"
Ask legt seinen Kopf auf meine Schulter. „Ich bin blöd, ne?" „Ja."
„Aber der Kuss war geil!" „Nein! War er nicht!" ich erhebe das erste Mal in meinem Leben meine Stimme gegen Ask. „Du hast etwas mit mir gemacht das ich weder wollte noch verhindern konnte weil ich kleiner und schwächer bin als du. Ich wollte weg aber ich konnte nicht. Es war schrecklich! Mein Mann stand unten im Publikum und hat zugesehen. Kannst du dir vorstellen wie ich mich gefühlt habe?" ich schreie jetzt fast. „Du hast Ryan verurteilt dass er unwissentlich mich gierigen Kerlen ausgesetzt hat, doch du hast mich selber missbraucht! Falls es dir nicht aufgefallen ist: ich hab dir dafür eine geklebt und bin geflohen. Hätte Matt mich nicht eingesammelt möchte ich nicht wissen was diese Wichser mit mir gemacht hätten zwischen denen ich gelandet bin."
Ask schaut mich entsetzt an. Er ist unfähig sich zu rühren oder etwas zu sagen. „Ich finde dein Verhalten schrecklich. Ich verzeihe dir weil du Liebeskummer hast. Du musst zu Jenny und es ihr sagen." „Was sagen?" eine bleiche Jenny steht hinter uns und starrt uns an. Sie hat wahrscheinlich nur meinen letzten Satz gehört. Er ist vollkommen missverständlich und ich schaue sie betreten an. Dann knuffe ich Ask: „Jetzt oder nie, sag es ihr!" Ask schaut Jenny an und sagt: „Ich liebe dich." dann schaut er betreten zu Boden. Jenny reagiert wie im Bilderbuch. Ihr Gesicht wird weich und sie fliegt Ask in die Arme um ihn zu küssen. Er erwidert ihren Kuss.
Ich schaue den beiden noch eine Weile zu und gehe wieder rein. Matt sitzt und unterhält sich mit Finn. Also Matt textet Finn zu während der sich betrinkt. Matt hat tatsächlich ein Wasser vor sich stehen. Ich gehe zu ihm und setze mich auf seinem Schoß. Ich schmiege mich an ihn und schaue zu Finn. Der versucht mich mit seinem glasigen Augen zu fixieren: „Rana, hast du eigentlich nie das Gefühl dass dein Hirn schmilzt und zu den Ohren raus läuft?" fragt er mich lallend. „Nein, wieso?" frage ich erstaunt. „Weil Matt hat mir innerhalb von fünf Minuten mein Hirn zu Matsche geredet. Ich kann nicht mehr klar denken oder reden." Ich tätschle Finn den Arm. „Das liegt am Alkohol, mein Schatz!" Finn schaut mich schräg an und prostet mir zu. Dann trinkt er aus und fällt von der Bank.
„Ich bin wirklich so schlimm." meint Matt zerknirscht. „Ich hasse Stille. Ich muss sie immer füllen." sein Blick ist bekümmert und er lässt die Schultern hängen. „Matt, für mich bist du perfekt. Ich liebe es wenn du erzählst und ich nur zuhören muss. Es wird mir nie langweilig mit dir. Du kannst so schön erzählen. Wenn ich traurig bin kannst du mich zum Lachen bringen. Ich habe den besten Mann der Welt. Und jeden der etwas anderes sagt schicke ich unter den Tisch." Matt schaut mich mit seinen großen Braunen Augen an. „Du sollst dich nicht für mich prügeln." sagt er schüchtern. „Matt, das war ein Scherz!" Was ist mit dir los, dass du einen Witz nicht erkennst und über ihn lachst?" Matt schaut mich an: „du bist immer weg. Du sagst du liebst mich und hängst dann mit Ryan in der Hängematte, ziehst ihn blank, küsst Mark, Colin und Ask. Daryl hat sich schon gefragt wann er mal dran ist mit dir zu vögeln." Ich bin sprachlos. Ich vögle mit niemandem außer mit dir, das weißt du aber schon, oder?" frage ich mit zitternder Stimme. Mein Magen krampft sich zusammen und ich würde am liebsten weglaufen und heulen. Die Anschuldigungen sind entsetzlich und das schlimme ist dass sie stimmen.
Ich schaue Matt betroffen an. Der schaut verbissen in eine andere Richtung. „Du hast mir versprochen dass ich mich mit meinem Bruder besinnungslos saufen darf und du mich heim bringst. Dann hast du mich gebeten nüchtern zu bleiben. Ich mache alles für dich! Und du bist immer weg." Matt hat eine zittrige Stimme. Ich weiß dass er recht hat und es zerreißt mein Herz dass ich ihn unglücklich gemacht habe. „Es tut mir leid." flüstere ich. „Wirklich, es tut mir leid dass ich dich immer hängen lasse." Ich lasse meinen Kopf hängen. Es ist ein komisches Gefühl auf Matts Schoß zu sitzen ohne dass er mich anfasst und umarmt. Ich bleibe eine Weile auf seinen Knien hocken. „Willst du dass ich gehe?" frage ich. „Ja!" antwortet Matt hart. Ich stehe auf und gehe. Ich verlasse das Gebäude und fühle mich so unglücklich und leer wie noch nie.