Nach dem Frühstück lag ich eigentlich nur auf meinem Bett und sah fern. Etwas das niemand über mich wissen durfte: Ich stand extrem auf Disneyfilme. Von High School Musical über Arielle die kleine Meerjungfrau bis zu Bambi und Wall E, ich liebte sie alle. Dementsprechend war meine Sammlung auch riesig. Auf drei USB-Sticks hatte ich inzwischen unzählige Filme angesammelt und -besonders wenn ich mich beruhigen musste- sah sie mir ständig an. Jetzt gerade hatte ich Cap und Capper auf dem riesigen Bildschirm laufen und schlürfte meinen Kaffee. Es war schon der dritte Film den ich mir ansah und am Ende zwang ich mich dazu nicht zu heulen. Wenigstens das bisschen Stolz wollte ich behalten. Es klopfte an meiner Tür. In Panik griff ich nach der Fernbedienung und schaltete im letzten Augenblick um. Harry steckte seinen verwuschelten Haarschopf durch die Tür und seine grünen Augen blitzten mich an.
"Hey, gehts dir besser?", fragte er und kam in den Raum. Ich legte die Stirn in Falten. Wieso war er so freundlich?
"Was willst du?", fragte ich ihn skeptisch.
"Wissen ob es dir besser geht." Er lächelte schüchtern."Wieso?", fragte ich weiter und sah ihn verwirrt an.
"Weil du mein Bruder bist?" Er formulierte es eher als Frage, aber so als wäre es die einzig logische Antwort."Ja, aber..." Ich seufzte. "Du bist sonst immer so...abweisend. Ich weiß nicht genau..." Ich rang mit meinen Händen.
Er sah mich verständnislos an. "Hä?"
"Ach egal." Wenn er heute gut gelaunt war musste ich das ausnutzen."Also ja mir geht es ein bisschen besser", sagte ich dann.
"Perfekt, denn wir fahren zu Onkel Oscar. Und seiner Familie. Du sollst sie kennenlernen."
Ich stöhnte auf. "Bitte halt mich das nächste mal davon ab, dass ich soviel trinke. Dann werden auch Verwandtschaftsbesuche angenehmer..."Er grinste. "Klar." Ich war verwirrt. Er war wirklich nett, wieder so wie am ersten Tag. Ich verstand nur nicht warum. Warum war er manchmal nett und die meiste Zeit über ein Kotzbrocken, der nicht redete? Ich verstand diesen Jungen nicht.
"Na dann." Ich schwang mich aus dem Bett. Ich trug Jeans aber kein Shirt und spürte Harrys Blick auf meinem Rücken als ich nach einem Shirt griff. Ich drehte mich zu ihm um und zog es über. Er sah weg. Sein Blick war wieder verhärtet. Mann, was war nur los mit ihm?
"So los jetzt, wir haben nicht ewig Zeit", sagte er unfreundlich und verließ mein Zimmer. Ich zog noch Socken und Schuhe an und folgte ihm durch das Haus an das ich mich langsam aber sicher gewöhnte. Die wichtigsten Räume fand ich inzwischen, das Bad und die Küche sogar im Dunkeln.
Ich traf die Anderen im Foyer. Harry hatte sich eine Lederjacke über sein weißes Shirt geworfen und seine verwuschelten Haare unter einer grauen Mütze versteckt. Also nicht ganz, einige Strähnen kamen immer noch heraus aber es hing ihm nichts mehr im Gesicht, was seine markanten Züge noch mehr hervorhob. Er sah zum Niederknien gut aus.
Mum und John standen Arm in Arm neben ihm und sahen sich verliebt an. Unwillkürlich musste ich lächeln.
"Na dann können wir ja los", flötete meine Mutter und ging mit ihrem Freund voraus. Harry warf seinen Autoschlüssel kurz in die Luft, fing ihn wieder und warf mir für den Bruchteil einer Sekunde einen Blick zu, bevor er ihnen folgte. Ich griff ebenfalls zu meinem Schlüssel, verließ das Haus und zog hinter mir die Tür zu. Mum und John saßen schon auf dem Rücksitz von Harrys Cabrio -Er würde also fahren-, heißt, ich musste vorne sitzen. Bei Harry.
Ich seufzte leise und setzte mich auf den Beifahrersitz.
"Also zu wem fahren wir jetzt genau?", fragte ich als Harry den Motor gestartet hatte und den Wagen über die Auffahrt vom Grundstück lenkte. Harry antwortete nicht.
"Zu meinem Bruder", schaltete sich John ein. "Seiner Frau und seinen Kindern."
"Alles klar." Ich lenkte meinen Blick aus dem Fenster und sah erschöpft auf die Bäume die die Straße säumten. Harry fuhr schnell, aber sicher und ich spürte wie langsam meine Augen zufielen."Caleb? Caleb-Schatz, wir sind da", weckte mich eine Stimme und jemand ruckelte an meiner Schulter.
"Harry?" Ich öffnete verschlafen die Augen und rieb mir den verzogenen Nacken."Nein Schatz. Ich bin es." Meine Mutter lächelte mich an und strich mir sanft durch die Haare. Verwirrt verzog ich das Gesicht.
"Sorry ich...hab glaub ich von ihm geträumt." Das hatte ich nicht. Ich hatte offen gesagt keine Ahnung warum mir dieser Name über die Lippen gekommen war. Ich wollte das nicht. Meine Mutter sah mich mit einer Mischung aus Wissen und Mitleid an. Auch das wollte ich nicht.
"Schatz du kannst immer mit mir reden, das weißt du, oder?", fragte sie und strich sich eine Strähne der dunklen Haare hinters Ohr. Ich nickte müde.
"Wann...wann willst du es Harry und John eigentlich sagen?", fragte sie dann zaghaft und strich mir wieder durch die Haare. Dieses Mal schob ich ihre Hand weg. "Weiß ich noch nicht. Bestimmt...bald." Ich wusste es wirklich nicht. Einerseits wollte ich es ihnen sagen, andererseits wollte ich nicht anders von Harry behandelt werden. Er war ja jetzt schon abweisend zu mir, das würde sich bestimmt nicht verbessern wenn er auch noch wüsste, dass ich schwul war.
"Okay. Ich liebe dich Caleb." Ein letztes Mal sah sie mich liebevoll an, dann drehte sie sich um und lief aufs Haus zu, wovor Harry und John schon warteten. Ich stieg aus, schlug die Autotür zu und folgte ihr. Es war ein nettes, großes Einfamilienhaus und meine Mutter drückte auf den kleinen Klingelknopf. Ich stellte mich zu ihnen, lächelte Mum an und atmete tief durch. Die Tür wurde geöffnet und vor uns stand ein etwa siebenjähriges Mädchen mit braunen Haaren, die zu zwei unordentlichen Zöpfen geflochten waren, einer blauen Brille auf der Nase und in einem Häschenpyjama. "Hallo", rief sie fröhlich.
"Hey Caro", begrüßte Harry sie, trat ein, hob das Mädchen hoch und umschlang sie mit seinen Armen. "Ich hab euch vermisst."Das Mädchen strahlte und vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. Eine klitzekleine Welle an Eifersucht durchzog mich, aber ich schob sie weg.
"HAAAARRYYYYYY", schrie plötzlich jemand und zwei Sekunden später hatte sich ein weiteres, deutlich jüngeres Mädchen, vielleicht drei/vier Jahre alt, an seinem Bein festgekrallt. Sie hatte ebenfalls braune Haare, die in seidigen Löckchen von ihrem Kopf auf ihre Schultern fielen, eine Zahnlücke und strahlend blaue Augen. Und sie trug ein rosafarbenes Feenkostüm. "Feli!", rief Harry erfreut, setzte diese Caro ab und wirbelte die kleine Fee durch die Luft. Er drückte sie an sich. "Wie geht's euch? Und wo sind die anderen?" Es gab noch mehr? Wieviele Kinder hatte dieser Onkel denn?
In dem Moment kam ein hochgewachsener, schlanker Mann um die Ecke. Er hatte einen leichten Drei-Tage-Bart, braune Haare und die Ähnlichkeit mit John war unverkennbar. Das musste Oscar sein.
"Jonny!", begrüßte er seinen Bruder und umarmte ihn."Clarissa!" Auch meine Mum wurde mit Küsschen links Küsschen rechts begrüßt und dann fiel sein Blick auf mich. Er lächelte freundlich. "Und du musst Caleb sein, hm? Willkommen in der Familie!" Er umarmte mich kurz und schob uns dann ins Haus. "Na kommt. Anne hat Kuchen gebacken." Er blickte auf Harry, der von seinen Töchtern belagert wurde. "Na Großer?", fragte er dann und schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter. "Alles fit?"
"Alles fit", lachte Harry nur und seine Augen funkelten. "Was ist mit Ben, Jo, Maey und Andrew?"
Himmel, dieser Mann hatte sechs Kinder? Oder waren das etwa gar nicht seine Kinder?"Andrew und Jo spielen Fußball, Ben schläft und Maey ist mit ihrem neuen Freund oben." Er zwinkerte. "Ich weiß noch nicht ob mir der so gefällt..."
Sprachlos folgte ich allen in ein riesiges Wohnzimmer, der ganze Boden vorm Sofa war mit Spielsachen übersät, auf dem Sofa türmten sich Schulbücher und dahinter war eine Höhle aus Kissen und Decken gebaut. Drei der Wände bestanden aus Glas und gaben Blick frei auf den riesigen Garten. Riesig war gar kein Ausdruck. Monströs traf es eher. Ich sah gar kein Ende.
*****************
Im nächsten Kapitel geht es genau da weiter, aber es wäre sonst zu lang geworden...Was denkt ihr so zur Geschichte bis jetzt? Verbesserungsvorschläge?
Xx luna🌙
DU LIEST GERADE
driving me fuckin' crazy.
Novela JuvenilCaleb ist schwul. Das weiß er jetzt, hat sich gerade damit abgefunden und es seinen Freunden erzählt. Und dann muss er umziehen, weil seine Mutter sich neu verliebt hat. Nur was passiert, wenn der Sohn des neuen Mannes, also sein Stiefbruder leider...