Closer

Happiness

Eine Woche später erinnerten nur noch rote Narben an den Unfall von Gina. Mittlerweile hatte Patrick begonnen zu proben und so verbot Gina jegliche Zärtlichkeiten. "Du sollst dich auf dich und deine Musik konzentrieren und auf nichts anderes! ", sagte sie immer wieder, wenn er sie beleidigt ansah. Es tat ihr leid und liebend gerne würde sie mit ihm kuscheln, aber es würde ihn ablenken. So verbrachte Patrick jeden Tag in seinem Proberaum und sang und spielte. Und es war wirklich gut, dass der Raum schalldicht war! Manchmal sang er so laut, dass der Boden bebte oder wenn etwas nicht funktionierte begann er lauthals zu schimpfen. Gina verwöhnte ihn mit allerlei gutem Essen, denn Patrick war erschreckend dünn. Aber schon bald merkte sie, wie schnäubisch er war und gab sich wirklich Mühe. Das merkte er auch, hatte aber keine Ahnung, wie er sich revanchieren konnte. "Mach Du deine Musik, das ist Bereicherung genug für mich", tröstete sie ihn und er brummelte irgendetwas vor sich hin.

"Na los, steh auf! Patricia kommt heute und will erste Ergebnisse sehen!" Schon fast mit Gewalt zerrte Gina, Patrick aus dem Bett, der sich wie ein trotziges Kind wehrte. "Ich will nicht! Lass mich! Mach das du wegkommst und Nerv mich nicht!  " Gina keuchte auf. Dann ließ sie sein Bein los und verließ stumm sein Schlafzimmer. Sie lief hinunter in ihre Wohnung und atmete dort tief durch. Sie wusste, dass sie viel von ihm verlangte. Aber sie wollte, dass er wirklich gut für sein Comeback vorbereitet war. Das er seine Geschwister stolz und vielleicht sogar sprachlos machen konnte. Gina wollte wirklich nur das beste für ihn und er stellte sich an, als würde er zum Schlachter gebracht werden.

Wütend sah sie aus dem Fenster und seufzte dann resigniert. Vielleicht war Sie auch zu streng gewesen. Die Musik sollte Patrick ja Spaß machen und ihn nicht stressen! "Was bin ich doch manchmal blöd! ", murmelte sie und biss sich dann ängstlich auf die Lippe. Hoffentlich war er nicht allzu sauer auf sie!

Also stieg sie langsam die Treppe wieder hinauf und vor seiner Tür klopfte ihr Herz kräftig. Was mochte er wohl sagen, wenn sie wieder auftauchen würde? Aber dann holte sie ihren Schlüssel und trat in die Wohnung ihres Nachbarn ein. Sofort hörte sie die Dusche rauschen und ein stolzes lächeln schlich sich auf Gina's Gesicht. Er war tatsächlich aufgestanden! Schnell lief sie ins Wohnzimmer und von dort in die Küche, wo sie ihm eine Tasse Tee machte und zwei Scheiben Toast in den Toaster steckte. Dazu holte sie Marmelade und Nutella. Das Rauschen hörte auf und bei Gina stieg der Puls. Zwei Minuten später öffnete Patrick die Badezimmertür und blieb dann überrascht stehen. Beide musterten sich, Patrick überrascht und Gina unsicher. Dann sagte sie leise:"Ich habe Frühstück gemacht. " Da lächelte er und beide gingen ins Wohnzimmer, wo schon der dampfende Tee auf Patrick wartete. Dort angekommen knetete sie unsicher ihre Hände. "Es tut mir leid, dass ich dich zu allem zwinge. Musik soll dir doch Spaß machen und nicht als Zwang dargestellt sein. Ich werde aufhören, dich immer zu strapazieren und immer alles von dir zu verlangen. " Patrick hatte sich mit großen Augen ihre Rede angehört und griff nun über den Tisch, um ihr über die Wange zu streichen. "Hey, ist doch alles gut! Klar, es hat etwas genervt, aber nur so kann ich in die Gänge kommen. Ich brauche immer jemanden, der mir in den Hintern tritt." Erleichtert legte sie ihre Wange in seine Hand und gab seiner Hand noch einen Kuss. "Danke, das du so verständnisvoll bist ", sagte sie leise und er erwiderte:"Danke, dass du für mich da bist! " Beide lächelten sich verliebt an und begannen dann zu essen. "Wann kommt Patricia nochmal? ", erkundigte Patrick sich und kauend antwortete sie:"Um half schwölff. " Er lachte, während sie rot anlief. Dann sah er auf die Uhr und sagte seufzend:"Das sind noch eineinhalb Stunden und wahrscheinlich kommt sie eh wieder zu spät. Also?", er sah sie lächelnd an, "wollen wir nochmal proben? " Gina strahlte und bejahte sofort. Sie liebte seine Stimme und genoss es jeden Tag aufs Neue, wenn die Erde unter seiner Stimme bebte.

"Und eins, zwei, drei und los! " Gina versank sofort in seiner Stimme und er strengte sich an dem Tag besonders an. Zwei mal sang er minimal daneben und sofort zeigten sich tiefe Falten auf seiner Stirn und er stoppte. Er fing nochmal von vorne an und wieder sang er einen Ton daneben. "Verdammte Scheiße! ", fluchte er und erschrocken zuckte Gina zusammen. "Hey, Patrick! ", sanft legte sie eine Hand auf seinen Arm und er sah sie entschuldigend an. "Sorry, aber ich kann es nicht haben, wenn ich Fehler mache. Ich will alles perfekt haben. " Verständnisvoll nickte sie und schlug dann beruhigend vor:"Atme einmal tief durch, konzentriere dich und fange noch einmal ganz in Ruhe und ohne Hektik an. " Patrick tat wie geheißen und tatsächlich sang er die Stelle nun Fehlerfrei. Gerade, als er endete klopfte es die Tür draußen.

"Trichia! Wie schön dich zu sehen! ", brummte Patrick, machte aber keinen glücklichen Anblick. Stirnrunzelnd betrachtete die Frau mit den goldenen Haaren ihren jüngeren Bruder und wandte sich dann an Gina. "Was ist denn mit dem los? Habt ihr gestritten?" Gina lachte und schüttelte den Kopf. "Ne, er ist sauer auf sich selbst, weil er eine Stelle in einem Lied nicht hinbekommen hat. " Dann runzelte sie verwirrt die Stirn. "Aber eigentlich konnte er es eben. " Patricia sah zu Patrick, der immer noch mit unzufriedener Miene auf die Noten vor sich starrte und seufzte. "Der alte Perfektionist. Selbst wenn wir nicht mehr den kleinsten Fehler hören, er ist erst zufrieden, wenn wir alle genervt sind. So kommt es mir manchmal vor." Patrick murmelte ein:"Schwachsinn. " Doch dann lächelte er schwach und fragte:"Wie geht's eigentlich den anderen? "