Driving to Daddys house

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"Schatz! Jetzt beruhig dich doch.", säuselte Elyas, "Natürlich freue ich mich!" Aus verweinden Augen sah Mary ihn an. "Ich liebe dich!" Auf das Blatt, auf welchem bereits 'Freust du dich etwa gar nicht?' stand und voller Tränen war, schrie sie: 'Willst du, dass ich dieses Kind abtreibe?' "Spinnst du?", Elyas schien entsetzt zu sein, "Abtreiben ist umbringen!" 'Aber deine Karriere.', muschelte sie. "Die ist doch egal! Du bist das, was zählt! Auch wenn ich das mit der Familie erst später geplant habe, ist es jetzt doch perfekt wie es ist. Aber wir sollten deinen Eltern Bescheid sagen." Nuschelnd fügte er hinzu: "Und ich würde sie wirklich gerne kennen lernen." Marys Augen leuchteten bittend auf und die Tränen flossen anscheinend noch stärker ihre Wangen entlang. Elyas versuchte den ewigen Fluss zu stoppen, doch es funktionierte nicht. "Weinst du, weil du jetzt an deine verstorbene Mutter denken musst?" Um sich eine Ausrede einfallen zu lassen, nickte sie einfach mit dem Kopf.

"Na dann, gib die Adresse ins Navi ein.", sagte Elyas fordernd und gab ihr einen kleinen Kuss. Sie nickte langsam und tippte auf dem kleinen Bildschirm herum. "Danke, Schatz. Ist wirklich alles okay mit dir?" Mary nickte nur mit einem gefälschtem Lächeln und dachte nach. Sie wollte nicht zu ihrem Vater, sie hasste ihn. Das, was er ihr angetan hatte, war für sie unverzeihlich - der Grund, warum sie stumm war - warum sie nicht mehr lieben wollte - warum sie sich selbst bestrafte. 

Die Fahrt verging viel zu langsam und das Schweigen fing plötzlich an zu drücken. Der Innenraum des Autos war zu heiß und ab und zu öffnete Mary das Fenster. Der Wind wehte durch ihr Haar und ihre grünen Augen starrten aus dem Fenster. Die Straße sah verschwommen aus, da die Hitze so darauf prasselte. Elyas schien geistesabwesend. Während er nur stets aufs gas trat und auf die Straße starrte, summte er die Songs, welche im Radio liefen, leise mit. 

"Okay. Wir sind da.", murmelte er. Sofort schossen in Marys Kopf die Erinnerungen. In diesem Garten hatte sie als Kind gespielt. Der große Baum, welcher im Sommer so kühlen Schatten spendete, war der Baum, auf dem sie und ihre Katze immer kletterten. Sogar der kleine Spielplatz war noch da. Im Sand lagen auch noch immer die Förmchen, mit denen sie Burgen gebaut hatte und Sandkuchen backte. Die Schaukel war unberührt und das Grün des Mooses am Holz sah aus wie die Farbe ihrer Augen. Das kleine Klettergerüst war verrostet, doch vor Marys innerem Auge schillerten die Farben und Erinnerungen. "Noch anwesend?" Elyas hielt ihr die Tür auf und sie löste sich von den Gedanken. Schnell stieg sie aus und küsste Elyas, sicherlich zum letzten Mal für heute.

Ein Mann öffnete die Tür. Seine Augen waren glasig, aber trotzdem sah man das blau noch stark hindurch schimmern. Die Haare fielen ihm langsam aus und die, die ihm noch geblieben waren, waren grau. Er hatte einen Bauch, in dem der Alkohol zu gluckern schien. Mary stiegen Tränen in die Augen, als er ihren Namen sanft nuschelte. Um die entstandene Stille zu beenden, sagte Elyas etwas zu übertrieben freundlich: "Also ich bin Elyas! Der Freund ihrer wundervollen Tochter." Nach dem Marys Vater Elyas genau gemustert hatte, nuschelte er nur: "Aha." "Und wir müssen Ihnen etwas erzählen, nur ungern so zwischen Tür und Angel.", lächelte er sanft. "Dann kommt halt rein." Marys Vater war leicht angetrunken und torkelte. Mary und Elyas folgten ihm und sie dachte an früher. 

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"Mary! Du sollst nicht mit Schuhen hier drin rumlaufen. Du machst alles dreckig. Geh den Wischlappen holen und mach sauber!" Wie oft hatte er mir dies befohlen? Ich zog brav die Schuhe aus, stellte sie auf das kleine Brettchen, welches immer noch an der selben Stelle wie damals steht und holte den Lappen und Wasser. Während ich mich dann hinkniete, starrte er auf mein Hinterteil und schlug darauf. "Das magst du, was?", fragte er. Ich wollte immer nein sagen, aber um ihn glücklich zu machen, bejahte ich seine Frage. Die Treppen hoch und dann wäre ich in meinem Zimmer. Alles sieht aus wie damals. Alles fühlt sich an wie damals. Es wird nie anders sein wie damals.

"Was habt ihr denn zu berichten?" "Da Ihre Tochter nicht spricht, werde ich das wohl übernehmen.", sprach Elyas behutsam. "Das ist mir doch egal.", meckerte Marys Vater. Der Hass stand Mary ins Gesicht geschrieben und Elyas griff nach ihrer Hand. "Ihre Tochter ist nicht wirklich gewollt schwanger von mir. Ich liebe sie wirklich und möchte mein Leben mit ihr verbringen und sie auf jeden Fall in jeder Lage unterstützen.", himmelte Elyas Mary an. "Das interessiert mich einen Scheiß!", schrie ihr Vater und schlug mit der Hand auf den Tisch. "Es tut mir Leid, wenn ich Sie verärgert habe.", murmelte Elyas verletzt. Er verstand nicht, warum ihr Vater sich nicht freute. Mary deutete mit dem Kinn nach draußen. "Oh.", murmelte Elyas, "Es gewittert. Und wir müssen durch den Wald fahren." Elyas grübelte und Mary sah ihren Vater bettelnd an. "Dann bleibt halt hier.", bot Marys Vater an. "Ich danke Ihnen!", sagte Elyas begeistert und wollte nach seiner Hand greifen, um sie zu schütteln, doch er zog sie weg. Tollpatschig entschuldigte sich Elyas für sein Verhalten.

"Es ist schon spät. Ihr schlaft getrennt.", sagte ihr Vater befehlend. Mary nickte stumm und Elyas verlor das Interesse daran, Marys Vater zu gefallen. Er würde es eh nie schaffen. "Mary? Ich habe dein Zimmer wie früher gelassen. Geh und probier ob du noch in dein Bett passt." Sie nickte. Er hatte den selben harten Ton wie damals in seiner Stimme und ihr Herz schmerzte. "Und du.", verächtlich blickte er auf Elyas, "Schläfst am besten auf der Couch." "Natürlich.", murmelte Elyas dankbar und lief vor erst nochmal in Marys Zimmer.

"Gehts?" Mary nickte und Elyas drückte einen zarten Kuss auf ihre weichen Lippen. "Schlaf gut." Noch einmal küsste er sie und begab sich dann nach unten ins Wohnzimmer. Kurz nachdem Elyas verschwunden war, stand ihr Vater an der Tür. "Gute Nacht." Seine Stimme war rau. Schmerzhaft dachte sie an alte Zeiten und drehte sich um. Dann fiel sie langsam in den Schlaf, doch wer hätte ahnen können, dass der Albtraum erst beginnt, wenn sie wieder aufwacht?

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