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Als ich am nächsten Morgen aufwachte wusste ich nicht wo ich war. Erst nach ein paar Sekunden sickerten die Erinnerungen zurück an den Unzug, meine Mum, ihren neuen Freund und meinen viel zu heißen Stiefbruder. Ich richtete mich auf und sah mich um. Mein Zimmer war riesig, genau wie das ganze Haus. Abgesehen von meinem (ebenfalls riesigem) Bett standen noch ein Fernsehregal, ein Schrank, ein Schreibtisch und ein weiterer Schrank im Zimmer, eine Wand war komplett verglast und so hatte ich tatsächlich Blick aufs Meer, denn das Haus lag direkt am Strand in der Nähe von Brighton. Das war mir vorher gar nicht klargewesen.
Ich kletterte aus dem Bett und verließ mein Zimmer um ins Bad zu gehen, was neu eine Tür weiter rechts lag. Ich teilte es mir mit Harry und zu meinem Verhängnis war sein Zimmer auch noch genau gegenüber von meinem. Keine Ahnung warum er kein Zimmer mit Meerblick wollte, aber er lebte schon sein ganzes Leben auf der Westseite des Hauses. Leider nicht auf der anderen Seite. Ich sah in den Spiegel über dem Wachbecken. Mit meinen braunen Augen und braunen Haaren war ich komplett durchschnittlich. Nichts außergewöhnliches zu entdecken. Mich übersah man öfter einfach mal. Ich beugte mich nach vorne und spritzte mir Wasser ins Gesicht um die Müsigkeit wegzuwaschen und irgendwie wacher auszusehen. Ich trocknete mich ab, seufzte nochmal in den Spiegel und schloss kurz die Augen. Heute musste ich in die neue Schule. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder von Anfang an dazu stehen dass ich schwul war und mich von allen von Anfang an verurteilen lassen, oder much erst später irgendwann zu outen. Gut, ich hätte noch eine dritte Möglichkeit, es gar nicht zuzugeben, aber das wäre feige. Ich würde mich spontan entscheiden.
Ich raufte mir die Haare und ging dann zurück in mein Zimmer um mich anzuziehen. Auf dem Weg kam mir Harry entgegen, doch der hatte seinen Blick auf sein Handy gesenkt und sah mich nicht. Wahrscheinlich gut so, denn er hatte ebenfalls kein Shirt an und ich konnte meinen Blick nur schwer von seinem Oberkörper losreißen.
In meinem Zimmer angekommen schlüpfte ich in Jeans und Tshirt und nahm meinen Rucksack. Dann machte ich mich auf den Weg in die Küche und brauchte eine Weile um mich in der Villa zurechtzufinden. Was für ein Wirrwarr aus Gängen und Türen. Schließlich fand ich die Küche, aber Ludmila; die Haushälterin scheuchte mich wieder raus um ins Esszimmer zu gehen. Na das sollte sich allerdings als schwierig herausstellen, denn ich hatte keine Ahnung wo sich das Esszimmer befand. Nach minutenlanger Suche landete ich in dem Raum gegenüber von der Küche. Wow. Und wieder Zeit verschwendet. Ich stellte meinen Rucksack in die Ecke und ließ mich auf einen Stuhl gegenüber von Harry fallen, der offenbar schneller gewesen war als ich. Aber 1. Kannte er sich hier aus und 2. Hatte er noch keine Zeit zum Anziehen verschwendet und saß immer noch oben ohne vor mir, den Kopf tief über seiner Müslischüssel.
"Guten Morgen", begrüßte ich ihn, bekam aber nur ein geknurrtes "Morgen" zurück. Hu, er war wohl nicht so der Morgenmensch. Gestern war er schließlich die Freundlichkeit in Person gewesen. Ich seufzte und griff nach einem Brötchen und frisch gepresstem Orangensaft. Ludmila verstand was vom Frühstück machen. Nach einiger Zeit griff ich zu meinem Handy, denn Harry machte keine Anstalten ein Gespräch zu eröffnen.

Lindsay: Wie gehts dir in der neuen Schule Sweet♡?

Ich musste lächeln.

Caleb: Noch war ich nicht da

Nur Sekunden später kam die Antwort.

Lindsay: Ich dachte du siehst die Nachricht erst später...du bist doch sonst nie an deinem Handy vor der Mittagspause...

Caleb: Ja schon, aber sonst rede ich beim Frühstück auch mit Mum und offengesagt habe ich absolut keine Ahnung wo die ist...

Lindsay: Wie jetzt? Ihr wohnt doch zusammen...

Caleb: Ja, aber dieses Haus ist so riesig, dass ich allein zehn Minuten gebraucht hab um rauszufinden wo ich was zu essen bekomme bzw. Wir frühstücken

Lindsay: Wir? Ich dachte deine Mum ist nicht da?

Caleb: Nee ist sie auch nicht, aber mein Stiefbruder.

Lindsay: Dein Stiefbruder? Und? Ist er was für dich?

Caleb: Linny, er ist mein Bruder.

Lindsay: Ja und? Ihr seid nicht wirklich verwandt.

Caleb: Wie geht es euch denn eigentlich? Mit Ed alles klar? Oder tickt er immer mal wieder aus?

Lindsay: Lenk nicht ab.

Caleb: Tu ich nicht

Lindsay: Doch tust du.

Caleb: Gar nicht

Lindsay: CALEB!

Caleb: Okay okay

Lindsay: Also ist er was für dich?

Caleb: Scheiße Ja!

Lindsay: Scheiße?

Caleb: Er ist der heißeste Typ den ich je gesehen habe.

Lindsay: Caleb! Wieso Scheiße?

Caleb: Er ist mein Bruder! Ich wohne mit ihm zusammen.

Lindsay: Na und?

Caleb: Er macht mich wahnsinnig und das jetzt schon. Nur weil er oberkörperfrei rumläuft.

Lindsay: Oh. Ich sehe das Problem.

Caleb: Außerdem werde ich alle Mädchen mitbekommen, die er aufreißt.

Lindsay: Glaubst du er ist so einer?

Caleb: So ein was?

Lindsay: So ein Aufreißer.

Caleb: Ach keine Ahnung. Wie kann er nicht, bei DEM Aussehen?

Lindsay: Ach Sweetheart ich weiß nicht. Viel Glück, ich schreib dir, aber muss los jetzt, Ed ist da.

Caleb: Ok. Schönen Tag dir, luv ya ♡ und grüß Ed.

Ich schaute von meinem Handy auf und sah, dass Harry ebenfalls mit seinem Handy beschäftigt war. Er hatte sich aufgerichtet und ich sah die Kette um seinen Hals baumeln. Ab einem langen Metallband hing ein Medaillon. Was das wohl zu bedeuten hatte? Vielleicht hatte es auch gar keine Bedeutung.
Aber ich hoffte das bekam ich eines Tages raus. Mit einem Blick auf die Uhr erschrak ich, stopfte schnell den Rest meines Brötchens in den Mund und sprang auf.
"Caleb?" Beim Klang seiner tiefen Stimme zucke ich zusammen.
"Ja?" Ich drehe mich um, aber er sieht mich nichtmal an, sondern immer noch auf sein Handy. "Du fährst mit mir. Wir brauchen nur zehn Minuten also chill."
Na das könnte ja was werden.
"Okay."

driving me fuckin' crazy.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt