Teil 8

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Ich fahre Dains Enduro aus. Es ist spät und der Verkehr ist ruhig. Ich kann an den Ampeln mich nach vorne schlängeln und Gas geben. 10 Minuten brauche ich zur Halle. Matt steht draußen und wartet. Ich steige ab und nehme den Helm ab. Matt erkennt mich erst jetzt, strahlt über beide Ohren und reißt seine Arme weit auseinander. Ich springe hinein. „Prinzessin!" flüstert er mir liebevoll ins Ohr. Ich schaue zu ihm hoch und Matt küsst mich. Es ist ein zarter und zurückhaltender Kuss. Ich erwidere ihn schüchtern. Matt und ich bewegen uns nicht,  wir verbringen Stunden vor der offenen Turnhalle zu knutschen. Manchmal habe ich das Gefühl dass Matt was sagen will aber dann gibt er mir doch lieber einen weiteren Kuss. Irgendwann fragt Matt dann doch: „Zu mir oder zu dir?" „Zu dir, antworte ich. Bei mir zu Hause sind mir eindeutig zu viele Zuschauer. Ich wohne mit meinen Geschwistern in ner WG."
Matt grinst. Ich hole meine Klamotten. Auch Matt verpackt sich in Motorradjacke und Helm. „Fährst Du mir nach oder lassen wir deine Maschine hier?" „Dain bringt mich um wenn sie weg ist." „Dann nehmen wir sie mit. Fahr hinter mir her, ja?" Ich nicke. Matt fährt mich quer durch die halbe Stadt. In einem heruntergekommenen Viertel halten wir vor einer Garage an. Das Tor ist mit Graffiti besprüht. Matt öffnet das Tor und es ist zum Glück so viel Platz dass beide Motorräder reinpassen. Seine Wohnung ist wie er. Chaotisch und unaufgeräumt aber nicht versifft.  Ich bin froh endlich Dains Motorradjacke ausziehen zu können. Ich lege sie neben Matts über einen Stuhl. Wir setzen uns auf das Sofa und machen da weiter wo wir vor der Halle aufgehört haben. Wir rutschen immer mehr in Matts Sofa. Irgendwann liegen wir und dann schlafen wir im Morgengrauen ein. Ich erwache weil Matt sich bewegt. „Ich muss mal" entschuldigt er sich. Da ich komplett auf ihm liege muss ich aufstehen um ihn aufs Klo zu lassen. Ich beschwere mich: „Normale Superhelden stehen morgens auf um die Welt zu retten; du um nicht ins Bett zu pinkeln!" Matt lacht schallend.
Als er vom Klo kommt fragt er ob wir frühstücken gehen wollen. Ich grinse ihn an und nicke. Wir setzen uns in ein Café und beobachten die Menschen. Matt erzählt. Er redet ja immer, ich lausche gebannt und lächle. „ Was sollen wir mit dem angebrochenen Tag anfangen?" fragt Matt. „Ich muss zum Training. Ask gibt mir sonst die rote Karte." „Darf ich da mal mitkommen?" „Ja klar!" ich strahle ihn an. Wir schlendern zu ihm nach Hause und ziehen unsere Kluft an. Dann holen wir die Motorräder aus der Garage und diesmal fahre ich vor. Matt ist ein echter Kindskopf. An jeder roten Ampel hält er neben mir an und wir halten Händchen.
Zu Hause angekommen stellen wir die Motorräder in der Garage ab. Wir begegnen an der Tür Freja die gerade mit dem Fahrrad heimkommt. „Hi Rana!" strahlt sie mich breit grinsend an. Sie hält Matt die Hand hin. „Du bist bestimmt Matt. Ich hab schon eine Menge von dir gehört. Schön dich einmal kennen zu lernen." sie schüttelt Matt die Hand. „Seid ihr beim Training dabei?" „Ja, dafür sind wir hier." „sehr schön. Bis gleich. Ich muss erst noch nach oben." sie sprintet die Stufen rauf.
Am Empfang der Halle ist Ask. Er begrüßt Matt ebenso freundlich. Er leiht Max einen Trainingsanzug und nimmt ihn mit in die Umkleide.
Bis auf Freja sind schon alle meine Geschwister da. Ask ruft: Aufwärmen! Wir joggen alle locker durch die Halle und da kommt auch Freja reingestürmt. Als es Zeit ist für die Übungssequenzen nimmt Ask Matt beiseite und die beiden stehen am Rand. Ask korrigiert uns. „Rian, achte auf deine Füße, Finja, dein Arm ist zu tief. Embla! Mach ne Faust!" so geht es ununterbrochen. Ihm entgeht nichts. Erst wenn wir perfekt synchron die Bewegungen ausführen ist er zufrieden. Matt schaut uns mit staunenden Augen zu.
In Zweierformation dürfen wir dann auf der Matte antreten. Auch hier ist die Bewegungsabfolge festgelegt. Ask brüllt die Korrekturen durch die Halle. Matt ist gebannt von dem Schauspiel.
Zum Schluss treten wir im Kampf gegeneinander an. Ich gehe zu Matt, denn den Kampf eröffnen werden die Champions: Dain und Embla. Sie prügeln sich quer durch die Halle. Dann geht es die Hallenwand hinauf und unter der Decke weiter. Die beiden haben ein Perfektes Körperbild und eine gute Balance. Sie können auf einem Drahtseil gegeneinander kämpfen.
„Wow!" staunt Matt. „Rana, zeig du Matt die ersten Bewegungngen. Ask geht zu Rian für eine Kampfsequenz und tütet sie ein.
Ich zeige Matt wie man sich richtig verteidigt. Beim Boxen sind die Arme deutlich höher. Außerdem tänzeln die Boxer mehr während Shaolin Kämpfer sich um einen sicheren Stand mit guter Bodenhaftung bemühen. (Es sei denn sie nutzen die Beine für Tritte, aber so weit sind wir noch lange nicht.)
Matt macht sich nicht schlecht. Nach ein paar mal üben kann er die erste Sequenz recht flüssig ausführen.
Der Sonntag Nachmittag vergeht recht schnell. Freja und Finja haben mal wieder ein leckeres Abendessen gezaubert und es war ein lustiges Beisammensein. Dain hat Gitarre gespielt. Matt hat sich erst spät am Abend verabschiedet.
„Guten morgen Prinzessin!" ruft er mir gut gelaunt vor dem Fahrstuhl entgegen. Ich necke ihn: „was bist du denn so früh hier? Bist du aus dem Bett gefallen?" Matt lacht: „Nee aber ich konnte nicht mehr schlafen. Ich hatte Sehnsucht." dann nimmt er mich in den Arm und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. In Matts Arm gehe ich zu unserem Schreibtisch. Matt würde am liebsten sofort kehrt machen als er sie vielen Ordner sieht. Mir ist die Lust auf die Arbeit auch gerade gehörig vergangen. Da es aber Ordner von Freja sind kann Matt eh nicht viel damit anfangen. Er muss sich um die Korrekturarbeit unserer Arbeit von letzter Woche kümmern, ich wühle mich durch die fremdsprachlichen Texte. Der Google Übersetzer ist gerade mein bester Freund.
Finja kommt kurz vor der Pause vorbei. Ich bin gerade dabei den Flyer auf französisch zu kreieren. Da wir beide ganz gut französisch sprechen bespreche ich direkt das ganze Projekt auf französisch mit ihr. Diese eine Trinkwasserversorgung scheint ganz anders gebaut zu werden als die andere. Finja erklärt mir die verschiedenen Prinzipien. Die eine fängt Regenwasser auf  und speichert sie in riesigen Tanks, das andere nutzt die natürlichen Reservoire und zapft die an. Matt starrt uns verträumt an. Wäre er eine Comic Figur hätte er Herzchen in den Augen. „Was ist los mit dir?" frage ich ihn. „Die Sprache klingt so sexy!" Finja und ich müssen lachen. „Finja, kommst du mit zum Essen?" frage ich. „Nein, leider nicht. In einer halben Stunde ist ein Meeting mit den Investoren geplant. Da muss ich hin." sie sieht aus als habe sie Zahnschmerzen. „Dann hat der bekloppte Oberlaffe Freja gekickt weil sie sich nicht hübsch genug anzieht. Nun muss ich mich mit Ihnen unterhalten." Finja sieht ziemlich unglücklich aus. „Das wird ne Katastrophe, glaub mir." Matt und ich gehen in die Halle wo wir mit Colin und Dain verabredet sind.
In der Halle spricht uns ein netter älterer Herr auf französisch an. Er fragt nach dem Weg zum Konferenzraum. Als ich ihm den Weg beschreibe merke ich schnell dass er den Weg nie finden wird. Er hat auch wenig Chancen noch jemanden in diesem Unternehmen zu finden der französisch spricht. Ich lächle ihn also zuckersüß an und biete ihm an ihm in den Konferenzraum zu begleiten. Ich sage Matt, Colin und Dain dass sie mir was mitbringen sollen und gehe mit dem inzwischen viel besser gelaunten Herrn zu den Aufzügen. In der Halle nicht weit von uns hat der Manager von neulich Abend gestanden. Ich nicke ihm fröhlich zu während mir der ältere Herr ganz viel erzählt. Der Manager folgt uns zu den Aufzügen. Er lächelt die ganze Zeit, sagt aber nichts. Ich frage den Herrn in er mir mal kurz die Einladung zeigen könne. Er reicht mir die Papiere und ich lese dass er in den Konferenzraum in der obersten Etage will. Ich drücke den Knopf und unterhalte mich weiter mit dem Mann. Der scheint sich inzwischen für mich zu interessieren und fragt mich über mein Leben aus. Bei den meisten Fragen weiche ich aus. Ich habe keine Lust mein ganzes Privatleben dem Fremden anzuvertrauen. Als wir beim Konferenzraum ankommen verabschiedet er sich wie es bei den Franzosen üblich ist mit drei Küssen je auf die Wangen von mir. Ich küsse zurück und er sagt ehrlich dankbar: „Ich bin überrascht welch nette Mädchen in New York leben." Ich bedanke mich und drehe mich um um zu den Aufzügen zu gehen. Der Manager ist uns gefolgt und versperrt mir nun den Weg. Er schaut mich freundlich an und fragt: „Dürfte ich sie um einen Gefallen bitten?" Ich schaue ihn verdutzt an. „Wären sie so freundlich und würden für unsere Gäste übersetzen?"

MattWo Geschichten leben. Entdecke jetzt